Tag der Flucht: Flucht durch Kinderaugen

Auch in seiner sechsten Auflage legt der Lange Tag der Flucht seinen Schwerpunkt auf Schulklassen. Warum dies besonders wichtig ist, haben das ZOOM Kindermuseum, der Dschungel Wien und das Don Bosco Flüchtlingswerk erzählt.

„Wir wollten Menschen zeigen, wie es sich anfühlt, ein Flüchtling in Österreich zu sein“, sagt Eva Kern, Geschäftsleitung des Don Bosco Flüchtlingswerks. Für den langen Tag der Flucht hat sie deshalb bereits zum zweiten Mal den Parcours „Feel like a Refugee“ zusammengestellt.

Dschungel Aufführung Langer Tag der Flucht

Pablo Leiva

Der Dschungel zeigt das Stück „Die Geschichte eines Jungen aus Afghanistan“

Seit 2012 wird der Lange Tag der Flucht vom UNHCR in Österreich organisiert und bietet heuer über 40 Veranstaltungen in Wien zu den Themen Flucht, Asyl und Integration. Zahlreiche Museen wie die Albertina oder das Belvedere aber auch Institutionen wie der Diakonie Flüchtlingsdienst oder das Flüchtlingsprojekt Ute Bock bieten in diesem Jahr Veranstaltungen an. Der Schwerpunkt liegt dabei erneut auf einem Programm für Schulklassen.

Jugendliche schlüpfen in die Rolle eines Flüchtlings

So ist etwa der Parcours im Don Bosco Flüchtlingswerk für Jugendliche ab der 5. Schulstufe geeignet. Hier wird jedem Teilnehmer eine Rolle zugewiesen, die er im Verlauf des gespielten Asylantrages verteidigen muss. Immer wieder müssen die Jugendlichen ihre zugewiesene Geschichte in den Stationen „Erstaufnahme“, „Altersfeststellung“, „Befragung beim BFA“ „Sprachkurs“ und „Bekanntgabe des Bescheids“ erzählen.

„Wir haben versucht es so darzustellen, wie es auch stattfindet: viele Leute an einem Ort, lange Wartezeiten und die ständige Angst davor, dass jemand einem die eigene Lebensgeschichte nicht glaubt“, sagt Kern. Sie beschreibt den einstündigen Parcours als eine „Lightversion“ der Situation in Österreich. „Die ständigen Anfeindungen im Alltag zeigen wir dabei nicht.“

Vor allem für Jugendliche sei dieser Parcours wichtig. „Es liegt in unserer Verantwortung als Eltern, Lehrer und Bezugspersonen, es den Kindern zu ermöglichen, ohne Hass aufzuwachsen, den sie von Geburt an ohnehin nicht haben. Denn Kinder sind bereits mit Flüchtlingen konfrontiert und gehen meist unbelastet auf sie zu.“

Klischees und Vorurteile sollen relativiert werden

Dieses Unbelastete ist auch Florian Staffelmayr wichtig. Als Regisseur und Autor zeigt er am Freitag im Dschungel Wien das Stück „Die Geschichte eines Jungen aus Afghanistan“. Dieses erzählt vom Leben eines jungen Mädchens, das als Junge in Afghanistan großgezogen wurde, um in die Schule gehen zu können. Nach einem Bombenanschlag, bei dem ihr Vater ums Leben kommt, flieht sie nach Europa.

„Themen, die im öffentlichen Raum besprochen werden, sei es Krieg oder Flucht, müssen auch für Kinder zugänglich gemacht werden“, sagt Staffelmayr. Seiner Meinung nach sei es falsch, Kindern zu sagen, sie seien zu jung, um ein Thema verstehen zu können. Vielmehr läge es in der Verantwortung der Erwachsenen, einen Weg zu finden, die Dinge greifbar zu machen. Ziel des Stückes sei es, Klischees und Vorurteile, die bei dem Thema Flucht häufig genannt werden, zu relativieren.

„Es wird immer nur mit Schlagwörtern und Zahlen gearbeitet aber wenn man dem Ganzen ein Gesicht gibt, dann hat die Situation eine andere Wirkung. Nur so gelingt es, wieder das Individuum statt einer großen Zahl zu erkennen und die Situation in einen neuen Kontext zu setzen.“

Ausstellung ZOOM Langer Tag der Flucht

ZOOM Kindermuseum/J.J. Kucek

Die neue Ausstellung im ZOOM Kindermuseum läuft bis 25. Februar

ZOOM stellt Zusmmenleben in den Vordergrund

Staffelmayr ist in diesem Jahr an einem weiteren Projekt des Langen Tag der Flucht beteiligt. Er half bei der Ausarbeitung der neuen Dauerausstellung „Du und ich, dort und da“ im ZOOM Kindermuseum. „Wir haben mit vielen jungen Geflüchteten über ihre Geschichte gesprochen. Diese Erzählungen hat Florian Staffelmayr dann für uns zu Geschichten verdichtet, die wir in der Ausstellung zeigen“, erzählt Thomas Marschall, Kurator der Ausstellung.

Insgesamt werden sechs Geschichten geflüchteter Kinder und Jugendlicher im Verlauf der Ausstellung erzählt. Ziel dieser Geschichten sei auch hier, die Situation für Kinder greifbarer zu machen. „Kinder haben viel eher Kontakt mit Geflüchteten als Erwachsene. In vielen Schulklassen sind schon ein bis zwei geflüchtete Kinder“, sagt Marschall. Die Ausstellung stelle deshalb das Zusammenleben in den Vordergrund.

„Die Flucht ist ein Aspekt, die Ankunft und das Zusammenleben ein viel größerer, weil er uns alle noch lange beschäftigen wird.“ Für Marschall ist die Arbeit mit Kindern auch aus diesem Grund besonders wichtig. Kinder seien im Umgang mit ihrer Umwelt unverblümt und stellen im Gegensatz zu Erwachsenen jede Frage, die sie beschäftigt. „Diese unverblümte Brille, mit der Kinder die Welt sehen, könnte auch den Erwachsenen in dieser Situation oft helfen“, sagt Marschall.

Melanie Gerges, wien.ORF.at

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