Ari Rath gestorben

Der bekannte Publizist Ari Rath ist Freitagfrüh im Alter von 92 Jahren in Wien gestorben. Das berichtete der „Standard“ (Onlineausgabe). Rath war früher unter anderem jahrelang Chefredakteur der „Jerusalem Post“.

Während eines Israel-Besuchs seien Herzprobleme bei Rath aufgetreten, im Wiener AKH sei er dann operiert worden, es seien jedoch Probleme mit der Lunge dazugekommen, so der „Standard“. Seinen 92. Geburtstag hatte Rath erst am 6. Jänner gefeiert.

Ari Rath

LeonhardHilzensauer

Erst vor einer Woche feierte Rath seinen 92. Geburtstag

Begräbnis in Israel

Rath wurde 1925 in Wien geboren. 1938 musste er vor den Nazis nach Palästina flüchten. Im Jahr 2007 nahm er wieder die österreichische Staatsbürgerschaft an, als seine Heimat bezeichnete er dennoch Israel. Dort wollte er laut „Standard“ auch begraben werden.

Ari Rath: „Man war buchstäblich vogelfrei“

Rath beschrieb in der Serie „Die letzten Zeitzeugen“ den schon vor 1938 in Wien grassierenden Antisemitismus.

Ab 1958 war Rath Redakteur, ab 1975 Chefredakteur und Herausgeber der „Jerusalem Post“. Er gehörte zur Generation der bekannten Politiker Jizchak Rabin, Teddy Kollek und Schimon Peres und war Berater von Ben Gurion, Israels erstem Premierminister ab 1948. Rath ist Träger etlicher Auszeichnungen - unter anderem erhielt er das deutsche Bundesverdienstkreuz (2005), das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich (2011) und das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (2015). Er plädierte stets für einen friedlichen Ausgleich zwischen Israel und den Palästinensern.

Ari Rath

ORF/Bernd Matschedolnig

Aufgewachsen war Rath in Wien

„Uns allen ans Herz gewachsen“

Diese Humanität Raths, „die absolute Ablehnung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, die er ja in vielen Vorträgen und den Gesprächen mit Schülern jetzt über den Antisemitismus hinaus als Botschaft vermittelt hat“, betonte auch Gertraud Auer Borea, die Generalsekretärin des Bruno Kreisky Forums und eine gute Freundin von Rath.

Gertraud Auer Borea

ORF

Gertraud Auer Borea

„Gerade in so polarisierenden Zeiten wird diese Botschaft ganz wichtig sein, dass man das, was uns zusammenhält, in den Vordergrund stellt und nicht das, was uns trennt“, wie sie gegenüber „Wien heute“ sagte. Die Intimität und die Vertrautheit, die Auer Borea und Rath verband, „die uns sicher über die ganzen Jahren begleitet hat, aber die auch ganz wichtig war in den letzten Stunden“, die sei „ganz wesentlich für mich“ gewesen. Die letzten Tage Raths schilderte sie als „schrecklich“, er sei sehr am Leben gehangen und habe unglaublich gekämpft - „aber der liebe Gott hat das anders gewollt“.

TV-Hinweis

„Wien heute“, 13.1.2017, 19.00 Uhr, ORF2

Unglaublich viele Menschen hätten auf Raths Tod reagiert, auf ihrem Handy, in Sozialen Netzwerken, so Auer Borea weiter. „Er ist wirklich jemand, der uns allen hier total ans Herz gewachsen ist, und wir sind ihm ans Herz gewachsen. Das spürt man total.“ Zu seinem Geburtstag, der erst Freitag vergangener Woche im Krankenzimmer gefeiert wurde, seien viele Menschen gekommen, hätten Geschenke gebracht, ihn angerufen: „Ich habe das Gefühl gehabt, dass er seinen 92. Geburtstag wirklich erleben wollte.“

„Unermüdlicher Kämpfer für Toleranz“

„Mit Ari Rath verlieren wir einen großen Menschen und Menschenfreund“, sagte Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). „Rath war ein Mahner für Vernunft und Mäßigung, ein Brückenbauer, der sich für ein respekt- und friedvolles Miteinander eingesetzt hat. Auch zwischen seiner alten und neuen Heimat hat er sich um Annäherung und vertiefte Beziehungen verdient gemacht. Als Vortragender und Zeitzeuge an Schulen hat er auch in Wien große Arbeit geleistet.“

