Pflegeskandal: Heim wusste nichts von Verfahren

Pfleger, die in Niederösterreich Patienten gequält haben sollen, haben während der Ermittlungen in Wien erneut als Pfleger gearbeitet. Das Heim habe offenbar nichts von dem laufenden Verfahren gewusst, so der Fonds Soziales Wien (FSW).

Die noch laufende Kontrolle durch den FSW habe ergeben, „dass zum Zeitpunkt der Einstellung der beiden Pflegepersonen nichts von dem laufenden Verfahren bekannt war.“ Erst im Juli hätten die zuständigen Leitungen zufällig davon erfahren. Gekündigt wurden die beiden jedoch zunächst nicht. Das Heim informierte laut FSW nur die Kollegen und vereinbarte mehr Kontrollen.

Vorfälle wie in Niederösterreich gab es laut den Befragungen der Bewohner durch den FSW nicht: „Es wurde von keinerlei negativen Zwischenfällen berichtet, teilweise wurde ausdrücklich ein positiver Eindruck der Betreuung formuliert“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.

Neuer Betreiber im Oktober

Unabhängig von der aktuellen Debatte finde derzeit eine Übernahme des Hauses durch einen neuen Betreiber statt. „Mit diesem neuen Betreiber wurde vereinbart, dass sämtliche Qualitätsstandards im Haus zu überarbeiten sind, darunter auch der Personalrekrutierungsprozess“, so der FSW. Bis dahin wurde dem Heim die Anerkennung entzogen. Der FSW beanstandete „einige nicht akzeptable Details in der Personalplanung, Diensteinteilung und Pflegedokumentation“.

Kritik von Patientenanwältin

„Wer Mitarbeiter einstellt, führt üblicherweise ein ausführliches Aufnahmegespräch und macht sich ein Bild über den bisherigen Werdegang und die Motivation des Bewerbers“, sagte Pilz. Entweder seien seitens der Verantwortlichen des Wiener Heims „diese Minimalstandards nicht eingehalten oder noch schlimmer, trotz bekannter Verdachtslage die Pflegepersonen beschäftigt“ worden, kritisierte sie.

Es müsse der Frage nachgegangen werden, ob es für die Pflegebedürftigen im Haus dadurch Nachteile gegeben habe. Bewohner des Heims und deren Angehörige können sich am Freitag im Rahmen des Sprechtags an Pilz, die Vorsitzende der Heimkommission ist, wenden.

Gesetzesänderung gefordert

Der Anwalt der Beschuldigten sagte am Donnerstag im Ö1-Morgenjournal, dass die Leitung des Wiener Pflegeheims von den laufenden Ermittlungen gewusst habe. Christian Pilnacek, der Leiter der Sektion Strafrecht im Justizministerium, hat sich für zumindest vorübergehende Berufsverbote ausgesprochen, wenn in derartig gravierenden Fällen ermittelt wird - ähnlich wie es das etwa bei Ärzten bereits gibt. Pilnacek sieht hier dringenden Handlungsbedarf - mehr dazu in Pflegeskandal: Pilnacek für Gesetzesänderung.

Laut dem Chef des Fonds Soziales Wien (FSW), Peter Hacker, wird derzeit untersucht, ob das Heim über die Vorwürfe informiert war und wenn ja, welche „Maßnahmen und begleitende Maßnahmen gesetzt worden sind“ - mehr dazu in Pflegeskandal: Hacker will Gesetzesänderung.

Ex-Pflegekräfte gegen Gelöbnis frei

Die beiden am Mittwoch festgenommenen ehemaligen Pflegekräfte des Pflegeheims in Kirchstetten sind am Donnerstag enthaftet worden. Man nahm ihnen das Gelöbnis ab, bis zum Ende des Verfahrens nicht mehr im Pflegebereich tätig zu sein. Das teilte Franz Cutka, Präsident des Landesgerichts St. Pölten, am Donnerstag mit - mehr dazu in Zwei Festnahmen in Pflegeskandal (noe.ORF.at).

Links: