Prozess um Schutzgelderpressung vertagt

Der Prozess am Wiener Landesgericht gegen eine mutmaßliche Bande, die angeblich Schutzgelderpressungen betrieben haben soll, ist auf Ende November vertagt worden. Dann soll mit der Befragung der Zeugen begonnen werden.

In dem Schöffenverfahren geht es um die angeblich mafiöse Vereinigung „Struja“ (auf Deutsch: Strom), an deren Spitze laut Anklage Edin D. (38) gestanden haben soll, den man in der sogenannten Balkan-Meile am Gürtel unter seinem Spitznamen „Edo“ kennt. Vor zehn Jahren hatte der gebürtige Bosnier erstmals eingehend die Kriminalisten beschäftigt, als in einem Cafe in Hernals ein Lokalbesucher bei einer Schießerei ums Leben kam und ein weiterer Mann schwer verletzt wurde.

Hohe Polizeipräsenz zu Prozessbeginn

APA/Herbert Neubauer

Der Prozess startete am Mittwoch

Der Mord konnte nie geklärt werden, die Hintergründe, bei denen „Edo“ eine Rolle gespielt haben soll, blieben rätselhaft. Nun glaubt die Anklagebehörde allerdings beweisen zu können, dass es sich bei „Edo“ um „den Kopf einer kriminellen Vereinigung handelt, die auf die Erpressung von Schutzgeld und die Begehung weiterer schwerwiegender Straftaten ausgerichtet war“, wie der Anklageschrift zu entnehmen ist.

Eigentümer soll zu Verkauf genötigt worden sein

Betroffen war demnach vor allem ein Lokal in Ottakring. Zunächst sollen „Edo“ und seine Bande - neben ihm wurden drei Tschetschenen, zwei Bosnier und eine Serbin zur Anklage gebracht - gezielt Schlägereien angezettelt haben, so dass Lokalbesucher teilweise erheblich verletzt wurden. Damit hätte man laut Anklageschrift die beiden Eigentümer dazu gebracht, den mitangeklagten Magomed B. als Türsteher zu beschäftigen, der als Entlohnung 1.600 Euro und zusätzlich immer wieder mehrere 1.000 Euro an „Sonderzahlungen“ verlangt haben soll.

Obwohl die Betreiber das Schutzgeld bezahlten, soll der 25-jährige Tschetschene weiterhin Lokalgäste verprügelt haben. Im November 2015 soll schließlich einer der Eigentümer mittels Drohungen dazu genötigt worden sein, seinen Anteil an dem Lokal zu verkaufen, um 50.000 Euro aufbringen zu können. Aus dem im Gegenzug dafür in Aussicht gestellten Rückzug der mutmaßlichen Bande wurde aber nichts. Obwohl zum Jahreswechsel die 50.000 Euro den Besitzer wechselten, wurde laut Anklageschrift nunmehr der neue Teilhaber des Lokals bedrängt, der Ende Februar 5.000 Euro flüssig gemacht haben soll, um seine Ruhe zu haben.

Cannabis bei Hausdurchsuchung sichergestellt

Als weitere Opfer von Schutzgelderpressungen werden in der Anklage Handyshops im dritten und im 15. Bezirk erwähnt. „Edo“, der sich demnach selbst als Projektleiter einer Immobilienfirma bezeichnet haben soll, soll außerdem sieben geleaste Sattelschlepper Richtung Balkan verschoben haben. Drei von ihnen wurden in Montenegro von der Polizei beschlagnahmt, weil der Käufer, so die Anklage, in den Augen von „Edo“ zu spät zum Übergabeort erschienen sein soll.

Als Kompensation sollte dieser dem 38-Jährigen laut Anklage 50 Kilogramm Cannabiskraut in die Bundeshauptstadt liefern, das in einer Wohnung im Bezirk Wieden gebunkert und laufend verkauft worden sein soll. Bei einer Hausdurchsuchung konnten hinter einer Holzverkleidung noch 15 Kilogramm sichergestellt werden.

Hauptangeklagter: „Waren eine Box-Mannschaft“

Der 38-jährige Hauptangeklagte erklärte, er kenne mit Ausnahme eines Mannes sämtliche männlichen Mitangeklagten aus dem von ihm betriebenen Box-Verein und sei mit diesen gut befreundet: „Wir waren eine Mannschaft, ja. Eine Box-Mannschaft. Keine Drogen, kein Alkohol, keine Zigaretten.“ Mit Schutzgeld-Erpressungen habe er nie auch nur ansatzweise etwas zu tun gehabt. Vielmehr habe er sich der Tschetschenen und aus Ex-Jugoslawien stammenden Burschen angenommen, die in seinem Verein trainierten: „Ich war der Älteste. Ich habe mich für die Integration eingesetzt. Ich habe Gutscheine für Deutschkurse verteilt. Ich habe die Leute in Turnsälen haben wollen. Ich habe sehr fleißig Sponsoren gesucht.“

Bereits im Ermittlungsverfahren haben sämtliche Angeklagte die Vorwürfe bestritten oder von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Herbert Eichenseder, der Verteidiger von „Edo“, versicherte dem Schöffensenat, diese und darüber hinausgehende Behauptungen der Belastungszeugen wären unrichtig. Diese hätten seinem Mandanten seinen Erfolg als Immobilien-Makler geneidet. Christian Werner, der zwei weitere Angeklagte vertritt, geht davon aus, dass „von den Vorwürfen nichts übrig bleiben wird.“ Beide Angeklagten, die er vertritt, werden sich „nicht schuldig“ bekennen.

Ein weiteres angebliches Bandenmitglied, gegen den separat ermittelt wird, hat nach seiner Festnahme allerdings ein Geständnis abgelegt und gegen seine früheren Partner ausgesagt. Das brachte ihm Morddrohungen ein. Aus Sicherheitsgründen wurde der Mann daher aus der Justizanstalt Josefstadt in ein anderes Gefängnis verlegt. Die Befragung des Mannes gemeinsam mit anderen Zeugen soll Ende November durchgeführt werden.