Salat durch U-Bahn-Wärme
„Ich wollte ganz im Sinne des Do-it-Yourself-Trends eine Konstruktion machen, die jeder nachbauen kann“, sagt Markus Jeschaunig. Im Rahmen der Wiener Biennale hat der Künstler deshalb mit der Stadtfabrik des Museum für angewandte Kunst (MAK) die „Urban Oasis“ gebaut, ein Gewächshaus in der Friedrichstraße. Auf einem Luftschacht der U-Bahnstation Karlsplatz wachsen so verschiedene Zupfsalate, Vogerlsalat und Kräuter wie Basilikum und Minze mitten in der Innenstadt.
eSeL/ Lorenz Seidler
Die Funktionsweise des Gewächshauses sollte dabei möglichst einfach gehalten werden. Das doppelt isolierte Glashaus wird durch die herausströmende Luft der U-Bahnstation geheizt. Durch ein Solarpanel auf dem Glasdach können nachts Tageslichtlampen betrieben werden. So funktioniert das Gewächshaus fast vollständig selbstständig.
Anrainer helfen bei der Gartenarbeit
Nur die Bewässerung wollte Jeschaunig nicht automatisieren. Ihm war es wichtig, mit dem Projekt die Anrainer anzuregen, sich daran zu beteiligen. Mittlerweile entstand so eine eigene Pflanzenpflegegruppe. „Die Nachbarn sind alle sehr begeistert von dem Projekt, weil es für sie in der Großstadt vor allem im Winter nur schwer möglich ist, selbst anzupflanzen“, sagt Jeschaunig.
Vor kurzem gab es bereits die erste Verkostung. „Wir haben uns damals für Salate und Kräuter entschieden, weil wir möglichst schnell Ergebnisse haben wollten", sagt der Künstler. „Das hat aber ganz gut gepasst: Gegenüber sind ein italienisches und vietnamesisches Restaurant, die können das verkochen.“ Im Ausgleich dafür kümmern sich die Besitzer ebenfalls um die Pflege des Gewächshauses.
Bis Anfang November wachsen die Salate und Kräuter noch in der Friedrichstraße, dann läuft die Genehmigung für den Bau ab. Jeschaunig erhofft sich jedoch, dass das Gewächshaus andere zu ähnlichen Projekten inspiriert. „Das Motto ist ganz klar: Kopieren erwünscht“, sagt er. „Es ist eine Einladung an alle, sich über die Ressourcen- und Energienutzung im eigenen Umfeld Gedanken zu machen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.“
eSeL/Lorenz Seidler
Überschüssige Energiequellen effizienter nutzen
Mit dem Projekt möchte Jeschaunig die Idee des „synergetischen Urbanismus“ hervorheben. „Es geht darum in dem ineffizienten Stadtkörper, in dem jeder nur privat nebeneinander wohnt, gemeinsam zu arbeiten und überschüssige Energiequellen möglichst effizient zu nutzen“, sagt er.
„Urban Oasis“ sei dafür nur ein Prototyp. „Es sind alle Komponenten da, um das Ganze auch größer aufzuziehen“, sagt Jeschaunig. „Logistikzentren von Supermärkten haben etwa eine viel größere Abwärmemenge, da könnten Gewächshäuser gebaut werden, die hunderte Quadratmeter groß sind und kontinuierlich bepflanzt werden könnten.“
Melanie Gerges, wien.ORF.at