„Schweigeminute“ 8.924-mal verkauft

Über 3.000 Artikel in 70 Ländern: Das Medienecho war enorm, als der Wiener Künstler Raoul Haspel vor einem Jahr den Track „Schweigeminute (Traiskirchen)“ veröffentlicht hat. Seither wurde das stille Protestlied 8.924-mal verkauft.

Mit einer Minute Stille ein Zeichen setzen: Ende August 2015 veröffentlichte Haspel den 60 Sekunden dauernden „Song“ mit dem Titel „Schweigeminute (Traiskirchen)“. Zu hören war darauf nichts. Damit wollte Haspel zu einem „friedlichen, ruhigen Protest gegen das erschütternde Versagen in der österreichischen Flüchtlingspolitik“ aufrufen.

Das Medienecho war enorm und der Track stieg an die Spitze der österreichischen Charts. Bisher wurde die „Schweigeminute (Traiskirchen)“ 8.924 Mal gekauft. Ein Jahr nach der Veröffentlichung zieht Haspel zufrieden Bilanz. „Ich habe seit dem ersten Interview daran geglaubt, dass es ein Nummer-Eins-Hit in Österreich wird, weil einfach die Bereitschaft der Menschen in Österreich so groß war zu helfen“, sagt Haspel gegenüber wien.ORF.at.

Schweigeminute für Flüchtlinge

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Raoul Haspel (Mitte) und Renate Hornstein bei einer Pressekonferenz im September 2015

Ist „wie bei einer Massenkarambolage“

Seine Motivation, mit der Schweigeminute Flüchtlingen helfen zu wollen, vergleicht der Künstler mit einem Verkehrsunfall. „Das ist vielleicht wie bei einer Massenkarambolage auf der Autobahn, da bleibt einem gar keine Zeit nachzudenken, ob man da helfen will. Da hilft man einfach“, so Haspel. Die Idee zu dem Lied hatte er im Auto. „Die Leute, die bei sich sind, die Ruhe bewahren, können viel mehr helfen. Davon abgeleitet habe ich die Schweigeminute entwickelt“, erinnert sich Haspel.

Das Geld aus den Verkäufen spendete Haspel an den Wiener Verein „happy.thank you.more please!!“. In drei Tranchen überwies er insgesamt 14.660 Euro. „Die Abrechnungen in der Musikindustrie sind sehr komplex. Man bekommt die Zahlen sehr spät, das Geld noch viel später“, sagt Haspel. Weil er aber sofort helfen wollte und sich rasch gezeigt hat, dass das Lied ein Erfolg werden würde, streckte er das Geld vor. In der Summe von 14.660 Euro steckt bis dato noch eine Privatspende von Haspel in Höhe von 5.251 Euro.

Hygieneartikel, Schuhe und Kleidung gekauft

Die Hilfsinitiative „happy.thank you.more please!!“ wurde im Sommer 2015 - am Höhepunkt der Flüchtlingswelle - von Sophie Pollak und Renate Hornstein gegründet. Zur Schweigeminute meint Hornstein, dass es ein „ganz, ganz fantastisch origineller Weg war, um auf den Notstand aufmerksam zu machen der in Traiskirchen geherrscht hat“.

Mit dem Geld von Haspel wurden verschiedene Dinge gekauft. „Hygieneartikel, Schuhe zum Teil, hin und wieder Kleidung und Unterwäsche. Dinge, die fehlen, aber regelmäßig gebraucht werden“, sagt Hornstein.

Verein hilft jetzt anders

Zu Beginn sind die Helfer noch nach Traiskirchen gefahren und haben den Flüchtlingen direkt Sachspenden gebracht. Mittlerweile hat sich das Konzept des Vereins geändert. „Flüchtlinge können sich bei uns einen Termin ausmachen und bekommen direkt im Depot die Dinge, die sie brauchen“, sagt Hornstein. Das Depot liegt in der Gudrunstraße in Favoriten. Es hat an drei bis vier Tagen pro Woche geöffnet.

Immer wieder benötigt würde „Herrenkleidung in kleinen Größen und je näher der Herbst und der Winter rücken, desto mehr auch Wintersachen“, sagt Hornstein. Und auch die Klientel hat sich verändert. Es seien auch schon obdachlose Menschen vorbeigekommen, sagt Hornstein. „Wir werden niemanden abweisen, der Hilfe benötigt“.

Hubert Kickinger, wien.ORF.at

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