33 „Alt-Wien“-Kindergärten droht Aus

Nach einem von der Stadt Wien verhängten Förderstopp droht allen 33 Kindergartenstandorten des Vereins „Alt-Wien“ das Aus. Der Vereinsvorstand ist am Nachmittag zurückgetreten, die Eltern haben eine Unterschriftenaktion gestartet.

Unter anderem wollen die Eltern des Kindergartens am Leopoldauer Platz eine Schließung verhindern. „Für uns ist wichtig, dass die Kinder und Pädagogen hier bleiben und zusammenbleiben können“, „meine Kinder fühlen sich sehr wohl hier“, „ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Kind von vorne beginnt, seine Freunde sind hier“ - so lauteten Reaktionen von Eltern gegenüber „Wien heute“.

„Sollte sich nichts mehr ändern, ist am Freitag unser letzter Tag“, stellte allerdings Richard Wenzel vom Betreiberverein am Dienstag klar. Betroffen von einer Schließung wären insgesamt 2.276 Kinder, dazu rund 300 Mitarbeiter. Letztere würden in den nächsten Tagen beim AMS angemeldet, so Wenzel.

Schild zum Protest gegen Schließung von Kindergarten "Alt Wien" in Leopoldau

ORF

Kinder und Eltern wollen den Kindergarten in Leopoldau vor der Schließung bewahren

Fördergelder „widmungswidrig“ verwendet

Am Montag hatte die Stadt bekanntgegeben, dass alle Zahlungen an den privaten Kindergartenbetreiber „Alt-Wien - MUKU - Arbeitsgemeinschaft für multikulturelle Kindergartenpädagogik“ gestoppt wurden. Sie wirft dem Betreiber vor, Fördergelder „widmungswidrig“ verwendet zu haben. Aus Sicht der zuständigen MA 10 hat „Alt-Wien“ zwischen 2009 und 2014 6,6 Millionen Euro „zu Unrecht“ bekommen - mehr dazu in Förderstopp für „Alt Wien“-Kindergärten.

Die Stadt hegt etwa den Verdacht, dass die Gelder für Sanierungen von Immobilien verwendet wurden, die sich im Eigentum des Betreibers befinden - beispielsweise eine Ballettschule oder ein Parkschlössl in Bad Aussee. Weiters wird vermutet, dass mit dem Fördergeld ein Haus in Penzing errichtet worden sei - wobei sich neben den Kindergartenräumlichkeiten auch Wohnungen in den Immobilien befänden.

Die teils widmungswidrige Verwendung von Fördergeldern bestritt der Verein nicht grundsätzlich. Wenzel relativierte es aber dahingehend, dass man den Großteil für den Bau eines neuen Kindergartens verwendet habe. Man habe das Geld durch „effizientes Wirtschaften“ aufgebracht.

Privatkindergarten Alt-Wien vor Schließung

Ein paar Tage noch, dann ist Schluss: Am Freitag sollen die 33 Standorte des Privatkindergartens Alt-Wien geschlossen werden.

Frauenberger: Angebot an berufstätige Eltern

Für die zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) haben die Kontrollen der Kindergärten nicht versagt. „Zuerst haben wir intern in der MA10 geprüft, dann haben wir einen Wirtschaftsprüfer dazugezogen, und wir können uns auch auf den Bericht des Stadtrechnungshofes berufen. Unsere Fördersysteme sind so ausgerichtet, dass wir immer kontrollieren, ob die Abrechnungen passen. Ausschließen, dass etwas zweckentfremdet verwendet wird, kann man nie“, so Frauenberger gegenüber „Wien heute“.

Das bestehende Kontrollsystem reicht für Frauenberger aus: „Wir haben im letzten Jahr viel in Personalressourcen investiert, um die Kontrollen gut durchführen zu können.“ Die nun betroffenen Kinder und Eltern könnten andere Plätze erhalten, meinte Frauenberger: „Allen berufstätigen Eltern können wir sofort ein Angebot machen.“

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„Wien heute“-Interview

Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) im Gespräch mit Elisabeth Tschank über Konsequenzen aus dem „Alt-Wien“-Fall.

Verein erneuerte Vorstand

MA-10-Leiterin Daniela Cochlar betonte am Dienstag neuerlich, dass man sich dafür eingesetzt habe, eine Lösung mit dem Betreiber zu finden, damit kein Kind seinen Kindergartenplatz verliere: „Wir haben ein halbes Jahr lang wirklich alles probiert.“ Eine ausverhandelte Lösung sei schlussendlich vom Verein nicht aufgegriffen worden.

Die Fördergelder könnten wieder fließen, wenn „Alt-Wien“ mehrere Bedingungen erfülle, so Cochlar: Es müsse einen neuen Vereinsvorstand geben, zu dem man Vertrauen habe. Weiters forderte sie eine abgesicherte Zusicherung über die Rückzahlung der 6,6 Millionen Euro sowie die Einreichung der Bilanz für das Jahr 2015. Diese hätte eigentlich schon bis 30. Juni vorgelegt werden müssen. Die 6,6 Millionen Euro könne man nicht zurückzahlen, betonte Wenzel. Allerdings will er offenbar Entgegenkommen signalisieren. „Ich habe inzwischen den dreiköpfigen Vorstand erneuert und bin damit selbst nicht mehr Mitglied“, so Wenzel.

Schild Alt-Wien-Kindergarten

APA/Helmut Fohringer

Am Freitag sind die „Alt-Wien“-Kindergärten voraussichtlich zum letzten Mal geöffnet

Stadt sucht Plätze für betroffene Kinder

Die MA 10 richtete für betroffene Eltern, Obsorgeberechtigte und das Kindergartenpersonal bereits eine Informationshotline (01 277 55 55) ein. Sie bietet etwa Unterstützung bei der Suche nach einem neuen Betreuungsplatz. Es seien bereits sehr viele Anrufe besorgter Eltern eingelangt, berichtete Cochlar.

Am Montag hat die Stadt zudem einen Brief an die Familien der betroffenen Kinder geschickt, in dem über die Situation informiert und Unterstützung angeboten wird. Das Schreiben sollte am Dienstag bzw. spätestens am Mittwoch bei den Adressaten ankommen. „Im Hintergrund“ sei außerdem mit anderen großen Trägern Kontakt aufgenommen worden, um zu schauen, wo es freie Plätze gebe, berichtete Cochlar. Von diesen habe es breite Unterstützung gegeben - auch was die Suche nach neuen Arbeitsmöglichkeiten für die „Alt-Wien“-Mitarbeiter betrifft.

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