Forscher streifen durch das wilde Wien

Einen wilden Streifzug durch die Wien legen zwei Forscher unter dem Titel „Haie, Goethe und die Gurken“ in Buchform vor. Der Weg führt vom einstigen Wiener Tummelbecken für Haie bis zu Lebewesen, die Wien sogar im Namen tragen.

Als Einstiegspunkt in ihren Rundgang wählen der Geologe Thomas Hoffmann von der Geologischen Bundesanstalt und der Paläontologe Mathias Harzhauser vom Naturhistorischen Museum (NHM) Wien einen Blick in die Vergangenheit, als vor ungefähr 15 Millionen Jahren ein tropischer Ozean in der Region brandete.

Buchhinweis:

„Haie, Goethe und die Gurken. Zwei schräge Naturwissenschaftler auf Expedition durch das heutige Wien“ von Thomas Hofmann und Mathias Harzhauser, Metroverlag, 192 Seiten, 24,90 Euro

20 Meter große Haie

Im NHM kann man Überbleibsel von nicht weniger als 15 Hai-Arten betrachten, die vor 15 Millionen Jahren auf Raubzug gingen - darunter auch der mit geschätzten 16 bis 20 Metern größte jemals lebende Vertreter der Spezies mit dem klingenden Namen „Megaselachus megalodon“.

In Europas größter Hai- und Rochenvitrine im NHM

Metroverlag

In Europas größter Hai- und Rochenvitrine im NHM

Gurkenhauptstadt Österreichs

Aber auch das heutige Wien beherbergt Kurioses: So ist es nicht nur Österreichs Bundes- sondern auch Gurkenhauptstadt. Mit Akribie spüren Hoffmann und Harzhauser den mittlerweile 63 Millionen Gurken nach, die pro Jahr vor allem in Simmering gezogen werden. Auf den oft ausgedehnten Streifzügen in die Wiener Vergangenheit streuen sie immer wieder Zitate aus zeitgenössischen Presseberichten ein.

Rückseite der Universität Wien nach dem Beben in
Seebenstein am 16. April 1972

Metroverlag

Rückseite der Universität Wien nach dem Beben in Seebenstein im April 1972

Von Hundekot bis Radioaktivität

Darunter auch historische Betrachtungen zu einem besonderen, immer wiederkehrenden Wiener Thema: Der Hunde- und davon abgeleiteten Hundstrümmerl-Frage und deren Begleiterscheinungen. Die Beziehung Wiens zur Donau und seiner Einwohner zu exotischen Tieren oder ein Abriss über den Boden, auf dem die Stadt steht, dienen ebenfalls als Ausgangpunkte für die „Wanderungen“.

Über die Wien innewohnende Radioaktivität und heimische Beiträge zu deren Erforschung kommen die Autoren, die in dem Buch „Wo die Wiener Mammuts grasten“ bereits im vergangenen Jahr einen historisch-naturwissenschaftlichen Stadtspaziergang unternahmen, auch auf eine aus heutiger Sicht unglaubliche Ausstellung zu Sprechen: So pilgerte zeitgenössischen Quellen zufolge 1896 „ganz Wien zu den ‚Aschantis‘“, einer Gruppe Schwarzafrikaner, die im „Wiener Thiergarten“ nahe dem Prater in einem eigenen Dorf ausgestellt wurden - mehr dazu in Grasende Mammuts am Wiener Meer.

Im Jahr 1828 kam die erste Giraffe nach Schönbrunn

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Im Jahr 1828 kam die erste Giraffe nach Schönbrunn

Voraussetzungen für Erdbeben

Bei all den Themenwechseln filtern die beiden Wissenschafter das Kuriose immer wieder durch ihre fachlichen Brillen. Über die geologischen Voraussetzungen für Erdbeben in und um Wien erfährt der Leser quasi im Vorbeigehen etwas. Und ebenso rasch und verständlich schlagen die Autoren die Brücke von großen plattentektonischen Veränderungen hin zu ihren Auswirkungen auf das heutige Aussehen von Pferden, deren Vorfahren sich im Raum Wien übrigens schon Millionen Jahre vor den ersten, nach Pferdeleberkäse gierenden Wienern bewegten.

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