Gutachten kritisiert „Glaspalast“-Abriss

Aufregung um Harry Glücks „Glaspalast“ in der Rathausstraße: Der leerstehende Bürobau im Eigentum der Wien-Holding soll abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Laut einem Gutachten wäre aber ein Umbau günstiger gekommen.

„Die Baukosten der Variante Umbau liegen im Mittel um ca. 6,5 Mio. Euro bzw. 20 Prozent niedriger als jene der Variante Neubau“, heißt es in einem internen Gutachten, das im Auftrag der Wien-Holding und der MA 34 (Bau- und Gebäudemanagement) erstellt worden war. Dieses wurde nun dem ORF Wien, der „Krone“ und der „Presse“ zugespielt. Für die Sanierung wären dieser Untersuchung zufolge 19,6 bis 29,4 Millionen Euro zu veranschlagen, für einen Neubau 27,8 bis 37,2 Millionen Euro.

Ehemaliges Rechenzentrum der Stadt Wien

APA/Helmut Fohringer

Harry Glücks „Glaspalast“ soll abgerissen werden

Josefstadt-Bezirksvorsteherin Veronika Mickel (ÖVP) zeigte sich im Radio-Wien-Interview verärgert, sie habe von der Wien Holding immer wieder eine solche Studie verlangt. „Wir haben die Frage der Wirtschaftlichkeit des Projekts sehr lange debattiert, hier wollte man nicht darauf eingehen. Vielleicht ist ein Neubau prestigeträchtiger als eine Adaption - jedenfalls wollte man diese Argumentation nicht gelten lassen“, so Mickel. Sie sei froh, dass das Gutachten nun öffentlich wurde: „Nun gehört die Verantwortung klar aufgezeichnet, wer diese Dokumente zurückgehalten hat.“

Gebäude „nicht mehr zeitgemäß“

Die mit dem Projekt betraute Wiener Standortentwicklung GmbH (WSE) sieht die Sachlage anders. Das bestehende Gebäude entspreche modernen baulichen Gegebenheiten nicht mehr, so ein WSE-Sprecher zur APA. So seien beispielsweise die Deckenhöhen, Belichtung und die Fluchtwege nicht mehr zeitgemäß. Überdies wären bei der Sanierung große Eingriffe in die Statik notwendig gewesen - was mit einem entsprechenden Risiko verbunden wäre. Das sei auch im Gutachten vermerkt gewesen. Zudem habe man sich letztlich auch ob der leichteren Vermietbarkeit für einen Neubau entschieden.

Glaspalast-Nachfolgegebäude NEUE Visualisierung

APA/SCHUBERT UND SCHUBERTH ZT-KG

So soll der Neubau in der Rathausstraße aussehen

Die Wien-Holding argumentierte bereits bei der Bekanntgabe des Abrisses, dass der 1980 entstandene Bürowürfel den modernen Anforderungen nicht mehr entspreche. Die Schleifung passiere außerdem im Einvernehmen des Architekten, hieß es damals. Zum Vorwurf der Geheimhaltung des Gutachtens sagte der WSE-Sprecher, das Papier sei zwar nicht veröffentlicht worden, aber Beilage beim Gemeinderatsbeschluss zum Baurechtsverfahren gewesen.

Investor für Neubau gesucht

In dem markanten Gebäude in der Rathausstraße befand sich einst das städtische Rechenzentrum. Nun ist ein neues Büro- und Geschäftshaus mit Tiefgarage geplant. Dieses Projekt soll mit Hilfe eines Investors realisiert werden. Dieser wird gerade im Rahmen eines internationalen, zweistufigen Verkaufsverfahrens gesucht. „Das Interesse ist sehr groß“, sagte der WSE-Sprecher. Auch einige namhafte Immobilienentwickler hätten Interesse angemeldet.

Die Interessensbekundungen würden nach der Deadline geprüft. In einer zweiten Runde müssen dann verbindliche Angebote abgegeben werden. Bis Ende des Jahres soll ein Investor gefunden werden. Die Stadt Wien bleibt aber jedenfalls auch weiterhin Eigentümerin der Liegenschaft. Im Fall eines Zuschlags wird entweder das Baurecht oder die zur WSE gehörende Projektgesellschaft, die das Baurecht innehat, verkauft. Die WSE steht im Eigentum der städtischen Wien-Holding. Sollte kein adäquater Investor gefunden werden, gebe es „immer noch die Option der Eigenumsetzung“, so der Sprecher.

Jahrelanges Tauziehen um Abriss

Der geplante Abriss des „Glaspalasts“ sorgt bereits seit mehreren Jahren für Wirbel. Im Dezember 2013 wurde erstmals vermeldet, dass das ehemalige städtische Rechenzentrum das Ende seiner Lebenszeit erreicht habe - mehr dazu in „Glaspalast“ wird abgerissen. Es wurde vermeldet, dass der „Glaspalast“ 2015 abgerissen werde - mehr dazu in „Glaspalast“: Abriss startet Anfang 2015, dann wieder doch erst 2016 - mehr dazu in „Glaspalast“-Abriss erst 2016. Auch die Neubaupläne wurden und werden kontrovers diskutiert - mehr dazu in Aufruhr um Josefstadt-„Glaspalast“ und in „Glaspalast“: Steffl-Blick bleibt frei.