Chapeau! Wien Museum zeigt Kopfbedeckungen

Wie man sich „hütet“, so ist man. Kopfbedeckungen sind nicht nur ein Wetterschutz, sondern oft auch ein Zeichen etwa für religiöse Zugehörigkeit und politische Einstellung. Das Wien Museum widmet ihnen eine eigene Ausstellung.

Kleider machen Leute – und die Kopfbedeckung ist das sichtbarste visuelle Zeichen von Identität. Sie kann religiöse und politische Überzeugung oder geschlechtliche und kulturelle Zugehörigkeit vermitteln, sie ist Ausdruck von Macht und vom Aufbegehren dagegen, sie ist Statussymbol und Stigma, aber ebenso modisches Statement.

Kalabreser oder Zylinder?

Die Ausstellung erzählt die Sozialgeschichte des bedeckten Kopfes vom Revolutionsjahr 1848 bis in die Gegenwart. Gerade im Jahr 1848 war die Kopfbedeckung von großer Bedeutung. Die Revolutionäre grenzten sich mit den Kalabresern von den reaktionären Zylinderträgern ab. Der breitkrempige Kalabreser war der Hut der italienischen Aufständischen des Risorgimento. Der Träger vermittelte damit für alle klar sichtbar, wofür er stand.

Gegen Ende der Monarchie musste sich das in der Zwischenzeit erstarkte Bürgertum den drängenden Anliegen des Proletariats stellen, Zylinder trafen nun auf Arbeitermützen. Im Kampf der Sozialdemokraten für die Verbesserung der politischen und sozialen Stellung der Arbeiterinnen und Arbeiter wurde der Zylinderträger markantes Symbol in der antikapitalistischen Propaganda und in bildlichen Darstellungen – zumeist dick und Zigarre rauchend – auf zahlreichen Plakaten und Karikaturen verewigt.

Hut auf als Zeichen der Emanzipation

Mit der Frauenbewegung des frühen 20. Jahrhunderts sollten die zuvor im Hause „wohlbehüteten“ Frauen des Bürgertums und die sozialistischen Arbeiterfrauen für eine gemeinsame Sache eintreten, die da hieß: politisches Wahlrecht und Gleichberechtigung. Diese Selbstermächtigung und der Vorstoß in die zuvor ausschließlich Männern vorbehaltenen Bereiche des öffentlichen Lebens ging auch mit der Forderung nach einer neuen Frauenkleidung einher: Raus aus dem Korsett und hinein in Kleider mit natürlicher Taille, die für Freiheit, Beweglichkeit und Mobilität standen.

Ausstellungshinweis:

„Chapeau! Eine Sozialgeschichte des bedeckten Kopfes“, 9. Juni bis 30. Oktober, Wien Museum

Die Aneignung typisch männlicher Kleidungsstücke wie Hose oder Anzug im Frauenalltag sollte noch länger dauern, in der Kunst- und Unterhaltungswelt aber finden sich in der Zwischenkriegszeit Frauen, die auch nach dem Männerhut griffen: Wer kennt sie nicht, die Bilder von Marlene Dietrich in weiter Hose oder Anzug mit Kappe oder Zylinder am Kopf. Wie in Chapeau! zu sehen, wurde ihr aufsehenerregender Stil auch in Wien kopiert.

Religion auf den Köpfen

In den monotheistischen Religionen Christentum, Islam und Judentum bestimmen im Wesentlichen Brauch und Tradition die Wahl der Kopfbedeckung der Männer, Vorschriften für das Ver- und Bedecken von Kopf und Haaren gelten hingegen für Frauen. Gemein ist ihr Ursprung in den gesellschaftlichen Konventionen der Antike: Nur Prostituierte durften sich dazumal ohne Kopfbedeckung auf der Straße blicken lassen.

Kopftuch von Dudu Kücükgöl

Dudu Kücükgöl

Auch heute sorgen Kopfbedeckungen für Debatten.

Abseits religiöser Normen kann das Tragen oder nicht-Tragen von Hut, Kippa oder Kopftuch aber auch Zeichen selbstbestimmter religiöser Identität sein, die damit bewusst nach außen sichtbar gemacht wird. In der heutigen „Kopftuchdebatte“ treffen Fragen von Religion, Emanzipation und Integration aufeinander. Das traditionelle Kopftuch der Musliminnen steht mit an erster Stelle in den Auseinandersetzungen zum Thema Frauen und Migration.

Ausstellung erzählt auch Wiener Modegeschichte

Wien war eine „Hutstadt“, nach 1870 boomte die lokale Produktion. Heute noch bildet die Modeschule Hetzendorf als einzige Schule im deutschsprachigen Raum Modisten aus. Aktuelle Kreationen haben in der Schau ebenso ihren Auftritt wie künstlerische Arbeiten „am Kopf“.

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