Schießerei: Polizist weiter in Lebensgefahr

Als „äußerst kritisch“ hat die Wiener Polizei den Zustand des jungen Polizisten beschrieben, dem am Samstagabend ein Räuber nach einem gescheiterten Supermarktüberfall in Penzing in den Kopf geschossen hatte.

Der aus Kärnten stammende Beamte befinde sich weiter in akuter Lebensgefahr, so Polizeisprecher Paul Eidenberger: „Er wurde in der Nacht notoperiert, seine Angehörigen sind inzwischen bei ihm im Spital.“ Angaben aus Sozialen Medien, wonach der Mann seinen Verletzungen im Krankenhaus erlegen sei, wurden dementiert. Der zweite angeschossene Beamte ist ein Polizeischüler. Er sei von zwei Kugeln im Bauch-und Oberschenkelbereich getroffen worden und sei „bereits ansprechbar“, sagte Eidenberger.

Betreuung durch Kriseninterventionsteams

Angaben zum Alter der angeschossenen Kollegen machte die Polizei nicht. Die Angehörigen und die an der Amtshandlung beteiligten Beamten werden vom Psychologischen Dienst des Innenministeriums betreut. Die drei Supermarktangestellten überstanden den Raubüberfall körperlich unversehrt, sind aber schwer schockiert. Ihrer nahm sich ein Kriseninterventionsteam der Gemeinde Wien an.

„Durch den Einsatz der Polizei konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Supermarktes in Sicherheit gebracht werden, und es wurde Schlimmeres verhindert. Es ist tragisch, wenn Polizisten im Dienst lebensgefährlich verletzt werden. Meine Gedanken sind in diesen schweren Stunden bei den Familien und den Angehörigen der Betroffenen“, zeigte sich Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) in einer ersten Stellungnahme bestürzt.

Häupl fordert bessere Ausstattung für Polizei

„Tief betroffen“ reagierte auch der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ). „Die Brutalität des Überfalls zeigt einmal mehr, dass wir alles tun müssen, um die Polizei personell und technisch optimal auszustatten“, betonte Häupl in einer Presseaussendung.

„Fassungslos“ zeigte sich der Bundesvorsitzende der freiheitlichen AUF-Gewerkschaft und FPÖ-Bereichssprecher für den Öffentlichen Dienst, Werner Herbert. Die Schießerei habe „vor Augen geführt, dass die importierte Kriminalität nicht nur die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung in einem mittlerweile bedenklichen Ausmaß gefährdet, sondern auch, wie gefährlich und unvorhersehbar der Beruf der Polizistinnen und Polizisten ist“, meinte Herbert in einer Aussendung.

Täter ging hochprofessionell vor

Unterdessen wurden weitere Einzelheiten zum Schusswechsel bekannt. Die Polizei glaubt, dass es sich beim 49-jährigen Täter um einen Profi handelte, der in der Vergangenheit ähnliche Überfälle beging. Der gebürtige Bosnier wurde von WEGA-Beamten getötet - mehr dazu in Zwei Polizisten niedergeschossen: Täter tot. „Der Modus Operandi passt zu anderen, bisher nicht geklärten Raubüberfällen. Wir gehen davon aus, dass das eher kein Zufall sein kann“, meinte Eidenberger.

Offiziell scheinen gegen den 49-Jährigen zwar keine Vormerkungen auf. Die Polizei hält es aber für möglich, dass der Mann eine Namensänderung vornehmen ließ. „Das wird derzeit überprüft“, sagte Eidenberger.

Stillen Alarm ausgelöst

Der Mann hatte sich am Samstagabend kurz vor Geschäftsschluss in räuberischer Absicht in eine auf der Hütteldorfer Straße gelegene Billa-Filiale begeben. Als der Supermarkt um 18.00 Uhr geschlossen wurde, verbarg er sich vor den Angestellten und trat auf den Plan, nachdem diese sich vom Verkaufsbereich in die Büro- und Lagerräumlichkeiten begeben hatten und mit der Abrechnung der Tageseinnahmen beschäftigt waren.

Polizei Penzing

APA

Auch der Räumpanzer war im Einsatz

Er bedrohte die drei Angestellten - zwei Frauen und einen Mann - mit einer mit einem Schalldämpfer versehenen Pistole, forderte das Geld aus dem Tresor und fesselte die Mitarbeiter mit Kabelbindern. Dem 18 Jahre alten Angestellten gelang es allerdings, für den Täter unbemerkt Alarm auszulösen, der um 18.10 Uhr bei der Polizei einging.

Schüsse ohne Vorwarnung

Insgesamt drei Funkstreifen machten sich in weiterer Folge auf den Weg zu dem Supermarkt. Die erste Besatzung, die wenige Minuten später den Tatort erreichte, versuchte, über den Hintereingang in das geschlossene Geschäft zu gelangen. Die Tür war abgesperrt, worauf die Beamten klopften und sich als Polizisten zu erkennen gaben. Der Räuber reagierte kaltblütig und war keineswegs zur Aufgabe bereit.

„Er hat eine Mitarbeiterin gezwungen, zur Tür zu gehen, aufzusperren und zu sagen, dass alles in Ordnung ist“, berichtete Polizeisprecher Eidenberger. Den insgesamt drei Polizisten kam die Situation jedoch seltsam vor, sie bedeuteten der Angestellten, die den Befehl ausgeführt hatte, aus dem Geschäft zu treten und zu ihnen zu kommen.

Daraufhin zeigte sich der bis dahin nicht sichtbare bewaffnete Räuber. Er stürmte zur Tür und gab - wie Eidenberger betonte - unverzüglich Schüsse auf die Polizisten ab. Zumindest einem der Beamten gelang es, von seiner Dienstwaffe Gebrauch zu machen - der Räuber wurde von einem Projektil getroffen, was ihn aber nicht daran hinderte, seine Fluchtbemühungen fortzusetzen.

Über ein unmittelbar neben dem Lagerraum gelegenes Stiegenhaus lief er in dem Gebäudekomplex, in dem der Supermarkt untergebracht ist, in den zweiten Stock. „Dort ist er in eine Wohnung eingebrochen, die zu diesem Zeitpunkt zum Glück leer war“, gab Eidenberger bekannt. Der verletzte Räuber durchwühlte die Räumlichkeiten, ehe er durch ein Fenster auf ein einen Stock tiefer gelegenes, Richtung Innenhof ausgerichtetes Vordach sprang.

Versteck mit Hubschrauber entdeckt

Bei der Landung verletzte sich der 49-Jährige jedoch am Bein und war nicht mehr in der Lage, die Flucht fortzusetzen. Er verschanzte sich auf dem Dach hinter einer Mauer vor dem mittlerweile eingetroffenen Großaufgebot der WEGA.

Erst mit Hilfe eines Polizeieinsatzhubschraubers konnte er in seinem Versteck aufgespürt werden. Eine im Hubschrauber befindliche Spezialkamera erfasste den Täter, der Standort wurde umgehend den WEGA-Beamten kommuniziert, die - wie Eidenberger darlegte - ohne diese Unterstützung kaum eine Chance gehabt hätten, den Räuber zu finden. Auf Zuruf der Einsatzkräfte zückte der 49-Jährige neuerlich seine Pistole und schoss. Die WEGA-Beamten erwiderten das Feuer, der Räuber wurde mehrfach getroffen und tödlich verletzt. Eine Obduktion wurde angeordnet.