Ärztekammer warnt vor „Hausärzte-Sterben“

Seit Jahren warnt die Ärztekammer vor einem „Hausärzte-Sterben“ in Wien. Derzeit stehen 14 Kassenordinationen leer, Tendenz steigend. Der Nachwuchs fehlt. Ärztekammer und Gebietskrankenkasse sehen verschiedene Ursachen.

Aufgrund einer Pensionierungswelle unter Wiens Hausärzten hat sich die Anzahl der frei werdenden Kassenordinationen in den vergangenen Jahren verdoppelt. In Zukunft wird es so weiter gehen: Die Ärztekammer schätzt, dass in zehn Jahren die Hälfte aller jetzt tätigen Medizinerinnen und Mediziner in Pension oder kurz davor sind. Es stehe ein eklatanter Mangel bevor, so die Kurie niedergelassene Ärzte der Wiener Ärztekammer.

Denn der Nachwuchs fehlt, vor allem in den Flächenbezirken. „Aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen für Allgemeinmediziner ist es nicht so attraktiv, dieses Fach zu ergreifen und da gibt es nun entsprechende Auswirkungen,“ sagt Johannes Steinhart, Kurienobmann der Ärztekammer, gegenüber Radio Wien.

Arzt verschreibt Diagnose

APA/Helmut Fohringer

Lehrpraxis „fehlt uns massiv“

Ein Problem sieht die Ärztekammer in der Ausbildung. „Das Erleben der Ordination, sprich die Lehrpraxis, fehlt uns massiv,“ so Steinhart. Es sei wichtig für die Nachwuchsmedizinerinnen und -mediziner Einblick in den Ordinationsalltag zu bekommen, um den Beruf als attraktiv wahrzunehmen.

Derzeit gibt es allerdings keine Finanzierung für die Lehrpraxis. „Hier sind wir ganz weit hinten und müssten schleunigst aufholen und Finanzierung bekommen von der Politik.“ Problematisch sei laut Ärztekammer außerdem der finanzielle Aspekt. Sie würden trotz Nachverhandlungen weit weniger verdienen als Fachärzte, so Steinhart. Er fordert daher u.a. einen Facharzt für Allgemeinmedizin. Zusätzlich würden gerade Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner unter dem enormen bürokratischen Aufwand leiden.

WGKK sieht punktuelles Problem

Derzeit sind 14 von 729 Ordinationen unbesetzt, doch durch die Pensionierungswelle werde die Zahl in den nächsten fünf bis zehn Jahren exponential ansteigen, warnt Steinhart. Die Gebietskrankenkasse sieht die Problematik entspannter. Manchmal brauche es eben mehrere Anläufe, um eine Ordination nachzubesetzen, die Regel sei das aber nicht.

Am Verdienst liegt es laut Direktor Andreas Obermaier jedenfalls nicht. „Wir haben in weniger als drei Jahren in Wien die Honorare mehr als 10,5 Prozent erhöht, das würden sich viele andere Berufsgruppen wünschen“, so Obermaier im Ö1-„Morgenjournal“.

Weniger Bürokratie, mehr Motivation

Ärztekammer, soziale Dienste und die Sozialversicherung müssten an einem Strang zur Entbürokratisierung ziehen, heißt es bei der Wiener Gebietskrankenkasse. Zudem wolle man die Anstellung von Ärzten bei anderen Ärzten ermöglichen - so können Allgemeinmediziner ohne wirtschaftliches Risiko tätig werden. Das blockiere allerdings die Ärztekammer.

Es liege außerdem in der Verantwortung der Ärztekammer, den Nachwuchs zu motivieren. Junge Medizinstudentinnen und -studenten würden ab dem ersten Tag ihres Studiums hören, welche Belastungen als Kassenallgemeinmedizinerinnen und -mediziner auf sie zukommen. „Hier muss auch die Ärztekammer überlegen, wie sie im Rahmen der Standespolitik das eigene Berufsbild vermittelt“, rügt Obermaier sachte.

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