Förderstopp für „Alt Wien“-Kindergärten

Die Stadt Wien hat einen Fördermittelstopp über den privaten Kindergartenbetreiber „Alt Wien“ verhängt. Fördergelder seien widmungswidrig verwendet worden, hieß es aus dem Büro von Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ).

Hotline für Betroffene:

Die MA 10 hat nun für betroffene Eltern, Obsorgeberechtigte und Mitarbeiter eine Hotline eingerichtet. Sie bietet den Betroffenen unter anderem Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Betreuungsplatz. Hotline: 01 277 55 55

Es habe eine „ausführliche Wirtschaftsprüfung“ bei dem Kindergartenbetreiber gegeben, teilte Frauenbergers Büro mit. Der Verein „Alt Wien - MUKU - Arge für multikulturelle Kindergartenpädagogik“ betreibt Einrichtungen an 33 Standorten in Wien und ist laut Stadt für die Betreuung von 2.276 Kindern zuständig.

Geld für Schloss verwendet?

„Die Buchhaltung war dermaßen unordentlich, dass sich selbst ein Wirtschaftsprüfer keinen Eindruck verschaffen konnte, was mit dem Geld passiert ist“, veranschaulichte MA-10-Leiterin Daniela Cochlar die Situation aus städtischer Sicht. Die Magistratsabteilung hegt den Verdacht, dass die städtischen Gelder beispielsweise für Sanierungen von Immobilien verwendet worden seien, die sich im Eigentum des Betreibers befinden - beispielsweise einer Ballettschule.

Spielzeugpuppe

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Familien betroffener Kinder können sich an die MA 10 wenden

Ebenfalls seien die Instandhaltungskosten für ein Schloss in Bad Aussee an die Stadt weiterverrechnet worden - wiewohl dieses nichts direkt mit dem Kindergarten zu tun hätte, lautet ein weiterer Vorwurf. Der Betreiber hätte dort kostenpflichtige Kinderferiencamps veranstaltet. Weiters wird vermutet, dass mit dem Fördergeld ein Haus in Penzing errichtet worden sei - wobei sich neben den Kindergarten-Räumlichkeiten auch Wohnungen in der Immobilie befänden.

Stadt: Über sechs Mio. Euro „zu Unrecht“ erhalten

Laut MA 10 hätte die Organisation nach derzeitigem Stand mehr als sechs Millionen Euro „zu Unrecht“ bekommen. Neben dem Förderstopp sei eine Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Vorbereitung, hieß es. Kontrolliert wurden bei „Alt Wien“ vorerst die Jahre 2009 bis 2014. Im Moment sei man gerade dabei, auch die Jahre danach unter die Lupe zu nehmen, so Cochlar. Sie verwies auch darauf, dass der Stadtrechnungshof bei einer Überprüfung Hinweise auf Verstöße entdeckt hätte.

Betreiberverein relativiert Vorwürfe

Richard Wenzel vom Betreiberverein sagte zur APA, dass man ohne Förderung sofort zusperren müsse. „Wir leben von der Hand in den Mund.“ Die teils widmungswidrige Verwendung von Fördergeldern bestritt Wenzel nicht grundsätzlich. Er relativierte es aber dahingehend, dass man den Großteil der Förderung - etwa 4,5 Millionen Euro - für den Bau eines neuen Kindergartens in Penzing verwendet habe.

Man habe das Geld durch „effizientes Wirtschaften“ aufgebracht, so Wenzel. „Wir machen das seit 50 Jahren. Wir sind gewohnt, effizient zu wirtschaften.“ Außer einem Essensbeitrag müssten die Eltern nichts zahlen. Das Argument der Stadt gehe dahin, dass die Förderung ausschließlich zum Betrieb von Kindergärten, nicht aber zur Schaffung neuer Plätze verwendet werden dürfe.

Zukunft der Kindergärten offen

Wie es mit den von „Alt Wien“ betriebenen Kindergärten weitergeht, ist offen. „Was nun passiert, muss der Betreiber entscheiden“, so Cochlar. Sie betonte, dass man dem Verein sehr entgegengekommen sei, „um die Plätze nicht zu gefährden“. Es sei ein halbes Jahr lang verhandelt und dem Betreiber angeboten worden, dass er die mehr als sechs Millionen Euro zurückzahlen könne. Doch man sei „vertröstet und hingehalten“ worden.

Cochlar kann sich jedenfalls eine weitere Zusammenarbeit mit den derzeitigen Verantwortlichen von „Alt Wien“ nicht vorstellen. Sollte die Besetzung des Vorstandes allerdings ausgetauscht werden, könnte das hingegen durchaus möglich sein. So sei der Vertrag mit „Alt Wien“ auch nicht gekündigt worden, sondern vielmehr ein Förderstopp auferlegt worden, ließ sie die Zukunft offen. Die betroffenen Familien will die MA 10 bei der Suche nach neuen Kindergartenplätzen unterstützen (siehe Kasten links), die Stadt will auch dafür sorgen, dass die Beschäftigung der 300 Mitarbeiter „so weitgehend wie möglich“ gesichert werde.

ÖVP: Aufstockung auf 100 Kontrolleure

ÖVP-Familienministerin Sophie Karmasin sah sich durch den Förderstopp in der Prüfung der Fördergelder bestätigt. „Deswegen fordern wir die Stadt Wien auf zu bestätigen, dass keine Bundesmittel missbräuchlich verwendet wurden. Wir behalten uns vor, missbräuchlich verwendete Bundesförderungen von der Stadt Wien zurückzufordern“, so Karmasin per Aussendung.

Gernot Blümel, Obmann der Wiener ÖVP, forderte nachhaltige Maßnahmen und mehr Kontrolle bei den Kindergärten. In einer Aussendung forderte er eine „Aufstockung auf mindestens 100 Kontrolleure, ein Mystery-Shopping-System sowie unangekündigte, stichprobenartige und stetig wiederkehrende qualitative Kontrollen“.

Gemeinderat Heinz Vettermann (SPÖ) meinte in einer Reaktion, dass die von der Stadt Wien gesetzten Kontrollmaßnahmen greifen. „Das Förderkontrollsystem der MA 10 wurde in den letzten Jahren auf völlig neue Beine gestellt und wird innerhalb der Abteilung von einer eigenen Stelle bearbeitet“, so Vettermann.

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