Angebliche Schutzgelderpressung: Freisprüche

Der Prozess gegen eine tschetschenische Erpresserbande hat heute im Straflandesgericht mit Freisprüchen geendet. Acht Männer waren beschuldigt worden, Schutzgeld von einem Frisör und einem Arzt gefordert zu haben.

Die Männer im Alter zwischen 27 und 40 Jahren wurden am Donnerstag nach dreitägiger Verhandlung von den gegen sie erhobenen Vorwürfen freigesprochen. Die Urteile sind bereits rechtskräftig. Die Staatsanwältin verzichtete auf Rechtsmittel.

Die Freisprüche für die acht gebürtigen Tschetschenen erfolgten keineswegs im Zweifel. Der Schöffensenat war vielmehr überzeugt, „dass das mit Sicherheit keine Erpressung war“, wie der Richter betonte. Ebenso haltlos war nach Ansicht des Gerichts die den Tschetschenen unterstellte Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ein einziger von ihnen kam nicht gänzlich ungeschoren davon. Weil er trotz Waffenverbots einen Schlagring besessen hatte, fasste der 33-Jährige drei Monate bedingt aus.

Freisprüche abgezeichnet

Die Freisprüche hatten sich abgezeichnet, nachdem am Donnerstag der Hauptbelastungszeuge sowie ein angeblich von Tschetschenen erpresster Floridsdorfer Friseur vernommen wurden. Der „Kronzeuge“ erschien dem Schöffensenat „höchst dubios“, wie Richter Andreas Böhm am Ende des Verfahrens feststellte. Hinsichtlich dessen Angaben bemerkte Böhm: „Alles, was der erzählt, ist unglaubwürdig.“

Dieser Zeuge, auf den sich die Staatsanwaltschaft gestützt hatte, wurde im Übrigen aus der Strafhaft vorgeführt. Der gebürtige Tschetschene war am 22. Mai 2017 vom Landesgericht für Strafsachen wegen Schlepperei und falscher Zeugenaussage zu 30 Monaten unbedingter Haft verurteilt worden, wobei diese Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist. Der 40-Jährige soll in zahlreichen Fällen zur entgeltlichen Schleusung von Syrern von Ungarn nach Österreich beigetragen haben, indem er dafür sein Fahrzeug zur Verfügung stellte und weitere Organisationsdienste leistete.

Vier Angeklagte enthaftet

Für vier Tschetschenen öffneten sich unmittelbar nach der Verhandlung die Tore der Justizanstalten Wien-Josefstadt bzw. Korneuburg, wo sie monatelang in U-Haft gesessen waren. Ihre Rechtsvertreter machten deutlich, dass angesichts der bereits in Rechtskraft erwachsenen glatten Freisprüche mit Anträgen auf Haftentschädigung zu rechnen ist.

Die anderen vier Freigesprochenen mussten dagegen vorerst im Gefängnis bleiben. Bei ihnen beantragte die Staatsanwältin die Fortsetzung der U-Haft, weil gegen sie ein weiteres Verfahren anhängig ist. Sie sollen an einem Brandanschlag auf eine Pizzeria im Stadtzentrum von Hollabrunn beteiligt gewesen sein.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen und Kosmetikfotos

Der Prozess fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. Auch das Prozessfinale wurde von einem Großaufgebot der Justizwache und Wega-Beamten überwacht, Besucher mussten sich vor Betreten des Verhandlungssaals ausweisen und eine zusätzliche mobile Sicherheitsschleuse passieren.

Den Männern war vorgeworfen worden, sie hätten von einem Arzt nachdrücklich verlangt, er müsse sofort mit dem illegalen Vertrieb von rezeptpflichtigen Medikamenten aufhören. Obendrein hätten sie von dem Mediziner 50.000 Euro gefordert. Einen Friseur in Wien-Floridsdorf hätten sie wiederum zum Zahlen von Schutzgeld gezwungen, nachdem dieser entgegen ihren Wünschen sein Geschäft nicht auf der Stelle geschlossen hatte. Um die Vorwürfe zu entkräften zeigte ein Verteidiger Fotos: Die Angeklagten ließen sich demnach von einem der Opfer kosmetisch behandeln - mehr dazu in Schutzgeld-Prozess mit Kosmetikfotos.