Malariatherapie: Gespräche über Entschädigung

Frühere Heimkinder, die in den 1950er und 1960er Jahren, fragwürdige „Malariafiebertherapien“ über sich ergehen lassen mussten, haben bis heute keine Entschädigung erhalten. Mitte August soll es Gespräche mit der Stadt geben.

Während ehemalige Heimkinder vom Wilhelminenberg für ihre erlittenen Misshandlungen entschädigt wurden, war das bei Betroffenen der Malariatherapie nicht der Fall. Der Wiener Anwalt Johannes Öhlböck kämpft seit Jahren für eine Entschädigung.

Die Stadt Wien, die Medizinische Universität Wien oder die Volksanwaltschaft habe den Wunsch nach Entschädigung „formal abgewiesen mit dem Argument der Verjährung“. Man sei nicht näher auf die Dinge eingegangen, kritisiert Öhlböck.

„Auch für Fehler der Vergangenheit einstehen“

Mithilfe von Patientenanwältin Sigrid Pilz will Öhlböck nun versuchen, eine Entschädigung zu erwirken, wie der „Standard“ berichtete. Pilz hat nochmals die zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) sowie das Rektorat der MedUni Wien kontaktiert.

„Um darauf hinzuweisen, dass Unrecht auch Unrecht bleibt, wenn es schon lange her ist und dass wir auch für die Fehler der Vergangenheit einstehen müssen“, sagt Pilz. Mitte August wird es Gespräche mit Frauenberger geben, die derzeit auf Urlaub ist. Ihr Sprecher betont, dass man sich bemühen werde, eine Lösung zu finden.

Studie sorgte für Wirbel

Bis in die 1970er Jahre wurden psychisch Kranke mit Malaria infiziert, um sie zu behandeln. Nirgends wurde diese heute verpönte Therapie so lange und breit praktiziert wie in Wien. Allerdings sei sie damals zulässig gewesen, erklärte die von der MedUni Wien eingesetzte Historikerkommission unter der Leitung von Gernot Heiss - mehr dazu in Malariatherapie in Wien „Sonderfall“. Die Kommission konzentrierte sich auf die Wiener Klinik unter der Leitung von Hans Hoff (1951-1969).

Nach Veröffentlichung der Studie stellte sich heraus, dass der Bruder von Studienautor Heiss ab 1966 an der Klinik Hoff gearbeitet hat, wo die Malariatherapie angewandt wurde - mehr dazu in Malaria-Therapie: Kommissionschef befangen?

Keine Betroffenen für Studie befragt

Eine zumindest inhaltliche Befangenheit sehen die wissenschaftlichen Ex-Mitarbeiter des Historikers Heiss aber dennoch. In einer Stellungnahme schrieben sie: Uns ist aufgefallen, dass es Vorbehalte gab, ärztliches Handeln kritisch zu reflektieren. Es wurde immer als wohlwollendes therapeutisches Handeln verstanden.

Und weiter: Diese von uns als Befangenheit aufgefasste Stoßrichtung der Untersuchung spiegelt sich in der Auswahl der Interviewpartner wider. Während Gernot Heiss mit diversen Ärzten sprach, unter denen auch ehemalige Arbeitskollegen seines Bruders waren, lehnte er die Befragung von Betroffenen kategorisch ab.

Opfer von Veröffentlichung überrascht

Noch lebende Opfer waren von der Veröffentlichung der Studie überrascht worden. Anwalt Johannes Öhlböck vertritt mehr als zehn Personen, die zwischen 1961 und 1968 in der Klinik Hoff an der Wiener Universitätsklinik für Psychiatrie mit dem Malariaerreger infiziert wurden.

Die Opfer wollten sich in die Aufarbeitung der Thematik einbringen. „Ein Großteil der Opfer lebt noch und hat eine sehr konkrete Erinnerung.“ Mehrmals habe man versucht, sich einzubringen, stieß aber immer wieder auf Ablehnung bei den Leitern des Forschungsprojekts - mehr dazu in Malariatherapie: Heftige Kritik der Opfer.

Links: