Warnstreik der Spitalsärzte in Wien

Die Ärzte des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) haben heute ihren Warnstreik abgehalten. Protestiert wurde gegen die Reduktion der Nachtdienste. In der Innenstadt fand eine Kundgebung statt, in den Spitälern gab es einen Notbetrieb.

Die Mediziner demonstrierten am Vormittag gegen die neuen Dienstzeitregeln, mit Folgen auch für die Patienten: Geplante und nicht dringende Operations- und Ambulanztermine wurden verschoben. Für Akutfälle gibt es einen Notbetrieb. Um die Notversorgung zu gewährleisten, setzt die Ärztekammer zwischen 7.00 und 14.00 Uhr auch den Ärztefunkdienst ein, der unter 141 telefonisch ereichbar ist.

Organisiert hat den Protest die Wiener Ärztekammer. Einmal mehr ging es dabei um die neuen Arbeitszeitregeln. Diese brachten u. a. die Streichung von Nachtdiensten mit sich. Stattdessen sollen mehr Mediziner tagsüber für die Patienten da sein. Die Kammer sieht hingegen die Patientenversorgung in Gefahr. Stadt und KAV versichern, dass die Schritte Teil eines mit der Ärztekammer ausverhandelten Pakets sind.

Ärztekammer-Vize „überwältigt“

Schlusspunkt des kurzen Protestzugs war der Stephansplatz. Ursprünglich war für die Abschlusskundgebung der Franziskanerplatz ins Auge gefasst worden. Laut Kammer wurde auf Wunsch der Polizei jedoch kurzfristig eine größere Örtlichkeit gewählt. Die war gut gefüllt. Auch die Veranstalter zeigten sich über den Andrang erfreut: „Ich bin überwältigt“, sagte Kammer-Vizepräsident Hermann Leitner.

Auch Ex-KAV-Arzt Gernot Rainer, der von seinem Arbeitgeber nicht verlängert wurde und das nun gerichtlich bekämpft, frohlockte: „Ich bin begeistert und tief beeindruckt.“ Der Vertreter des niedergelassenen Bereichs in der Wiener Kammer, Johannes Steinhart, garantierte den warnstreikenden Spitalsärzten wiederum die „volle Solidarität“ der niedergelassenen Ärzte.

Jubel für Szekeres

Den wohl größten Jubel erhielt Kammerchef Thomas Szekeres - auch wenn seine Worte angesichts des pünktlich zur Präsidentenrede einsetzenden Steffl-Mittagsgeläuts nur schwer zu verstehen waren. Die Forderungen hatte er bereits unmittelbar vor der Kundgebung noch einmal skizziert: Neben der Rücknahme der Nachtdienstreduktion spricht man sich auch gegen „flächendeckende Schichtdienste“ ohne Einwilligung sowie gegen ein „Herunterfahren des öffentlichen sozialen Gesundheitssystems“ aus.

Auch ein „Bekenntnis zur Ausbildung in den Gemeindespitälern“ wurde verlangt. Die Stadt wird zudem ermahnt, die „vereinbarten Strukturmaßnahmen“ umzusetzen. Hier spießt es sich offenbar besonders, denn KAV und Rathaus haben wiederholt betont, genau das zu tun. Szekeres beteuerte heute hingegen einmal mehr, dass das nicht der Fall sei, wobei als Beispiel der Ausbau der Notaufnahmen genannt wurde.

Nächste Schritte der Ärztekammer offen

Es gebe zu wenige Aufnahmen, in denen auch Betten vorhanden seien. „Und dort, wo es die Betten gibt, gibt es zu wenig Personal, sie zu bespielen“, kritisierte Szekeres. Das könne dazu führen, dass ein Arzt in der Nacht bis zu hundert Patienten betreuen müsse: „Das funktioniert nicht.“ Wie es nun weitergeht, ist offen. Laut dem obersten Kammerfunktionär wird das Aktions- und Streikkomitee der Interessenvertretung bereits am Dienstag erneut tagen. Dort sollen dann die nächsten Schritte beschlossen werden.

Bereits am Mittwoch hatte die Kammer zu einer ersten Protestmaßnahme aufgerufen. Auf dem Campus der Wirtschaftsuniversität waren die Mediziner über arbeitsrechtliche Aspekte im Hinblick auf den heutigen Warnstreik unterrichtet worden. Dabei stellte der Arbeitsrechtsprofessor Franz Marhold in der Wirtschaftsuniversität das Grundrecht auf Arbeitsniederlegung klar: „Es gibt in Österreich keine Streikverbote mehr“ - mehr dazu in Ärzteprotest mit Schulung.

Keine Engpässe in Spitälern

Der Betrieb in den Spitälern gleiche unterdessen jenem an Feiertagen, wie Kammerpräsident Thomas Szekeres zuletzt erläuterte. Betroffen sind das Otto-Wagner-Spital, das Krankenhaus Hietzing, die Rudolfstiftung, das SMZ Floridsdorf, das Donauspital, das Kaiser-Franz-Josef-Spital und das Wilhelminenspital.

Zu Problemen oder Engpässen sei es deswegen in den betroffenen Spitälern nicht gekommen, teilte eine KAV-Sprecherin mit. „Es ist recht ruhig in den Spitälern, und die Versorgung funktioniert tadellos“, betonte sie am Vormittag, als die Demo noch im Gange war.

Kritik von KAV und Wehsely

In den vergangenen Tagen gab es vonseiten des KAV und von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) noch Versuche, den Streik in Gesprächen abzuwenden. Die Gespräche fanden aber nicht statt. Der Streik führe zu „einer enormen Verunsicherung etlicher PatientInnen“ und sorge für eine „Verschlechterung des Betriebsklimas“, hieß es vom KAV. Für Mittwoch wurde eine neuerliche Einladung ausgesprochen, hieß es heute - mehr dazu in Wehsely fordert Gespräche mit Ärztekammer.

Derzeit zählt der KAV gut 3.600 Spitalsärzte - wobei mehr als 350 aktuell karenziert sind oder aus anderen Gründen ihre Berufstätigkeit unterbrochen haben. In einer Pressekonferenz im Vorfeld des Aufmarsches bekräftigte Szekeres die Forderungen. Er warnte einmal mehr vor einer drohenden Reduktion der ärztlichen Arbeitszeiten und pochte auf die „Umsetzung vereinbarter Strukturmaßnahmen“. Nötig sei vor allem der Ausbau der Notfallaufnahmen, die die Spezialabteilungen in der Nacht entlasten sollten. Das sei nicht im nötigen Ausmaß geschehen.

Links: