Gericht: Ungleichbehandlung am Karfreitag

Ein Urteil des Oberlandesgerichts Wien sieht für einen Arbeitnehmer aus religiösen Gründen eine Ungleichbehandlung, weil er am Karfreitag arbeiten musste. Endgültig entscheiden muss der Oberste Gerichtshof.

Der Mann hatte geklagt, weil er am Karfreitag in einer Wiener Firma im Gegensatz zu Angehörigen von Religionsgemeinschaften arbeiten musste, berichteten die „Salzburger Nachrichten“. Das Oberlandesgericht sieht einen Verstoß gegen die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie, bestätigte Gerichtssprecher Reinhard Hinger im Ö1-Mittagsjournal, „dass ganz einfach niemand nur wegen des religiösen Bekenntnisses anders behandelt werden darf“.

Der Karfreitag ist in Österreich ein gesetzlicher Feiertag für Angehörige der evangelischen Kirchen AB und HB, der Altkatholischen Kirche und der Evangelisch-methodistischen Kirche. Konfessionslose und Angehörige anderer Religionsgemeinschaften müssen an diesem Tag arbeiten.

Verfahren nun beim Obersten Gerichtshof

Der Kläger hatte beim Erstgericht noch keinen Erfolg, nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts ist nun ein Verfahren beim Obersten Gerichtshof anhängig. Folgt auch der Oberste Gerichtshof dem Urteil, dann hätten alle Arbeitnehmer in Österreich am Karfreitag einen zusätzlichen Feiertag.

Wer dennoch arbeitet, würde also Anspruch auf Feiertagsentgelt oder Zuschüsse haben. Die Wirtschaftskammer hat in einer ersten Reaktion das Urteil des Oberlandesgerichts kritisiert, Österreich sei bereits jetzt Spitzenreiter bei Feiertagen, mit dem zusätzlichen Feiertag könnten Arbeitgebern Kosten bis zu einer halben Milliarde Euro entstehen, hieß es.

Arbeitsrechtlerin sieht Änderungsbedarf

In der Debatte um eine Ausweitung des Karfreitags als gesetzlicher Feiertag für alle bestätigt die Wiener Arbeitsrechtlerin Andrea Potz einen tatsächlichen Änderungsbedarf. Es gebe eine rechtliche Problemzone, das „Privileg“ für Evangelische und Altkatholiken sei sowohl nach Europarecht wie auch nach dem Gleichheitsgrundsatz bedenklich, sagte Potz im „Kathpress“-Interview: „Unter Experten war das schon länger Thema“.

Arbeitsrechtlerin zu Änderungen bei Feiertagsregelung: eine komplexe Materie mit derzeit offenem Ausgang.

Sie sei überrascht, dass nun ausgerechnet jemand ohne religiöses Bekenntnis dagegen aufbegehrt. Sie hätte eher erwartet, dass andere Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften Einspruch erheben würden. Grundsätzlich gebe es nun zwei Möglichkeiten: Das Privileg zu streichen oder für alle einen zusätzlichen freien Tag zu schaffen, was im Detail freilich höchst komplex wäre. Dass die derzeit bestehende Karfreitagsregelung rechtlich vielfältig bedenklich und Änderungsbedarf gegeben ist, stehe außer Zweifel.

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