Leopoldstadt: Wahl muss wiederholt werden

Die Bezirksvertretungswahl in der Leopoldstadt vom Oktober 2015 muss wiederholt werden, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) entschieden. Die FPÖ hatte Unstimmigkeiten bei den Wahlkarten vermutet.

Es gab laut VfGH tatsächlich eine Differenz zwischen der Zahl der Wahlkarten und der Zahl der abgegebenen Stimmen. Bei der ersten Auszählung durch die Bezirkswahlbehörde wurden 82 Stimmzettel weniger als abgegebene Wahlkarten gezählt. Eine zweite Zählung der Stadtwahlbehörde ergab wiederum 23 Stimmzettel mehr als abgegebene Wahlkarten. Die Auszählung durch den VfGH bestätigte dieses Ergebnis - mehr dazu in FPÖ ficht Bezirkswahl an.

Wie es zu dieser Differenz kommen konnte, bleibt unklar. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass die festgestellten Unstimmigkeiten auf die Verletzung der Wiener Wahlordnung und damit auf Rechtswidrigkeiten zurückzuführen sind, so der VfGH in einer Aussendung.

FPÖ sieht sich in Verdacht bestätigt

Für die Wiener FPÖ ist die Entscheidung des VfGH ein „Sieg für die Demokratie“. Das belege den Verdacht, dass es bei den Briefwahlstimmen zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, so der freiheitliche Klubobmann Dominik Nepp. „Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist selbstverständlich zu akzeptieren“, sagte Joachim Kovacs, Landessprecher der Grünen Wien, „jetzt geht es um eine Richtungsentscheidung für die Leopoldstadt.“

Rechtswidrigkeit könnte Wahlergebnis beeinflussen

Einer Wahlanfechtung wird nur dann stattgegeben, wenn festgestellte Rechtswidrigkeiten auf das Wahlergebnis von Einfluss sein können. Das ist laut VfGH hier der Fall: Die Grünen erhielten bei der Bezirksvertretungswahl 10.031 Stimmen, die FPÖ erhielt 10.010 Stimmen.

Damit verpassten die Blauen knapp Platz zwei - und somit den Anspruch auf einen Bezirksvorsteher-Stellvertreter. Bei 23 Stimmzettel mehr als abgegebene Wahlkarten konnten die Rechtswidrigkeiten also Einfluss auf das Wahlergebnis haben, urteilte der VfGH.

Keine Auswirkung auf Gemeinderatswahl

Von der VfGH-Entscheidung sind 72.000 Bezirksbewohner betroffen. Sie können nun noch einmal ihre Stimme abgeben, um ihre Bezirksvertretung zu wählen. Wahlberechtigt sind dieselben Personen wie im vergangenen Herbst. Die Wahl der Bezirksvertretung muss in der gesamten Leopoldstadt wiederholt werden.

Sie hat jedenfalls keine Auswirkung auf die Gemeinderatwahl. Eine Wiederholung lediglich der Briefwahl kommt nicht in Betracht. Es könne nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden, welche Wähler im Rahmen der Briefwahl an der Wahl teilgenommen haben.

Nicht nur Briefwähler wiederholen Bezirkswahl

Jemand, der eine Wahlkarte beantragt, hat verschiedene Möglichkeiten der Stimmabgabe. Die Wahlkarte kann per Post übermittelt werden, sie muss aber nicht. Man kann sich trotzdem für eine Urnenwahl entscheiden.

Zudem weicht laut VfGH im vorliegenden Fall die Zahl der auf der Liste der Briefwähler erfassten Wähler von der Zahl der in die Ergebnisermittlung einbezogenen Briefwahlstimmen ab. Der Kreis der Briefwähler ist also nicht mit völliger Sicherheit exakt zu bestimmen. Daher ist auch eine Beschränkung der Wahlwiederholung auf diese Personen nicht möglich, so der VfGH.

Wahl voraussichtlich im September

Die Bezirksvertretungswahl werde voraussichtlich im September stattfinden, so der Leiter der Wiener Stadtwahlbehörde, Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ), „in Anbetracht der bevorstehenden Sommerferien und der gesetzlich erforderlichen Vorbereitungszeit“. Der Fall werde zum Anlass genommen, im vorgegebenen gesetzlichen Rahmen mögliche Verbesserungen bei der Bezirkswahlbehörde für den 2. Bezirk in organisatorischer und personeller Hinsicht vorzunehmen, sagte Mailath-Pokorny.

Bundespräsidentenwahl: Prüfung nächste Woche

Kommende Woche befasst sich der VfGH mit einer zweiten Anfechtung der FPÖ: In einer zweieinhalbtägigen öffentlichen Verhandlung geht es um die Bundespräsidentenwahl. Auch da steht die Auszählung der Briefwahlstimmen im Mittelpunkt, allerdings in viel größerem Ausmaß.

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