Michael Häupl macht Platz

Michael Häupl (SPÖ) ist der Wiener Bürgermeister mit der längsten Amtszeit seit dem 18. Jahrhundert. 1994 bezog er als Bürgermeister sein Büro. Am Landesparteitag wurde er von seiner Partei verabschiedet - mit einem eigenen Lied.

Häupl, am 14. September 1949 in Altlengbach in Niederösterreich geboren, stammt aus einer traditionell ÖVP-nahen Lehrerfamilie. Er besuchte unter anderem die Schule der Benediktiner in Seitenstetten und maturierte 1968 im Bundesrealgymnasium Krems. Dass er während der Schulzeit unter dem Kneipnamen „Roland“ in der schlagenden Studentenverbindung Rugia aktiv war, erwähnten vor allem politische Gegner gerne.

Michael Häupl ist das längstdienende Wiener Stadtoberhaupt seit Josef Georg Hörl (1773 - 1804).

Nach der Matura studierte er in Wien Biologie und Zoologie. Ab 1975 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Naturhistorischen Museum und promovierte zwei Jahre später über die Schädelkinetik bei Gekkoniden, den Kleinechsen der Tropen. Während des Studiums erfolgte ein politischer Richtungswechsel von Burschenschaft zum Verband Sozialistischer Studenten (VSStÖ). Von 1975 bis 1977 war er dessen Bundesvorsitzender, 1983 zog er in den Wiener Gemeinderat ein.

Michael Häupl auf einem Archivbild vom 5.9.1994

APA/Robert Jaeger

Michael Häupl auf einem Archivbild von 5.9.1994

Umweltgemeinderat ab 1988

Am 29. Jänner 1988 wechselte er auf Wunsch seines politischen Ziehvaters Helmut Zilk als Umweltstadtrat in die Stadtregierung. Endgültig zu Zilks Kronprinzen auf das Amt des Bürgermeisters avancierte Häupl schließlich am 23. April 1993, als er die Nachfolge Hans Mayrs als Vorsitzender der Wiener SPÖ antrat. Die Wahl zum Stadtoberhaupt erfolgte am 7. November 1994.

Michael Häupl auf einem Archivbild im Juli 1995

APA/Ullrich Schnarr

Häupl 1995

Häupl musste gleich bei seiner ersten Wahl 1996 eine Niederlage einstecken. Die rote „Absolute“ war vorübergehend Geschichte, es folgte eine SPÖ-ÖVP-Koalition. 2001 konnten die für die Wiener SPÖ gewohnten Verhältnisse jedoch wieder hergestellt werden, wohl auch dank des erklärten Lieblingsfeindes des Bürgermeisters - der schwarz-blauen Bundesregierung. Sie wurde zum Hauptangriffsziel im Wahlkampf - und ist es wohl auch noch heute.

Ein „Superstar“ der Sozialdemokratie

Der bekennende Anhänger von Austria Wien - im Kuratorium der Wiener Austria hat Häupl sogar den Vorsitz inne - macht unter anderem auf seinen wöchentlichen Pressekonferenzen am Dienstagvormittag immer wieder mit starken Sprüchen - „Wahlkampf ist Zeit fokussierter Unintelligenz“ - auf sich aufmerksam. Freund und politischer Konkurrent werden mit seinem Abgang wohl einen mächtigen Weggefährten bzw. einen wortgewaltigen Gegner verlieren.

Häupl konnte mit der politischen Konkurrenz ganz gut, vor allem mit einigen ÖVP-Granden. Mit dem bereits zurückgetretenen niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) war er befreundet, auch die Achse zum früheren Präsidenten der Wiener Wirtschaftskammer, Walter Nettig, funktionierte stets bestens, wie etwa die gemeinsamen Eröffnungen der Schanigartensaison und der Saison an der Alten Donau viele Jahre lang bewiesen.

Nettig und Häupl in einer venezianischen Gondel anlässlich der Eröffnung der Saison an der Alten Donau im Jahr 2003.