Der Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, nannte Rath einen unermüdlichen Kämpfer für Toleranz und Versöhnung: „Das Leben hielt für Ari Rath manch bittere Erfahrungen bereit. Als Kind antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt, wanderte er bereits als 13-Jähriger nach Palästina aus (...). Er hat unter den damals sehr schwierigen und entbehrungsreichen Bedingungen tatkräftig am Aufbau Israels mitgearbeitet. (...) Seine Versöhnung mit Österreich und Rückkehr nach Wien bedeutete nicht nur für unsere Jüdische Gemeinde eine große menschliche und intellektuelle Bereicherung.“

Zahlreiche Interviews mit dem ORF

Als „eines der vielen bis heute verdrängten Themen“ bezeichnete Rath, dass es in Wien schon vor dem „Anschluss“ Judenklassen in Wiener Gymnasien gab - unter Unterrichtsminister Kurt Schuschnigg ab 1934. Es habe einen Erlass gegeben, wonach bei ausreichender Schülerzahl Parallelklassen errichtet werden sollten, erinnerte er sich in einem Interview mit Radio Wien 2012 - mehr dazu in Ari Rath: Sein Wien, sein Israel, sein Traum. „Und so war ich vier Jahre vor dem Anschluss in einer separaten Judenklasse im Wasagymnasium“, erzählte Rath. Die beiden Turnlehrer seien zudem illegale Nazis gewesen.

Auf FM4 war Rath 2015 in einem langen Interview zu hören. Elisabeth Scharang traf den „Löwen aus dem Beserlpark“ zu einem FM4-„Doppelzimmer“ - mehr dazu in fm4.ORF.at. Auszüge daraus gibt es am Freitag in „Connected“ von 15.00 bis 19.00 Uhr zu hören. Auch Ö1 ändert sein Programm und bringt „Meine Heimat ist Israel und meine Sprache Hebräisch“ - mehr dazu in oe1.orf.at. Ab etwa 14.40 Uhr sind auf Radio Wien Auszüge aus einem Interview mit Rath zu hören.

TV-Programmänderungen in memoriam Rath

Das ORF-Fernsehen erinnert mit Sendungen in ORF2 und ORF III an die Persönlichkeit Rath: Nach einem Nachruf in der ZIB2 zeigt ORF2 Nikolaus Leytners historisches Filmdrama „Die Kinder der Villa Emma“ über die bewegende Geschichte einer Gruppe jüdischer Kinder, die 1941 von Wien aus aufbrechen, um nach Palästina zu flüchten. Anschließend an den Spielfilm ist in ORF2 das Porträt „Ari Rath – ein Bub aus Wien“, eine Produktion des ORF Wien aus dem Jahr 2013, zu sehen.

Ari Rath ist tot

Der frühere Chefredakteur der „Jerusalem Post“, Ari Rath, ist im Alter von 92 Jahren verstorben.

ORF III bringt nach einem Nachruf in der Freitag-Ausgabe von „Kultur Heute“ am Sonntag „Die Porzellangassenbuben – Ari Rath und Eric Pleskow im Gespräch“ (22.50 Uhr). Darin traf der legendäre Hollywood-Produzent und vielfache Oscar-Gewinner Pleskow in Wien im Jahr 2011 auf Rath, den Publizisten von Weltrang – beide aus Österreich Vertriebene und Holocaust-Überlebende, die erst im hohen Alter eine Gemeinsamkeit in ihren Biografien entdeckt haben.

Danach steht ein im Jahr 2014 unter dem Titel „Vergesst uns nicht, erzählt es weiter. Die letzten Zeugen" (23.45 Uhr) aufgezeichnetes außergewöhnliches Burgtheater-Projekt von Doron Rabinovici und Matthias Hartmann auf dem Programm ORF III, das sieben Überlebende des Holocaust auf der Bühne mit ihren Texten zu Wort kommen ließ.

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