Verhüllungsverbot: Anzeige wegen Hai-Kostüm

Das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz sorgt weiter für Aufregung. Eine Anzeige gab es etwa wegen eines Hai-Darstellers bei einer Geschäftseröffnung in der Innenstadt. Zudem protestierte ein algerischer Millionär vor dem Außenministerium.

Der Hai-Darsteller war am Rande der Eröffnung einer McShark-Filiale im Goldenen Quartier im Einsatz. Beamte der Wiener Polizei forderten den Mann im Haikostüm auf, die Verkleidung abzulegen. Dieser soll sich zunächst geweigert haben, sagt der Geschäftsführer der Werbeagentur Warda-Network, Eugen Prosquill, der die Aktion geplant hat. Letztlich nahm der Darsteller dann doch die Maske ab, die Anzeige wurde trotzdem gelegt.

Hai im Goldenen Quartier

Warda Network

Der Hai-Darsteller weigerte sich zunächst, die Maske abzunehmen

Polizei wurde wegen Hai gerufen

Polizeisprecher Harald Sörös bestätigte, dass es hier eine Anzeige nach dem Verhüllungsverbot gegeben habe, und zwar gegen den Auftraggeber des „Hais“, den Shopinhaber. Der Sprecher betonte aber, dass die Beamten nicht aus Eigeninitiative tätig wurden, sondern auf Aufforderung: „Es war keine eigene dienstliche Wahrnehmung. Eine Person hat die Polizei gerufen wegen eines Vermummten.“ Dann nahm der übliche Rechtsweg seinen Lauf und wird wohl in einem Präzedenzfall münden. Die erfolgte Anzeige sei „ein normaler Vorgang im Verwaltungsrecht“ und keinesfalls eine Schuldzuweisung.

Prosquill ist jetzt unsicher, ob er weiter PR-Aktionen mit Maskottchen plant, wie er gegenüber „Heute“ sagt: „Es wäre auf jeden Fall schade, wenn es ab jetzt keine Maskottchen mehr geben würde.“ Auf Twitter äußerte sich die Polizei zu dem Zwischenfall, es sei im „Sinne der Berufsausübung die Verhüllung erlaubt“, heißt es dort.

Verhüllungsverbot Millionär Strafe

ORF

Der Millionär will weiter demonstrieren

Demonstrant erhielt Strafe

Am Mittwoch demonstrierte der algerische Millionär Rachid Nekkaz am Minoritenplatz in der Inneren Stadt. Er hatte angekündigt alle Strafen wegen dem Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz zu zahlen. Für den Protest verhüllte er sich mit einer Halloween-Maske, einem Bild von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Hundert-Euro-Scheinen. Die Polizei nahm ihn daraufhin kurz zur Seite und stellte ihm ein 50-Euro-Strafmandat aus. Er kündigte daraufhin an jede Woche protestieren zu wollen.

Kurz lässt die Aktion unbeeindruckt, dass Nekkaz in Österreich die Strafe für Frauen bezahlen will, die Nikab oder Burka tragen, ist laut Kurz „ein Versuch, unsere Gesellschaft zu beeinflussen, den wir nicht hinnehmen werden“. Die Vollverschleierung sei „ein Symbol der Gegengesellschaft und des politischen Islamismus, und diesen bekämpfen wir entschieden“, meinte er weiter. „Wir stehen zu unseren europäischen Werten, wie der Gleichstellung von Mann und Frau. Diese werden wir weiterhin unbeirrt verteidigen.“

Gesetzestext sei „allgemein gehalten“

Das Anti-Verhüllungsgesetz ist seit 1. Oktober in Kraft. „Es läuft schwierig, wie es zu erwarten war“, zog Manfred Reinthaler, Pressechef der Bundespolizeidirektion Wien, am Montag eine vorsichtige Zwischenbilanz über die ersten acht Tage der Umsetzung. Belastbare Zahlen, wie viele Amtshandlungen die neue Regelung bisher beschert hat, lagen noch keine vor, würden aber erhoben.

„Die Ausnahmen im Gesetz sind oft schwer auszulegen. Da müssen noch Klarstellungen getroffen werden“, sagte Reinthaler. Der Gesetzestext sei „allgemein gehalten, das muss man erst auf die Einzelfälle runterbrechen. Und es gibt dazu auch noch keine Judikatur“, gab der Hofrat zu bedenken.

Polizei erstellt „Spickzettel“

Die Wiener Polizei geht nun daran, „mögliche Sachverhalte“ anhand bisher aufgetauchter Vorfälle aufzulisten, um sie mit einer rechtlichen Einschätzung zu versehen. Diese Liste soll rund 20 Beispiele umfassen und den Polizisten im Außendienst als Hilfe dienen. Die Beamten sollen demnächst - noch am Montag oder am Dienstag - auf den „Spickzettel“ zurückgreifen können. In jedem Fall bräuchten diese „viel Fingerspitzengefühl“, hieß es von allen Seiten.

Wie viele Amtshandlungen auf Basis der neuen Rechtsgrundlage bisher gesetzt wurden, blieb zunächst unklar. In Wien sei eine Monatsstatistik in Auftrag gegeben worden, sagte Reinthaler. Erste Zahlen dürften aber schon nächste Woche vorliegen. Für die österreichweite Perspektive hielt Karl-Heinz Grundböck, Sprecher des Innenministeriums, fest: „Es gibt keine begleitende zentrale statistische Erfassung.“

Sonnenbrillen fällt „ganz klar nicht“ unter Verbot

Keine Anzeige habe es hingegen für die Wien-weit bekannten drei Straßenmusiker mit Pferdemasken gesetzt, auch keine diesbezügliche Drohung. Die Männer seien darauf hingewiesen worden, dass ihre Maskierung im Rahmen ihrer künstlerischen Tätigkeit bzw. Darbietung wohl weiterhin zulässig sei, sie aber danach nicht als Pferde ihren Standort verlassen dürften, sagte Sörös. „Es hat nur eine Rechtsbelehrung stattgefunden“ - mehr dazu in Verwirrung um Pferdemasken-Musiker.

Sonnenbrillen, auch große, fallen laut dem Wiener Polizeisprecher „ganz klar nicht“ unter das Verbot. Nicht ganz so eindeutig ist die Sache offenbar bei Tüchern oder Schals, die das Gesicht teilweise verdecken. Die Tageszeitung „Der Standard“ berichtete jüngst, eine Leserin sei, beim Rathaus mit Schal über dem Mund vorbeiradelnd, „abgemahnt“ worden. „Es gab ein kleines Gespräch mit der üblichen Identitätsfeststellung“, so Sörös dazu.

Unklarheit bei Temperaturen

„Es ist immer der Gesamtzusammenhang zu beurteilen und die Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen“, betonte Grundböck. Bei „Tatprovokation“ müsse die Polizei jedenfalls einschreiten, hielt Reinthaler fest. „Handelt es sich um eine bewusst gesetzte Provokation, um das Gesetz auszureizen, wird das nicht geduldet werden“, meinte auch Sörös.

Beim Schal beispielsweise ist die Sache aber offensichtlich schwierig. „Der Gesetzgeber hat keine Temperaturen festgelegt“, so Grundböck. „Das ist eine der unklaren Situationen, die jetzt einer Klärung zugeführt werden sollen“, kündigte Reinthaler an. Noch geprüft werde auch ein Vorfall mit einer Reporterin, die zu Recherchezwecken voll verhüllt durch die Innenstadt gewandert war und ihre Erfahrungen - nichts passiert - in einer Zeitung veröffentlicht hat. Motorradfahrer können laut dem Hofrat hingegen damit rechnen, dass sie auch nach dem Absteigen, etwa beim Tanken, ihren Helm auflassen dürfen.

Tatsächlich angezeigt wurde vergangene Woche eine junge Frau, die bei einer U-Bahnfahrt von der Zieglergasse bis zum Westbahnhof von einer Lehrerin und einer zweiten Passantin auf die Unrechtmäßigkeit ihrer Vollverschleierung hingewiesen worden war. Daraus entstand ein Streit, im Zuge dessen die Bushiya-Trägerin den beiden anderen Frauen jeweils einen Stoß versetzt haben soll. Niemand kam zu Sturz oder wurde verletzt. Die junge Frau wurden wegen versuchter Körperverletzung sowie nach dem Anti-Verhüllungsgesetz angezeigt - mehr dazu in Erster Großeinsatz wegen Verhüllungsverbots.

Aufregung wegen Halloween

Auch bezüglich Halloween gab es Aufregung. Auslöser war ein Artikel der „Niederösterreichischen Nachrichten“ („NÖN“). Laut Innenministerium bleiben Verkleidungen aber erlaubt. Zwar habe der Gesetzgeber „keine taxative Aufzählung“ getroffen, was im Sinne des Gesetzes unter den Begriff „Tradition“ falle, „die Polizei wird in der Vollziehung aber unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit eine weite Definition anlegen“, hieß es aus dem Innenministerium. Daher werde „ein Verkleiden im Rahmen der jährlichen Halloween-Veranstaltungen nicht unter dem Verhüllungsverbot dieses Gesetzes einzuordnen sein“ - mehr dazu in Kein Verhüllungsverbot zu Halloween (noe.ORF.at).

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