AK will mehr Geld für „Problemschulen“

Die Wiener Arbeiterkammer (AK) fordert ein neues System für die Schulfinanzierung. Schulen mit vielen sozial schlecht gestellten Schülern sollen mehr Geld bekommen als jene mit vielen Akademikerkindern. Laut AK geht es um jede sechste Schule.

Jede sechste Schule in Österreich habe einen hohen Anteil an Schülern mit großem Förderbedarf und biete daher ungünstige Lernbedingungen - das zeigte die AK am Donnerstag mit einer Erhebung auf. Um allen Kindern dieselben Bildungschancen zu geben, müssten Schulen mit vielen benachteiligten Kindern mehr Geld bekommen, forderte AK-Präsident Rudolf Kaske.

Eltern mit Pflichtschulabschluss erhoben

Für die Untersuchung hat sich die AK auf Basis der Bevölkerungsdaten den Anteil jener Kinder angesehen, deren Eltern nur einen Pflichtschulabschluss gemacht haben und daher vermutlich ihren Kindern nicht beim Lernen helfen und auch keine Nachhilfe finanzieren können. Eine hohe Konzentration solcher Schüler führt laut Forschungsergebnissen auch zu schlechteren Lernergebnissen in der Klasse bzw. Schule.

Grafik zu Lernbedingungen an den Schulen aus AK-Studie.

APA

Der AK-Studie zufolge gibt es insgesamt an 17 Prozent der Volksschulen, Neue Mittelschulen (NMS) und AHS-Unterstufen besonders viele Schüler, denen die AK großen Förderbedarf attestiert. An 13 Prozent der Standorte gibt es besonders viele Kinder aus bildungsnahen Familien und damit ohne Förderbedarf. Damit habe fast ein Drittel der österreichischen Schulen keine ausgewogene soziale Durchmischung, kritisiert Kaske.

AK plädiert für Chancenindex

Die Detaildaten zeigen dabei auch Unterschiede nach den Schultypen: Während an den NMS 19 Prozent der Schüler Förderbedarf haben, sind es an den AHS-Unterstufen neun Prozent. Weniger als ein Prozent der NMS hat eine hohe Konzentration an Schülern, die keine umfassende Förderung brauchen; an den AHS-Unterstufen sind es hingegen 64 Prozent der Standorte.

Um Schüler aus einem bildungsfernen Elternhaus besser zu fördern, will die AK einen sogenannten Chancenindex einführen. Die Idee: Alle Schulen sollen eine solide Basisfinanzierung bekommen, die im Großen und Ganzen der derzeitigen Ausstattung entspricht. Zusätzlich sollen aber jene Schulen zusätzliches Personal (Lehrer, Sozialarbeiter, Psychologen) bekommen, wo es viele Kinder mit geringeren Chancen gibt. Wichtigstes Kriterium ist der Bildungsstand der Eltern jedes einzelnen Schülers, zweiter Faktor ist die Umgangssprache der Kinder. An einer NMS mit 300 Schülern würde das AK-Modell etwa eine Aufstockung von derzeit 34 Lehrern auf 49 bedeuten.

Mindestens 300 Millionen Euro pro Jahr benötigt

„Kurz gefasst wollen wir einfach mehr Mittel für Schulen mit vielen Kindern, denen die Eltern keine teure Nachhilfe zahlen können“, so Kaske. Insgesamt würde dieses Modell eine zusätzlichen Bedarf von 300 Mio. Euro pro Jahr allein für Volksschulen und NMS bedeuten. Auch an den AHS werde man wohl mehr Geld brauchen, so AK-Bildungsexperte Wolfgang Schüchner bei der Pressekonferenz. Für diesen Bereich gibt es aber noch keine Berechnungen der AK.

Voraussetzung für mehr Geld ist laut Konzept der Arbeiterkammer, dass jede Schule ein individuelles Konzept zur Weiterentwicklung des Standortes vorlegt und Verantwortung für die Lernergebnisse der Schüler übernimmt. Die Umsetzung innovativer pädagogischer Konzepte soll dann auch laut Schüchner langfristig dazu führen, dass die soziale Durchmischung an jenen Schulen besser wird, die derzeit vor allem von Kindern auf bildungsfernen Familien besucht werden.

Änderungen bei Pflichtschulen durchaus realistisch

Die Chancen für ein neues Finanzierungsmodell dürften übrigens zumindest im Pflichtschulbereich nicht schlecht stehen: Zuletzt wurde beim Finanzausgleich beschlossen, dass die Pflichtschulfinanzierung ab 2019 aufgabenorientiert erfolgen soll. Im Bildungsministerium tritt man außerdem schon länger für einen Chancenindex ein.