Virtuelle Bibliothek: Kampf um Nutzungsrechte

Mit dem Online-Angebot der Büchereien Wien können Bücher jederzeit und von Zuhause ausgeborgt werden. Doch eine harte Digitale Rechteverwaltung sorgt für „künstliche Knappheit“ der Bücher. Dennoch nutzen immer mehr die „Onleihe“.

Seit September 2010 gibt es die virtuelle Bibliothek der Büchereien Wien, die sogenannte „Onleihe“. Inzwischen können über 50.000 elektronische Medien - darunter knapp 43.000 eBooks, 7.000 eAudios und 47 ePapers - per Mausklick ausgeliehen werden. Dabei muss man weder für die Ausleihe, noch für die Rückgabe die eigenen vier Wände verlassen. Man braucht nur eine Mitgliedskarte der Büchereien Wien und einen Internetanschluss. Damit können die Dateien auf den eigenen PC oder E-Reader runtergeladen werden.

2 Frauen mit iPad

Büchereien Wien

Viele Büchereikunden nutzen ausschließlich das virtuelle Angebot

Amazon ist keine Konkurrenz

Auch Mahngebühren für verspätete Rückgaben entfallen, da alle Dateien nach Ablauf der flexibel gewählten Entlehnfrist automatisch vom eigenen Gerät gelöscht werden. Vor allem für ältere sowie seh- und gehbehinderte Menschen sollen virtuelle Bücher praktisch sein, da digitale Geräte nicht nur leichter sind, man kann auch die Schriftgröße und Helligkeit der Texte an die individuellen Bedürfnisse anpassen, sagt Monika Reitprecht, Sprecherin der Onleihe im wien.ORF.at-Interview.

Audiodateien werden als WMA zur Verfügung gestellt. Die angebotenen Textdateiformate PDF und EPUB sind für beinahe alle gängigen E-Reader und auch Smartphones geeignet. Nur der Kindle-Reader von Amazon unterstützt das EPUB-Format nicht. Die Bücherei sieht den Versandriesen allerdings nicht als besonders harten Konkurrenten an. Die meisten eBook-Leser nutzen mehrere Anbieter parallel und greifen aufgrund des Preisvorteils besonders gern auf die virtuelle Bibliothek der Stadtbücherei zurück, so Reitprecht.

Künstliche Knappheit schmälert Angebot

Einziger Nachteil des Onleihesystems: Jene Verlage, die sich dazu bereit erklären, eMedien an Bibliotheken zu verkaufen, bestehen auf das One-Copy-One-User-Modell. Das heißt ein eBook, ePaper oder Hörbuch kann nicht von mehreren Kunden gleichzeitig ausgeliehen werden, obwohl digitale Dateien an und für sich unendlich oft kopiert werden könnten. Mit technischen Mitteln wird für eine „künstliche Knappheit“ gesorgt. Möchte die Bücherei das Angebot einzelner Titel erweitern, muss sie mehrere Lizenzen ankaufen.

Die Onleihe verzeichnet dennoch rund 1.400 Ausleihen pro Tag. Auf die Frage hin, ob virtuelle Bücher physische einmal zur Gänze verdrängen werden, antwortet Reitprecht: „Nein. Gerade das gedruckte Buch ist viel zu stark emotional besetzt und wird auch wesentlich stärker mit seinem Inhalt - im konkreten Fall: Literatur - gleichgesetzt, als dass es in absehbarer Zeit verschwinden könnte.“

Theresa Loibl, wien.ORF.at

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