Wiener „Community-Polizei“ ab August

Spezielle Polizisten und ausgewählte Sicherheitsbürger, die einander informieren: Das in Teilen Österreichs bereits probeweise laufende Projekt einer „Community Polizei“ wird auf Wien ausgeweitet - ist aber nicht unumstritten.

Angst vor Einbrechern, unsichere Straßen oder Raser vor der Schule: Nur drei von zahlreichen Themen, die die Wienerinnen und Wiener beschäftigen. Derartige Probleme sollen künftig von der Polizei unkompliziert aufgegriffen und im Idealfall auch gelöst werden, sagt der Vizepräsident der Wiener Landespolizei, Karl Mahrer, gegenüber dem ORF-Radio. Gestartet wird im August und in acht Wiener Bezirken: Meidling, Hietzing, Ottakring, Hernals, Währing, Döbling, Donaustadt und Liesing.

Polizei wählt Sicherheitsbürger aus

Funktionieren soll die „Community-Polizei“ folgendermaßen: „Sicherheitsbürger“ bekommen von der Polizei Informationen über die Sicherheitslage im Bezirk. Umgekehrt sollen diese die Polizei über potenzielle Probleme im Bezirk informieren.

Anders als bisher will die Polizei die Sicherheitsbürger aber aktiv auswählen. Laut Mahrer gibt es derartige Kontakte bereits, etwa zu Schlüsselpersonen wie dem Obmann einer Kleingartenanlage oder dem Obmann einer Einkaufsstraßenvereinigung, aber auch mit Vertretern von Bürgerinitiativen.

Projekt „Gemeinsam Sicher“ in Testphase

„Community-Polizisten“ gibt es seit April 2016 in Graz, Eisenstadt, Mödling und in Schärding - mehr dazu in Schärding: Start für „Community-Polizisten“ (ooe.ORF.at) und in Grazer „Community-Polizei“ läuft gut (steiermark.ORF.at). In Graz sind die Erfahrungen gut, immer mehr Bürger wollen mitmachen.

Das Projekt läuft bis kommenden Dezember mit wissenschaftlicher Begleitung in der Testphase. Im ersten Quartal 2017 erfolgen eine Gesamtevaluierung der Pilotprojekte sowie eventuelle Anpassungen des Konzepts. Ein bundesweiter Start von „Gemeinsam Sicher“ ist mit dem zweiten Quartal 2017 vorgesehen.

„Alter Hut“ mit „neuem Namen“

Für den Kriminalsoziologen Reinhard Kreissl ist „Community-Polizei“ nur ein neuer Name für etwas, das es schon lange gibt. „Community Polizei“ sei eigentlich das, was die Polizei immer schon gemacht hat, wenn sie gute Polizeiarbeit gemacht hat, und was traditionell auch dem Typen des ‚Grätzlpolizisten‘ entspricht, sagte Kreissl im „Wien heute“-Interview.

TV-Hinweis:

„Wien heute“, 8.7.2016, 19.00 Uhr, ORF2 und danach in tvthek.ORF.at

„Wenn man versucht, sowas nochmal einzurichten als eine spezielle Strategie, dann setzt man noch eins drauf in vielen Fällen, wo es gar nicht nötig ist“, so Kreissl. Man könne eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Polizei und Gesellschaft nicht auf dem Dienstweg verordnen. Kreissl: „Das ist eine Frage von polizeilichen Strategien, Praktiken, Umgangsweisen. Das entwickelt sich langfristig.“

FPÖ und ÖVP zustimmend, Grüne abwartend

Grundsätzliche Zustimmung zu dem Projekt kommt von der FPÖ. Vizebürgermeister Johann Gudenus forderte darüber hinaus aber 2.000 zusätzliche Polizisten für Wien und eine Sicherheitswacht zur Entlastung der Exekutive. Zudem fügte er hinzu, dass das weitreichendere Tschürtz-Modell der „Sicherheitspartner“ im Burgenland mit den Bereichen Sicherheitsdienst, Bürgerservice, Nachbarschaftshilfe und Alarmanlagen sich wohl als effizienter erweisen werde.

Die Einführung der „Community-Polizei“ und von „Sicherheitsbürgern“ ab August in Wien sei ein wesentlicher Schritt zu mehr Sicherheit in der Stadt. Laut dem Landesparteiobmann der Wiener ÖVP, Gernot Blümel, könne so rascher auf die Anliegen der Bevölkerung reagiert werden. Nichtsdestotrotz brauche Wien einen Sicherheitsstadtrat und eine Stadtwache, um die Polizei für den Kampf gegen die Kriminalität freizuspielen,

Verwundert haben hingegen die Wiener Grünen auf den verfrühten Start des Projekts in Wien reagiert: Das Projekt sei umstritten, so Birgit Hebein. Die Sicherheitssprecherin der Wiener Grünen warnt vor unüberlegten Schnellschüssen. Es bedürfe einer genauen Prüfung möglicher Förderung von Denunziantentum einerseits und der Erfahrungen, ob tatsächlich gegenseitiger Informationsaustausch stattfinde andererseits. Sie empfiehlt, die Gesamtevaluierung anzuwarten.

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