Fiaker bis U6: Tour führt durch Wiens Gerüche

Die Stadt durch ihren Geruch erkunden - darum geht es bei „Smells Like Wien Spirit“. Der Rundgang hat sich zum Ziel gesetzt, den Menschen die olfaktorischen Eigenschaften der Stadt wieder näher zu bringen.

Eugene Quinn ist kein Unbekannter. Über die Führung „Vienna Ugly“, die er organisiert und die auch zum Teil eine Debatte über die Gewerbeordnung ausgelöst hatte, gab es zahlreiche Medienberichte – mehr dazu unter Streit über „hässlichste“ Tour durch Wien. Seit einigen Monaten hat der gebürtige Brite, der Teil der Plattform „Space and Place“ ist, ein neues Projekt. Diesmal geht es nicht um die hässlichsten Gebäude, sondern um die interessantesten Gerüche.

„Wenn man zu lange an einem Ort ist, nimmt man den Geruch gar nicht mehr richtig wahr.“ Deshalb hat Quinn den Geruchsspaziergang ins Leben gerufen. Er wendet sich damit nicht nur an Touristen sondern auch an Wienerinnen und Wiener, die dadurch an ihrer Heimatstadt eine neue Facette entdecken sollen.

Bewusst an einer öffentlichen Toilette riechen

„Wien besteht nicht nur aus Sisi“, sagt Quinn, der damit auf den Kitsch anspielt, der seiner Meinung nach oft auf Stadtrundgängen zelebriert wird. Deshalb wird bei „Smells Like Wien Spirit“ auch Wert darauf gelegt, viele Bereiche der Stadt abzudecken. Gestartet wird in Ottakring am Yppenplatz, wo an einer öffentlichen Toilette gerochen wird. Es handelt sich aber um eine ganz besondere ihrer Art - mehr dazu unter Toiletten werden zu Erlebnis-WCs.

U6-Station Währinger Straße

ORF

Umstrittener Geruch: Die Linie U6

Auch die Linie U6, deren Geruch in Wien nicht überall einen guten Ruf genießt, steht auf dem Programm. „Sie riecht aber nicht so schlecht, wenn man es analysiert“, meint Quinn. Der Duft der Fiakerpferde und ihrer Hinterlassenschaften wird ebenfalls thematisiert.

Wien muss internationalen Vergleich nicht scheuen

Besucht werden aber natürlich auch Orte, deren olfaktorischer Mehrwert weniger umstritten sein dürfte, wie etwa die Ottakringer Brauerei, die Manner-Fabrik, Kaffeehäuser wie das Jelinek oder das Meinl und Betriebe wie die Saint-Charles-Apotheke. Auch an der Frischluft wird mit der Nase erkundet.

„Wien ist verglichen mit anderen Städten eine sehr gut riechende Stadt“, so der Veranstalter, der diesen Umstand auch auf das Engagement der MA 48 zurückführt. Wie Wien aber genau rieche, sei von der Jahreszeit abhängig. „Jetzt zum Beispiel riecht es im Augarten sehr nach Bärlauch.“

Weitere Projekte folgen

Nach der medial vielbeachteten „Vienna Ugly“-Führung ist „Smells Like Wien Spirit“ ein weiterer Schritt im Bereich der kreativen Stadtspaziergänge. Dieses Projekt stößt ebenfalls auf großes Interesse, sogar in der Heimat des Erfinders. So berichtete etwa die Zeitung „The Guardian“ über die Führung. Auch deshalb sind die meisten Touren auf Englisch.

Schon bald wird es aber wieder neue Projekte geben, unter anderem auch mit deutschsprachigen Terminen. Im Mai sollen anlässlich des hundertjährigen Jubiläums der Russischen Revolution die Überschneidungen mit diesem Kulturkreis beleuchtet werden. „Im Flakturm gibt es kyrillische Graffitis der Kriegsgefangenen, die ihn errichtet haben“, so Quinn. Es gäbe aber auch viele Gemeinsamkeiten und eine große hier lebende russische Community, die aber meistens nicht beachtet werde.

Im September ist dann, in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Wien, ein Projekt mit lebenden Statuen geplant. Schauspieler sollen dabei berühmte Wiener Persönlichkeiten wie Kaiser Franz Joseph I. oder Mozart verkörpern.

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