Das Geschäft mit dem Export von Schrottautos

Der Handel mit Schrottautos floriert: Rund 100.000 kaputte Autos werden pro Jahr verkauft, viele nach Afrika exportiert. Der Besitzer des Autos kann sich mit einem Verkauf an einen Visitenkarten-Händler aber strafbar machen.

„Autohandler sucht Lkw, Pkw oder Busse, jeder zustand, abgelaufene Picerl, alles anbieten. Rufen Sie an: 0664/31624xy“, „Auto Export. Wenn Sie Ihr Fahrzeug jetzt oder irgendwann verkaufen möchten (mit od. ohne Pickerl, auch mit Mängel), rufen Sie mich bitte an (24h erreichbar)“ - so oder so ähnlich lauten die oft fehlerhaften Texte der Visitenkarten, die in ältere Autos gesteckt werden bzw. in Online-Anzeigen gefunden werden können.

Visitenkarte für Autokauf in altem VW

ORF/Rieger

Ein typisches Bild für Altwagen-Besitzer: Die Visitenkarte im Fensterschlitz

K. ist einer der Käufer. „Die Automarke und der Zustand sind mir egal, ich nehme alles. Ich verkaufe die Autos nach Afrika“, sagt er am Telefon. Mehr will er nicht dazu sagen. K. operiert über das Internet. Manche, die Visitenkarten in Autos stecken, haben aber richtige Firmen mit großen Geländen, wo die gekauften Autos abgestellt und repariert werden.

Von Simmering nach Nigeria

Eine dieser Firmen ist in Simmering. Inhaber ist ein Mann aus Nigeria, der einwandfreies Deutsch spricht und schwer beschäftigt ist. Auf dem Gelände herrscht reges Treiben. Ein Mann geht mit einem Schlüsselbund mit zirka 20 Schlüsseln umher, sperrt hie und da ein Auto auf und kontrolliert den Zustand unter der Motorhaube. Mehrere Männer stehen im Kreis und diskutieren, kommen und fahren weg mit den Altwagen. Sie sind Freunde und Mitarbeiter vom Inhaber.

Die angekauften Autos sind Peugeots, Audis, VWs, Renaults und viele mehr. Die Marke scheint tatsächlich egal zu sein. Viele Autos haben Beulen oder grobe Kratzer, auch kaputte Reifen sind zu sehen. Eines haben sie alle gemeinsam: Es sind sehr alte Fahrzeuge - durchschnittlich vermutlich rund zwanzig Jahre alt.

100.000 Autos verschwinden pro Jahr

Von dem Gelände in Simmering werden die reparierten Autos nach Hamburg transportiert, von dort werden sie mit dem Schiff nach Nigeria, Ghana, Benin etc. gebracht und dort weiterverkauft. „Die Autos werden hier um teilweise 50 Euro gekauft und in Nigeria um 2.500 Euro wiederverkauft“, sagt Walter Kletzmayr, Sprecher der österreichischen Shredder-Betriebe.

Hafen Hamburg

APA/dpa/A3576 Maurizio Gambarini

Vom Hafen in Hamburg dauert der Transport nach Nigeria rund zwei Wochen

„In Österreich haben wir eine Dunkelziffer, das hängt niemand an die große Glocke, aber über 100.000 Autos verschwinden pro Jahr. Im Prinzip können wir nur mutmaßen, dass ein Großteil davon nach Afrika geht. Wir wissen, dass vom Norden Deutschlands wöchentlich Schiffe ablegen mit etlichen zigtausend Autos aus ganz Europa“, sagt Burkhard Ernst, Obmann des Fahrzeughandels in der Wirtschaftskammer Wien.

Verkäufer kann sich strafbar machen

„Prinzipiell spricht nichts dagegen, Gebrauchtfahrzeuge zu exportieren, die noch funktionieren und verkehrssicher sind. Aber in Österreich besteht ein strenges Abfallwirtschaftsgesetz. Das heißt, sobald ein Auto ein Altfahrzeug ist und gefährlichen Abfall darstellt, darf es laut Basler Konvention nicht in Entwicklungsländer exportiert werden“, sagt Walter Kletzmayr, Sprecher der österreichischen Shredder-Betriebe.

Die Basler Konvention ist ein internationales Umweltabkommen, das die Kontrolle der grenzüberschreitenden Transporte gefährlicher Abfälle regelt.

Ernst nennt ein konkretes Beispiel: "Ein altes Auto hat einen Zeitwert von 1.000 Euro. Dieses hat dann einen Getriebeschaden und die Reparatur kostet 1.500 Euro. Damit ist es ein wirtschaftlicher Totalschaden. Wenn man sich von dem Auto entledigen will, wird das Fahrzeug automatisch zu gefährlichem Abfall und muss entsprechend entsorgt werden.“

„Es trifft damit auch den Veräußere eine Schuld. Denn er entscheidet, wem er das Fahrzeug gibt – einem Shredder-Betrieb oder einem Visitenkarten-Käufer. Der Verkäufer kann sich damit selbst strafbar machen, das wissen viele nicht“, so Ernst.

Schaden für Österreichs Wirtschaft

In Österreich gibt es 130 zugelassene Verwerter. Von den 225.000 abgemeldeten Fahrzeugen im Vorjahr wurden jedoch nur 49.000 in Österreich verschrottet. „Es entsteht dadurch auch ein Verlust für die österreichische Wirtschaft, weil die Rohstoffe, Metalle etc. ins Ausland kommen und nicht in den österreichischen Kreislauf zurückgeführt werden können“, so Ernst.

Lisa Rieger, wien.ORF.at

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