Biennale: Büros werden zu Wohnungen

Der Österreich-Beitrag bei der Architektur-Biennale in Venedig beschäftigt sich heuer mit der Frage, wie Flüchtlingsquartiere schnell geschaffen werden können. „Orte für Menschen“ widmet sich dazu drei früheren Bürobauten in Wien.

Aus einfachen Sonnenschirmen, viel Vlies, Plastikröhren und unzähligen Kabelbindern haben die Architekten in einem leerstehenden Firmengebäude in Rudolfsheim-Fünfhaus kleine Privaträume für die Flüchtlinge geschaffen. „Unsere Ausgangssituation lautete: Dieses Haus gibt es nicht mehr lange!“, erzählte Architekt Günter Katherl von Caramel Architects.

Die Privaträume wurden von den Bewohnern individuell gestaltet, auch beim Aufbau und bei Näharbeiten waren sie involviert. Entstanden ist so ein basarartiges Setting mit viel Farbe. „Wir wollten mit einfachsten Mitteln ein kleines Zuhause schaffen“, so Katherl, der bei seiner Intervention auch Details wie individuelle Lampen und Kopfhörer für jeden Bewohner bedachte. Derzeit leben rund 240 Menschen in dem Bürogebäude, viele schon seit Monaten.

Flüchtlinge helfen bei Küchenbau

500 Flüchtlinge sind im Flüchtlingsquartier in Erdberg untergebracht. Das Designbüro EOOS baut mit ihnen im Projekt „Social Furniture“ Möbel. Von den knallgelben Holzplatten bis zu den Kreissägen kann man dabei auf gespendete Arbeitsmittel zurückgreifen. Die fehlenden Gemeinschaftsräume werden nun einerseits dadurch geschaffen, dass kleine Teeküchen zu richtigen Küchen umfunktioniert werden, und andererseits durch die Adaptierung von ehemaligen Zimmern als offene Gemeinschaftsküchen.

Damit der reibungslose Ablauf gewährleistet ist, haben die Designer von EOOS ein mobiles Küchenmöbel entworfen, das nun für jedes Zimmer hergestellt wird. Neben einem eigenen Kühlschrank bietet es auch Platz für die Aufbewahrung von Zutaten und Kochutensilien.

Insgesamt 60 Asylwerber nahmen bisher am Möbelbau teil, 18 verschiedene Möbeltypen hat man für „Social Furniture“ entworfen. 30 Kleinküchen sind projektiert, einige davon sind bereits im Testbetrieb. „Das Projekt hätte in dieser Intensität ohne die Biennale nicht stattgefunden“, erklärte Clemens Foschi von der Caritas.

Flüchtlingsheime bei Architekturbiennale

Der Österreich-Beitrag der Architekturbiennale in Venedig widmet sich drei Wiener Flüchtlingsprojekten.

Möbel sollen Gemeinschaft schaffen

Die designten Möbel sollen laut EOOS-Designer Harald Gründl dazu dienen, Gemeinschaft zu schaffen. Dazu gehört auch ein gemeinsam entwickeltes grafisches Leitsystem für jene beiden Stockwerke, die von den Flüchtlingen genützt werden. „Das schafft Bindung zu den Dingen, die hier passieren, und der neu gestaltete Lebensraum wird Teil der Identität der Menschen“, so Gründl.

Neben den Küchen wurden auch andere Bereiche in Zusammenarbeit mit den Bewohnern geschaffen: Etwa ein Friseurraum und ein „Gemeinwohlladen“, in den künftig Waren in einer fiktiven Tauschwährung verkauft werden können. Eigens entwickelt wird dafür eine App, die das Sammeln der Währung ermöglichen soll. „Bei allem, was wir tun, ist es wichtig, dass wir den Betreuern von der Caritas nicht mehr Arbeit machen, sondern dass die Dinge autonom funktionieren“, erklärte Gründl.

Wenige Handgriffe für privaten Raum

Keine Privatsphäre ist das Problem für Flüchtlinge in einem ehemaligen Großraumbüro in Favoriten. In das Büro in der Kempelengasse werden bald Flüchtlinge einziehen. „Uns hat es interessiert, Büroraum zu bewohnen und eine Büroimmobilie durch das Wohnen hybrid zu machen - also einen Ort zu schaffen, der auch nach 17.00 Uhr oder an Wochenenden nach wie vor belebt ist. Dadurch hat der Ort auch für das Umfeld einen spürbaren Effekt“, meinte Maria-Therese Harnoncourt, Architektin des Büros the next ENTERprise, in einem ORF-Interview.

Nur ein paar Handgriffe sind notwendig, damit sich ein „Private Module“ in einen drei Quadratmeter großen Raum mit eigenem Strom, Licht, Bett und Tisch verwandelt. Zwei Prototypen gibt es, zwölf mobile Einheiten sollen zur Verfügung stehen.

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