Akademikerball: Freispruch für Demonstranten

Bei einer Demonstration gegen den rechten Akademikerball 2014 ist es zu Ausschreitungen gekommen. Mehr als zwei Jahre danach mussten sich zwei Männer heute vor Gericht verantworten - sie wurden freigesprochen.

Die beiden Demonstranten standen wegen schwerer gemeinschaftlicher Gewalt und schwerer Sachbeschädigung vor Gericht. Der Angestellte aus Wien und ein deutscher Software-Entwickler bekannten sich am Donnerstag „nicht schuldig“. Am Nachmittag wurden sie freigesprochen. Die Entscheidung des Schöffensenats ist nicht rechtskräftig, die Anklagevertreterin gab vorerst keine Erklärung ab.

Den beiden Männern wurde von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, dem sogenannten Schwarzen Block anzugehören und „die Demonstration als Vorwand benutzt zu haben, um Gewalt auszuüben und Sachbeschädigungen in größtmöglichem Ausmaß anzurichten“, wie die Anklagevertreterin zu Verhandlungsbeginn darlegte.

Akademikerball Prozess

APA/Herbert Pfarrhofer

Den Männern wurde vorgeworfen, Teil der Ausschreitungen gewesen zu sein

Ein glatter Freispruch, einer im Zweifel

Im Fall eines deutschen Software-Entwicklers, der aus seiner Heimat zur Demo angereist war, fällte das Gericht einen glatten Freispruch. „Schon beim Lesen des Akts war klar, wohin die Reise gehen wird“, stellte die vorsitzende Richterin fest. Der Mann könne „in keinster Weise“ dem sogenannten Schwarzen Block zugerechnet werden.

Der Zweitangeklagte - ein aus Wien stammenden Historiker - wurde demgegenüber in beiden Anklagepunkten im Zweifel freigesprochen. Im Unterschied zum Deutschen war er vermummt aufgetreten und hatte zugegeben, Steine in Richtung der Polizei geworfen zu haben.

Solidaritätskundgebung vor dem Gericht

Im Unterschied zu Josef S. - der deutsche Student wurde im Juli 2014 in Wien als Rädelsführer, der zu den Gewalttätigkeiten aufgestachelt haben soll, rechtskräftig zu einem Jahr Haft, davon vier Monate unbedingt verurteilt - wurde den beiden Angeklagten keine führende Beteiligung angelastet. Ungeachtet dessen sind für die ihnen unterstellte schwere gemeinschaftliche Gewalt im Sinne des Paragraf 274 Absatz 1 StGB - der Nachfolge-Paragraf zum novellierten Landfriedensbruch - bis zu zwei Jahre Haft vorgesehen - mehr dazu in Strafausmaß für Josef S. bestätigt.

Die Hauptverhandlung fand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Der Verfassungsschutz und die Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (Wega) waren an Ort und Stelle. Sympathisanten der Angeklagten hatten im Internet zu einer Solidaritätskundgebung vor dem Grauen Haus aufgerufen.

Belastungszeuge erkannte Angeklagten nicht

Der erste Angeklagte war damals mit zwei anderen Kollegen mit dem Flugzeug nach Wien gereist, um einen hier studierenden Freund zu besuchen. Zu viert gingen sie auf die Demo gegen den Akademikerball. „Ich finde es wichtig, dass dagegen demonstriert wird“, deponierte der Angeklagte. Beim WKR-Ball handle es sich immerhin um „ein Vernetzungstreffen der europäischen Rechten“. Er habe „nichts geworfen“, sei auch nicht vermummt gewesen und habe mit dem Schwarzen Block nichts zu schaffen.

Demo gegen Akademikerball

APA/Herbert P. Oczeret

Ausschreitungen bei Akademikerball im Jänner

Ein als Belastungszeuge geladener Polizist, der den Deutschen festgenommen hatte, erkannte diesen nicht wieder. Fest stehe aber, dass der Mann, dem er damals die Handschellen verpasst hatte, „definitiv bei der Gruppe dabei war“, insistierte der Beamte. Ob er vermummt war, könne er nicht sagen, „aber er ist davongelaufen, wie alle davongelaufen sind“. Er habe „keine Wahrnehmung, dass er etwas geworfen hat“, musste der Zeuge einräumen.

