Hausbesetzung: Polizei will verhandeln

In Penzing hat nach Schätzungen der Polizei eine Gruppe von 20 bis 30 Personen ein Haus in der Kienmayergasse besetzt. Sie soll sich weigern, das Gebäude zu verlassen. Die Polizei setzt nun vorerst auf Gespräche.

„Wenn wir vermittelnd tätig werden können, werden wir das tun. Man wird auf alle Fälle versuchen, die Leute friedlich rauszubekommen“, sagte Polizeisprecher Paul Eidenberger. Bisher zeigten die Hausbesetzer allerdings nicht allzu viel Gesprächsbereitschaft.

Vermittler mit Eiern beworfen

Als ein Eigentümervertreter in Begleitung von zwei Polizisten am Ostermontag Kontakt aufnehmen wollte, wurden ihm Eier hinterhergeworfen.

Sendungshinweis

„Wien heute“, 18.4.2017

Laut dem Polizeisprecher handelt es sich um ein Abbruchhaus. Den Besetzern werde wegen an der Fassade angebrachten Graffiti unter anderem Sachbeschädigung vorgeworfen. Wenn der Besitzer der Immobilie eine Räumung verlangt und festgestellt wird, dass durch die Besetzung schwerwiegend in seine Rechte eingegriffen wird, könnte die Aktion auch sicherheitspolizeilich beendet werden. Davon sei aber noch keine Rede, betonte Eidenberger. Derzeit stünden die Zeichen auf „Dialog und Deeskalation“.

Besetzer wollen „das Grätzel schützen“

Am Ostersonntag war in einem Blog zur Besetzung aufgerufen worden: „Wir haben ein Haus besetzt, kommt vorbei! Kommt vorbei, wenn ihr ausbrechen wollt, wenn ihr etwas tun wollt, wenn ihr keinen Bock auf all den Dreck im Alltag habt, wenn ihr Lust auf Auseinandersetzung mit anderen und dieser Stadt habt!“ Die Initiatoren riefen potenzielle Teilnehmer auf, „sich nicht verdrängen zu lassen“ und „das Grätzel zu schützen“, außerdem solle man Nützliches wie Töpfe, Essen, Müllsäcke und Klopapier mitbringen.

Grafik Kienmayergasse 15

ORF

65 Eigentumswohnungen geplant

Der Eigentümer des besetzten Hauses versucht mit den bestehenden Mietern „in direkter Absprache individuelle Lösungen“ zu finden, hieß es am Dienstag in einem knappen Statement. Eigentümer ist das Immobilienunternehmen Vestwerk. Ob den Hausbesetzern die Räumung bevorsteht, wollte man nicht kommentieren.

„Bei unserem Projekt in der Kienmayergasse haben wir von Anfang an sämtliche Beteiligten in mögliche Entscheidungsprozesse miteingebunden“, hieß es in dem schriftlichen Statement. „Als Projektentwickler sind wir natürlich auch bemüht, mit unseren Konzepten die jeweiligen Liegenschaften aufzuwerten und nachhaltigen Wohnraum zu schaffen“, so Maximilian Kneussl, Managing Partner bei Vestwerk.

Der Umbau des Hauses soll laut Vestwerk im Herbst 2017 beginnen, die Fertigstellung ist für Sommer 2019 geplant. Insgesamt werden 65 Eigentumswohnungen gebaut. Ein weiteres aktuelles Projekt, das Vestwerk derzeit in Wien umsetzt, ist die Revitalisierung des Kronenhauses in der Mariahilfer Straße 110. Das Gebäude, in dem sich die Apotheke „Zur Kaiserkrone“ befindet, soll bis Mitte 2019 in ein Kaufhaus auf drei Ebenen umgebaut werden.

Anrainer solidarisieren sich mit Besetzern

Kein Problem mit den Besetzern haben die Anrainerinnen und Anrainer im Nebenhaus, welches demselben Eigentümer gehört. „Ich finde das super. Nur soll das halt gewaltfrei abgehen“, sagt ein Nachbar gegenüber „Wien heute“. Eine Nachbarin meint: „Das finde ich in Ordnung. Weil das Haus steht desolat seit Jahren. Es wird uns immer versprochen, es wird was gemacht. Es wird nichts gemacht.“

Die Mieter des Nachbarhauses üben am Eigentümer Kritik. Er lasse das Haus verkommen, um sie zum Ausziehen zu bringen. „Meine Wohnung hat einen Wasserschaden. Das geht schon fünf Jahre. Das wird nicht repariert. Ich war schon beim Konsumentenschutz“, so eine Mieterin.

Hausbesetzung in Wien-Penzing

Die Poliziei versucht zwischen dem Eigentümer und den Aktivisten zu vermitteln. Anrainer kritisieren gegenüber „Wien heute“ den Eigentümer.

Vestwerk widerspricht den Vorwürfen der Anrainer in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber „Wien heute“. „Wir haben von Anfang an sämtliche Beteiligte in mögliche Entscheidungsprozesse mit eingebunden. So auch die bestehenden Mieter. Wir sind natürlich auch bemüht mit unseren Konzepten die jeweiligen Liegenschaften auf zu werten und nachhaltigen Wohnraum zu schaffen“, heißt es in der Stellungnahme.

Erinnerungen an „Pizzeria Anarchia“

Zuletzt hatte eine Hausbesetzung im Juli 2014 in Wien für Aufsehen gesorgt. Nach der Räumung der „Pizzeria Anarchia“ in der Leopoldstadt hat es viel Kritik am 870.000 Euro teuren Polizeieinsatz mit mehr als 1.400 Beamten gegeben, die letztlich 19 Aktivisten aus dem Gebäude entfernten. Die Besetzer hatten sich mit auszugsunwilligen Hausbewohnern solidarisiert, nachdem zuvor der Inhaber den Aktivisten zweieinhalb Jahre vor der Räumung erlaubt hatte, für ein halbes Jahr gratis dort zu wohnen - mehr dazu in „Pizzeria Anarchia“: Die Lehren der Polizei.