Burschen angeschossen: 20 Jahre Haft

20 Jahre Haft wegen zweifachen Mordversuchs für jenen Mann, der bei einem Schussattentat im Sommer 2015 einen 13-Jährigen lebensgefährlich verletzt hat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der Verteidiger meldete Berufung an.

Die Geschworenen stimmten mit 7:1 Stimmen für Mordversuch im Fall des Landmanns des mutmaßlichen Täters und mit 8:0 Stimmen im Fall des damals 13-jährigen Burschen. Erschwerend wurde das Zusammentreffen von zwei Verbrechen gewertet sowie dass ein völlig Unbeteiligter Opfer einer Fehde geworden ist. Die Staatsanwaltschaft gab nach dem Urteil keine Erklärung ab.

Angeklagter in Prozess um Schussattentat in Brigittenau

ORF/Kanya

Der Angeklagte wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt

Unterweltfehde in Wien ausgetragen

Der Angeklagte soll im Zuge einer Unterweltfehde nach Wien geschickt worden sein, um auf einen Landsmann zu schießen, der einem Mitglied einer von Belgrad aus operierenden kriminellen Organisation einen größeren Geldbetrag geschuldet haben soll. Nachdem das Verfahren im November wegen Irrtums der Geschworenen - sie sprachen den 38-Jährigen frei - ohne Urteil zu Ende gegangen war, wurde am Donnerstag das Verfahren mit einem zur Gänze neu zusammengesetzten Schwurgericht wiederholt.

Der Angeklagte hatte am Vormittag weiter seine Unschuld beteuert. Täter soll seiner Aussage zufolge ein Bekannter sein, der sich mit dem Opfer zu einer Geldübergabe getroffen und dafür das Mietauto des Angeklagten ausgeborgt hatte. Er habe nur die Pistole entsorgt. Der angebliche Täter kann nicht mehr befragt werden, er wurde am 29. September in Belgrad Opfer eines Mordes.

Bekannte aus der Schulzeit

Angeklagter, Opfer und der dritte, angebliche Täter stammen aus Serbien und kannten einander aus der Schulzeit. Der 37-Jährige fuhr laut Anklage über Ungarn nach Wien und legte sich in der Marchfeldstraße auf die Lauer. Als das Opfer an dem sehr heißen Sonntagvormittag beim nahen Bäcker Frühstück holte, fiel ihm der Mann, der trotz Hitze lange Hosen, eine Jacke und eine dunkle Schirmkappe trug, auf. Er ließ das zuvor gekaufte Brot fallen und flüchtete.

Laut schreiend und zickzack laufend bog der Mann in die Pasettistraße ein, als ihm der damals 13-Jährige und dessen Vater auf Fahrrädern entgegenkamen. Sie wollten einen Badeausflug zur Donauinsel unternehmen. Zwei Schüsse verfehlten den Flüchtenden, einer traf ihn im Becken, und ein Schuss drang in den Bauch des Buben auf dem Rad ein. Der Bub sackte in der Sekunde mit einer lebensgefährlichen Verletzung zusammen. Er habe „ein Stechen im Bauch gefühlt“, sagte er im ersten Prozessgang. Er überlebte nur durch die rasche medizinische Betreuung.

Das erwachsene Opfer nannte einen Konflikt mit dem Angeklagten und einem Freund als Ursache, in dem es um die Beschaffung einer Wohnung in Wien als Drogenbunker ging. Am 8. Dezember 2015 wurde der Angeklagte schließlich festgenommen.

Angeklagter in Prozess um Schüsse in Brigittenau

APA/Roland Schlager

Der Angeklagte wurde im Dezember 2015 verhaftet

Auffallende Sportschuhe als Indiz

Der Staatsanwalt verwies auf Bilder einer Überwachungskamera, dabei ist zwar nicht das Gesicht des Täters zu sehen, jedoch seine Kleidung und die auffälligen Turnschuhe. Als der Angeklagte mit dem Leihauto Richtung Belgrad fuhr, wurde er von Grenzbeamten kontrolliert. Diese Überprüfung ist von Überachungskameras gefilmt worden, dabei sind die ausgefallenen Sportschuhe zu erkennen. Dieser trug auch die gleichen Turnschuhe, die auf einer Überwachungskamera in der Nähe des Tatorts festgehalten wurden.

Belastet wurde der Angeklagte am Donnerstag auch vom Vater des lebensgefährlich verletzten Jugendlichen. Nach seiner Aussage im ersten Prozess im November habe er den Angeklagten wiederholt gesehen, dabei sei ihm aufgefallen, „dass Statur, Größe und Bewegungsablauf zum Täter passt“.

Bis zu dem Schussattentat habe der mittlerweile 15-Jährige „eine glückliche Kindheit“ gehabt, sagte sein Vater am Donnerstag aus: „Die war mit einem Schlag vorbei.“ Der Freispruch im November sei für seinen Sohn ein Schlag gewesen. „Er hat gefragt: Woran soll ich da glauben?“, sagte sein Vater.