APA/Hans Klaus Techt

Nettig und Häupl in einer venezianischen Gondel anlässlich der Saisoneröffnung der Alten Donau 2003

Premiere für Rot-Grün im Wiener Rathaus

Die „Absolute“ konnte Häupl im Wahljahr 2005 nicht nur verteidigen, sondern sogar leicht ausbauen. Fünf Jahre später mussten die Roten mit 44,3 Prozent jedoch deutliche Stimmenverluste hinnehmen und kamen nur mehr auf 49 von 100 Mandaten. Häupl, der bis dahin als bekennender Großkoalitionär galt, entschied sich diesmal dennoch für einen Regierungspakt mit den Grünen, wobei er das Koalitionsabkommen mit „Man bringe den Spritzwein“ öffentlich besiegelte.

Michael Häupl Maria Vassilakou

APA/Hans Klaus Techt

Häupl mit der grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou

So wild und turbulent wie die Musik auf seinem Lieblingsalbum „London Calling“ von The Clash verliefen auch die vergangenen Monate für Häupl. Interne Gräben in der SPÖ brachen an der Flüchtlingsfrage auf, Bundeskanzler Werner Faymann trat zurück. Häupl wurde interimistisch Bundesparteichef. Bald schlug ihm aber rauer Wind aus der eigenen Partei entgegen, etwa vom einstigen Wiener Landesparteisekretär Christian Deutsch und auch aus den Flächenbezirken Wiens.

Versuche, mit einer Perspektivengruppe und einer Umbildung der Stadtregierung den Kurs zu korrigieren, mündeten schließlich in die Ankündigung Häupls, „zeitnah“ nach der Nationalratswahl seinen Hut zu nehmen. Das passierte am Landesparteitag am 27. Jänner, wo Michael Ludwig als sein Nachfolger gewählt wurde. Wann er dann auch als Wiener Bürgermeister gehen wird, will Häupl mit seinem Nachfolger als Landesparteichef noch genau besprechen - mehr dazu in Michael Ludwig neuer SPÖ-Chef.

Michael Häupl

APA/Herbert Pfarrhofer

Michael Häupl bei seinem Abschied als Landesparteivorsitzender

Weggefährten würdigten Häupl

Bei Häupls Abschied als Parteichef konstatierte Landesparteisekretärin Sybille Straubinger: „Michael Häupl kann man zu Recht als Legende bezeichnen.“ Nach der Wahl von Ludwig zum neuen Vorsitzenden wurde ein Video präsentiert, in dem Freunde und Weggefährten den nun ehemaligen Vorsitzenden würdigten. Bedeutende Wiener Sozialdemokraten wie Rudi Edlinger, Renate Brauner, Josef Cap, Heinz Fischer, Harry Kopietz oder Grete Laska ließen in dem Beitrag die gemeinsame Geschichte Revue passieren.

Bundesparteivorsitzender Christian Kern überreichte Häupl anschließend einen Zeitungsstapel - mit Meldungen über seinen Amtsantritt 1993 (als Parteichef) bzw. 1994 (als Bürgermeister). Auch Gewerkschafter Christian Meidlinger und SPÖ-Rathaus-Klubchef Christian Oxonitsch durften sich auf der Bühne persönlich bedanken.

„Lachen tut er, Häupl hast er“

Dann gab es eine weitere Überraschung für Häupl - ein eigens für ihn geschriebenes Lied, komponiert und dargebracht vom Trio Ernst Molden, Hannes Wirth und Walther Soyka. Angekündigt wurde die Nummer als „Heldengesang“, sie wartete unter anderem mit der Textzeile „Des is da Burgamasta, lachen tut er, Häupl hast er“ auf. Der Besungene zeigte sich höchst erfreut, weil: „Ein paar Bouteillen Wein kann man schnell wo schenken.“ Ein Lied, noch dazu von Ernst Molden, sei jedoch etwas Ungewöhnliches.

„Ja, natürlich ist es ein emotioneller Augenblick“, gestand Häupl seine Rührung ein: „Es waren fantastische 25 Jahre.“ Nachrufe halte er aber, so betonte er, noch nicht angebracht: „Ich bin in der sozialdemokratischen Bewegung, ich bleibe in der sozialdemokratischen Bewegung.“ Und er sei ja noch immer Parteivorsitzender - in Ottakring.

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