Auf die Frage der Richterin, warum er dann ausrechnet diesen Demonstranten festgenommen hätte, meinte der Polizist: „Weil wir nicht alle festnehmen können. Ich bin davon ausgegangen, dass er einer der Täter ist.“ Immerhin hätten die Davonlaufenden „im Weglaufen a richtige Gaudi g’habt bei dem, was grad passiert ist“. „Festnahme also, weil er schwarz gekleidet war und gelacht hat“, fasste die Richterin zusammen. „Dunkel gekleidet“, korrigierte sie der Polizist.

Angeklagter soll Ytong-Stein geworfen haben

Der Zweitangeklagte hatte zunächst seinen kleinen Sohn besucht und war danach zur Demo aufgebrochen. Jener Polizeibeamte, der den Wiener festnahm, berichtete dem Schöffensenat, dieser hätte sich am Ende des Schwarzen Blocks befunden und sich innerhalb dieser Gruppe „dynamisch bewegt“. 30 bis 40 Personen hätten dem Block angehört: „Alle vermummt, alle dunkel gekleidet, alle aggressiv. Es ist drunter und drüber gegangen. Es war Action pur. Ein Horror-Szenario. Ich hab’ das noch nie erlebt bei der Polizei“, so dieser Beamte.

Der schwarz gekleidete und vermummte Wiener Angeklagte hätte „in hohem Bogen“ Ytong-Steine in Richtung der Kollegen bzw. eines bereits beschädigten Polizeifahrzeugs geworfen: „Wenn die einer auf den Kopf kriegt, tut es sicher weh.“ Der Polizist konnte den Angestellten aufgrund seiner markanten Brille identifizieren.

Angeklagter ortete „aufgekratzte Stimmung“

„Ich bin Antifaschist“ - mit dieser Begründung erklärte der Wiener dem Gericht seine Teilnahme an der Demo. Dass er dabei eine Sturmmaske trug, rechtfertigte er folgendermaßen: „Ich hatte keine Lust, von Rechtsradikalen fotografiert zu werden. Ich habe auch keine Lust, in einem Polizeikordon abgefilmt zu werden.“ Er habe sich weder dem Schwarzen Block angeschlossen noch sei er Am Hof gewesen, als es dort rund ging: „Ich hab’ die Polizeiwache gesehen. Die war schon kaputt. Ich hab das Polizeiauto gesehen. Das war kaputt.“

Er habe dann aber zwei Mal einen Ytong-Stein - diese stammten von einer Baustelle, wo ein Lkw mit einer seitlich geöffneten Ladefläche abgestellt worden war - genommen und in Richtung der Polizei geworfen: „Ich gebe zu, dass das eine aggressive Geste war. Es war eine aufgekratzte Stimmung.“ Er könne aber „zu 100 Prozent“ ausschließen, einen Beamten oder ein Polizeiauto getroffen zu haben. Er habe „sicher niemanden verletzen wollen“, versicherte der Angeklagte.

Trotz der Steinwürfe wurde der Mann freigesprochen. Ob dabei tatsächlich ein Einsatzfahrzeug der Polizei zu Schaden kam, war für das Gericht nicht nachweisbar. Eine versuchte Körperverletzung an Polizeibeamten kam nicht in Betracht, „weil das nicht angeklagt ist“, wie die Richterin deutlich machte. Für eine Verurteilung wegen schwerer gemeinschaftlicher Gewalt reichte es wiederum nicht, weil der Senat im Zweifel zugunsten des Angeklagten davon ausging, dass die erforderliche Anzahl von 30 Teilnehmern nicht mehr gegeben war, als er sich in der gewaltbereiten Gruppe betätigte

Friedliche Demos bei Akademikerball 2016

Weitgehend friedlich verliefen die Proteste heuer im Jänner gegen den Akademikerball der FPÖ in der Hofburg. Insgesamt wurden neun Personen festgenommen. Bis zu 2.800 Polizisten waren im Einsatz - mehr dazu in Neun Festnahmen nach Akademikerball.