Neugebauer vor Rücktritt als GÖD-Chef

19 Jahre ist Fritz Neugebauer (ÖVP) an der Spitze der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) gestanden, beim Bundeskongress kommende Woche dürfte er seinen Posten abtreten. Als Nachfolger wird sein Stellvertreter Norbert Schnedl gehandelt.

Mit Neugebauer dürfte nächste Woche ein gewerkschaftliches Urgestein abtreten, berichtete der „Kurier“ am Dienstagabend. Zu seinem 72. Geburtstag legt der längstdienende Gewerkschaftschef die Führung seiner Beamten nach 19 Jahren voraussichtlich in die Hände seines Stellvertreters Schnedl. Andere Funktionen hat der ehemalige ÖVP-Abgeordnete, Zweite Nationalratspräsident und ÖAAB-Obmann schon früher abgegeben.

Bekleidete verschiedene politische Posten

Aus dem Nationalrat ist Neugebauer nach den Nationalratswahlen 2013 ausgeschieden, womit er nicht nur sein Mandat, sondern auch die Funktion des Zweiten Nationalratspräsidenten verloren hat, die er seit Dezember 2008 ausgeübt hatte. Als Obmann des Österreichischen Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbundes (ÖAAB) ist Neugebauer nach sechsjähriger Tätigkeit im Jahr 2009 zurückgetreten. Dieses Amt als Chef des ÖVP-Arbeitnehmerbundes hat Neugebauer nach parteiinterner Kritik zurückgelegt. Dem damaligen Mehrfachfunktionär wurde vorgehalten, sich zu sehr auf seine Beamten konzentriert zu haben.

Als Beamtenchef hat sich Neugebauer auch mehrfach mit der ÖVP angelegt. So irritierte er die Partei, als er dem Sparpaket 2010 zwar im Parlament zustimmte, dann aber eine Verfassungsklage dagegen ankündigte. Auch mit seiner Blockadehaltung gegenüber Schulreformen bzw. beim letztlich doch beschlossenen Lehrerdienstrecht machte er sich in der ÖVP nicht nur Freunde, vor allem auf Wirtschaftsseite war der Unmut über ihn teilweise heftig. Den Vorwurf des Blockierens hat er jedoch stets als Unsinn zurückgewiesen.

Einsatz für seine Beamten

Seine Beamten konnten sich jedenfalls immer darauf verlassen, dass ihr Vorsitzender das Maximum an Gewinn bzw. das Minimum an Schaden für sie herausholt. Wenn nötig, scheute er auch nicht davor zurück, auf die Straße zu gehen - wie etwa im Dezember 2013, als er 40.000 Kollegen für höhere Gehälter mobilisierte und er selbst vor der Menge auf dem Ballhausplatz gegen die Regierung polterte.

Auf diese Art hat sich Neugebauer zwar einerseits den Ruf eines beinharten Strippenziehers und Lobbyisten erworben. Andererseits war er trotz seiner gewieften Verhandlungsführung bei den meisten Gesprächspartnern nicht so unbeliebt wie manchmal in der Öffentlichkeit gedacht. Denn im persönlichen Umgang gilt Neugebauer keineswegs als unangenehm und letztlich auch in höchstem Maße pragmatisch. So stand er etwa trotz des Drucks seiner Klientel zu der beim Sparpaket 2012 vereinbarten Nulllohnrunde.

Bekennender Sozialpartner

Als Chef der einzigen Gewerkschaft mit schwarzer Mehrheit strebte er nach mehr Eigenständigkeit der GÖD und warb für eine Teilrechtsfähigkeit der Beamten. Im ÖGB wurde ihm das als mangelnde Solidarität ausgelegt, und beim ÖGB-Bundeskongress 2007 erlitt er - auch weil er der Pensionsreform nach Protesten dann doch zustimmte - eine seiner schwersten Niederlagen, als er bei der Wahl für den Vorstand durchfiel.

Akzeptieren musste der bekennende Sozialpartner 2013 auch, dass die Regierung das neue Lehrerdienstrecht ohne Sanktus der Gewerkschaft durchzog. Seine GÖD hielt Neugebauer jedenfalls auf Erfolgskurs. Während die meisten anderen Gewerkschaften mit Mitgliederschwund kämpfen, verzeichnet die GÖD seit Jahren ein stetiges Wachstum.

Politisch im Zenit in der Ära Schüssel

Neugebauer - am 10. Oktober 1944 in Wien geboren - war im Zivilberuf Lehrer für Deutsch, Geschichte und Geografie. Von 1965 bis 1997 unterrichtete er an Volks- und Hauptschulen sowie Polytechnischen Lehrgängen. Parallel dazu machte er Karriere in Gewerkschaft und Partei. Über diverse Funktionen in der Lehrergewerkschaft arbeitete er sich nach oben: 1989 wurde er stellvertretender Vorsitzender der GÖD. 1997 trat Neugebauer als Beamtenchef die Nachfolge des legendären Siegfried Dohr an.

Politisch im Zenit war Neugebauer in der Ära von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, in der er auch eine gewichtige Rolle in der ÖVP spielte. Nachdem er schon 1996 erstmals für einige Monate im Nationalrat schnupperte, saß er von 2002 bis zur Wahl 2013 durchgehend im Parlament, wo er u. a. Klubobmann-Stellvertreter, ÖVP-Bildungs- und Sozialsprecher und Zweiter Nationalratspräsident war. Außerdem saß er im ÖVP-Bundesparteivorstand.

Schnedl siebenter GÖD-Vorsitzender seit 1945

Mit Schnedl werden sich die Beamten nächste Woche voraussichtlich einen erfahrenen Gewerkschafter an ihre Spitze wählen. Der 56-jährige Wiener ist seit fast zehn Jahren Vorsitzender der Fraktion Christlicher Gewerkschafter (FCG) und ÖGB-Vizepräsident. Wenn er gewählt wird, wird er der erst siebente Vorsitzende der GÖD in der Zweiten Republik. Trotzdem wird er sich gehörig anstrengen müssen, wenn er in die großen Fußstapfen hineinwachsen will, die Neugebauer hinterlassen hat.

Der Dienstrechtsexperte der GÖD ist ein anderer Typ als der in der Öffentlichkeit oft polternde Neugebauer. Der als pragmatisch und gerechtigkeitsbewusst geltende Schnedl hält sich nach außen weitgehend zurück. In sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen hat er sich aber nicht nur für die Beamten den Ruf eines konsequenten Verhandlers erworben, auch wenn es etwa um Pensionsreformen ging, hat er sein Fachwissen eingebracht.

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