Theater zeigt Welt „nach Trumps Absetzung“

Ab Montag zeigt das Theater Drachengasse, wie Amerika im Jahr 2019 aussehen könnte. In „Building the Wall“ ist US-Präsident Trump vom Amt enthoben. Die Regisseurin sieht in dem Stück einen Weckruf.

„Wir können nur hoffen, dass nicht allzu viel aus dem Stück wirklich passieren wird“, sagt Joanna-Godwin Seidl, Regisseurin von „Building the Wall“. Das englischsprachige Stück zeigt ein erfundenes Zukunftsszenario: Aufgrund der immer strenger werdenden Einreisevorschriften von US-Präsident Donald Trump werden zahlreiche Menschen in Gefängnisse gesperrt und ausgewiesen.

Building the Wall Theaterstück

Bolante Models

Das Stück wird in englischer Sprache aufgeführt

Als Trump 2019 in dem Stück schließlich seines Amtes enthoben wird, versucht die Geschichtsprofessorin Gloria, die vergangenen Jahre zu verstehen und besucht dafür den Trump-Unterstützer und ehemaligen Gefängniswerter Rick, der nun im Gefängnis auf die Todesstrafe wartet. Eines der zentralen Themen ist dabei der Rassismus in Amerika. Denn obwohl Gloria die Einzige ist, die sich Ricks Geschichte noch anhören möchte, weigert sich dieser aufgrund Glorias Hautfarbe zunächst, überhaupt mit ihr zu sprechen.

Autor orientiert sich an Hannah Arendt

Geschrieben wurde das Stück von Robert Schenkkan. Der amerikanische Autor und Produzent ist unter anderem für seine Mitarbeit an dem Oscar-prämierten Film „Hacksaw Ridge“ bekannt. „Building the Wall“ schrieb er während des US-Wahlkampfs innerhalb einer Woche. Dabei orientierte er sich an Hannah Arendts „Die Banalität des Bösen“.

Veranstaltungshinweis

„Building the Wall“ von 25. September bis 7. Oktober im Theater Drachengasse, Fleischmarkt 22, 1010 Wien

„Es ist nicht immer der Anführer, der das Fatale verursacht, sondern auch die Menschen, die nur den Anweisungen folgen und sich nicht wehren“, sagt Godwin-Seidl. Die Entscheidung für den Brexit und der drohende Rechtsruck in Europa veranlassten die Britin dazu, das Stück in Wien als Europapremiere zu inszenieren. Sie sieht in dem Stück vor allem einen Weckruf: „Die Dinge die hier passieren sind alle hypothetisch, aber wenn wir nicht aufpassen, können sie sehr wohl Realität werden.“

Hauptdarsteller Dave Moskin, der den Gefängnisinsassen Rick spielt, wünscht sich, dass das Stück einen Dialog anregt. „Viele Dinge, die ich in dem Stück sage, werden von Trump-Unterstützern als die eine Wahrheit geglaubt. Wir leben alle in unseren eigenen Filterblasen und kommen kaum mit Menschen in Berührung, die anders denken als wir selbst." Bei der Vorstellung erwarte er jedoch Menschen von allen politischen Seiten. Diese sollen durch das Stück dazu angeregt werden, im realen Leben miteinander zu sprechen.

Ein Facebook-Post „reicht einfach nicht mehr aus“

Auch Godwin-Seidl erhofft sich von dem Stück einen weiterführenden Dialog. Die Beschwerden und Klagen, die sie jeden Tag auf Facebook liest, sind für sie keine Lösungsvorschläge. „Im Englischen beschreiben wir das mit dem Wort ‚Slacktivism‘: Jeder postet, wie schlecht etwas ist und was nicht funktioniert, fügt ein weinendes oder böses Smiley hinzu und denkt, damit sei es erledigt", sagt die Regisseurin. "Aber das reicht einfach nicht mehr aus.“

Das Stück soll deswegen Probleme direkt ansprechen und so die Zuschauer nicht nur zum Nachdenken sondern auch zum Handeln anregen, auch wenn es nur im kleinen Rahmen ist. „Wenn wir in diesen zwei Wochen auch nur eine Person dazu bewegen, ihre Cola-Dose bewusst in das richtige Entsorgungsfach zu werfen, weil sie damit der Umwelt helfen möchte, dann haben wir unsere Arbeit erledigt.“

Melanie Gerges, wien.ORF.at

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