Weltkulturerbe: Bundesregierung gegen Stadt

Die Bundesregierung will das Weltkulturerbe für die Innenstadt erhalten und plant einen Expertenworkshop. Die Stadtregierung habe „Schaden angerichtet“. Kritik kommt von Planungsstadträtin Vassilakou, Lob von der UNESCO.

Die Stadt müsse sich beim umstrittenen Heumarkt-Projekt an die UNESCO-Vorgaben halten - oder einen Kompromiss finden, so Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am Donnerstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz. „Die Bundesregierung wird jetzt sämtliche rechtliche Schritte mit aller Sorgfalt prüfen“, so Strache, er schloss auch einen Gang zum Verfassungsgerichtshof nicht aus.

„Mit der ominösen Hochhauspolitik und dem Hochhausprojekt am Heumarkt ist ein Schaden angerichtet worden“, griff Strache die rot-grüne Stadtregierung an. Blümel hofft auf einen Kompromiss. „Wir gehen jetzt einmal den Weg des Dialogs und hoffen, dass das von Erfolg gekrönt ist.“ Zum heutigen Stichtag musste die Republik Österreich als offizieller Vertragspartner der UNESCO der Organisation ein Update über den Erhalt seiner Welterbestätten übermitteln, in dem auch auf das Bauprojekt eingegangen wird - mehr dazu in Heumarkt: Frist für Stellungnahme läuft ab.

Gernot Blümel und Heinz-Christian Strache bei Pressekonferenz

APA/Herbert Neubauer

Kulturminister Blümel und Vizekanzler Strache kritisieren wegen des Heumarkt-Projekts die Stadtregierung

Expertenworkshop im März

Bisher sei dieser alljährliche Report immer auf Basis der Informationen der Stadt erstellt und vom Bundeskanzleramt lediglich durchgewunken worden, kritisierte Blümel. Nun habe man „erstmalig konkrete Maßnahmen“ vorgeschlagen: Unter anderem soll im März ein Expertenworkshop „unter Einbindung unabhängiger Experten“ stattfinden. Im Frühherbst sollen im Zuge einer „Advisory Mission“ die Auswirkungen auf das Weltkulturerbe untersucht werden.

Grundsätzlich könne er dem geplanten Projekt am Heumarkt einiges abgewinnen, sagte Blümel. Er warf der Stadtregierung allerdings vor, ein „doppeltes Spiel“ zu spielen, da diese betone, sich ihrer Verantwortung bewusst zu sein, aber in Wirklichkeit ohne Rücksicht auf den Welterbestatus agiere.

Dass der Wiener Innenstadt bereits bei der nächsten Sitzung des Welterbe-Komitees Ende Juni der Verlust des Welterbes drohen könnte, glaubt Blümel nicht. „De facto war es noch nie so, dass einer Welterbestätte im ersten Jahr, nachdem sie auf die Rote Liste gekommen ist, der Welterbestatus aberkannt wurde.“

Weltkulturerbe: Bund gegen Stadt

Bund gegen Stadt heißt es jetzt in Sachen UNESCO-Weltkulturerbe. Zankapfel ist der geplante Turm am Heumarkt.

Vassilakou: Ablenkungsversuch der FPÖ

Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) verteidigte das Vorgehen der Stadt in einer Aussendung: „Die Stadt Wien unternimmt alles, um die UNESCO umfassend zu informieren und hat dafür gemeinsam mit dem Bundeskanzleramt einen Dialogprozess mit der UNESCO gestartet.“ Wien komme „allen Wünschen der UNESCO nach Information akribisch nach“ und suche gemeinsam mit dem Kanzleramt proaktiv das Gespräch mit der UNESCO.

Schon im März werde auf Einladung des Bundeskanzleramts eine Delegation von UNESCO-Experten Wien besuchen und gemeinsam mit der Stadt Wien und dem Bundeskanzleramt offene Fragen klären. Der von Blümel vorgeschlagene Frühherbst erscheine ihr zu spät, „wenn man den Dialog mit der UNESCO ernsthaft suchen möchte“. Vassilakou warf Strache vor, den Statusbericht an die UNESCO zu missbrauchen, um vom „Nazi-Liederbuch-Skandal“ abzulenken.

NEOS fordert konkrete Schritte

Für Beate Meinl-Reisinger, Klubobfrau der Wiener NEOS, fehlten bei der Pressekonferenz von Blümel und Strache konkrete rechtliche Schritte: "Ein klares Bekenntnis der Bundesregierung zum Weltkulturerbe hilft, ist aber noch zu wenig. Die in den Raum gestellten Maßnahmen müssen mehr sein als ein UNESCO-Beschwichtigungsprogramm. Verträge sind grundsätzlich einzuhalten.“

Von der UNESCO kamen dagegen positive Signale. „Es ist richtig und wichtig, dass sich die Bundesregierung zu dieser Verantwortung bekannt hat und diese öffentlich ausgesprochen worden ist“, meinte Gabriele Eschig von der österreichischen UNESCO-Kommission.

Nächste Sitzung im Juni in Bahrain

Das historische Zentrum von Wien wurde im vergangenen Juli auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt. Grund ist das geplante Hochhaus am Heumarkt, das mit einer Höhe von 66 Metern das Innenstadtensemble nach Ansicht der UNESCO maßgeblich beeinträchtigt. Sollten die Empfehlungen des Welterbe-Komitees nicht ausreichend umgesetzt werden, droht die Aberkennung des Welterbestatus der Wiener Innenstadt. Die nächste Sitzung des Welterbe-Komitees findet von 24. Juni bis 4. Juli in Bahrain statt.

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