Grüne kritisieren Alkoholverbot auf Praterstern

Beim angekündigten Alkoholverbot am Bahnhof Praterstern soll es laut SPÖ-Stadträtin Ulli Sima und Polizeipräsident Gerhard Pürstl nicht bleiben. Auch weitere Maßnahmen sind geplant. Scharfe Kritik kommt von den Grünen.

150.000 Menschen passieren täglich die U-Bahn-Stationen und den Schnellbahnhof am Praterstern. Ein Problem sind laut Sima die vielen Betrunkenen: „Ich glaube, jetzt ist der Punkt erreicht, wo wir zu Kenntnis nehmen müssen, dass es über den sozialarbeiterischen Zugang weitere zusätzliche Maßnahmen braucht, um den Praterstern in einen guten Zustand zu bringen“, so Umwelt- und Öffistadträtin Ulli Sima (SPÖ).

Alkoholkonsum am Praterstern

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Am Praterstern herrscht laut Hausordnung bereits Alkoholverbot

Pilotprojekt auf ein Jahr anberaumt

Das Alkoholverbot umfasst nicht nur den Bahnhof selbst - hier herrscht laut ÖBB-Hausordnung bereits ein solches - sondern den gesamten Platz und auch die Parkanlage in der sogenannten Venediger Au im Norden des Pratersterns. Das Pilotprojekt ist entgegen ersten Ankündigungen auf ein Jahr anberaumt, man wolle sozusagen alle Jahreszeiten abtesten. Im Übrigen sei das Alkoholverbot nur eine von einer Fülle von Maßnahmen:

Sima: „Wir werden mit dem Stadtservice vor Ort sein. Wir werden intensiv versuchen mit den Anrainern in Kontakt zu kommen, und schauen, welche anderen Maßnahmen wir setzen können.“

Grafik zum Alkoholverbot am Praterstern

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Stadt Wien

Mittelfristig ist geplant, die Polizeistation von der Lassallestraße zurück an den Praterstern zu verlegen. Auch soll eine „Arbeitsgruppe Praterstern“ soll eingerichtet werden, die etwa Umbauten am Platz überlegen soll. Die Verordnung für das Alkoholverbot ist jedenfalls schon unterschrieben. Sie wird am Donnerstag verkündet und tritt am Freitag in Kraft - mehr dazu in Alkoholverbot am Praterstern beschlossen.

Alkoholkonsum am Praterstern

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Scharfe Kritik an der Verordnung kommt von den Grünen

Hebein: „SPÖ driftet vom bewährten Weg ab“

Die Polizei möchte nicht sofort Strafen aussprechen. „Es wird einmal die Ermahnung und die Belehrung und das Wegweisen im Vordergrund stehen. Und dann wird es sich Tag für Tag verfestigen und es wird dann entsprechend vollzogen werden, wie es in der Verordnung vorgesehen ist“, so Polizeipräsident Gerhard Pürstl.

Scharfe Kritik kommt indessen vom Koalitionspartner der SPÖ im Rathaus, den Grünen. Sozialsprecherin Birgit Hebein: „Es macht mir große Sorgen in welche Richtung sich der künftige Bürgermeister und die SPÖ entwickeln, wohin sie hier abdriften, weil sie vom bewährten Weg des Miteinanders abgehen.“

Vassilakou: „Unsinnige“ Entscheidung

Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou kritisiert den Koalitionspartner SPÖ für die Einführung des Alkoholverbots am Praterstern hart.

Kunstprojekt gegen „negatives Bild“

Ein Eiswagen vor der ehemaligen Polizeistation, die Einladung zum gemeinsamen Musizieren und ein Kaffeehaus in einer der dunkleren Ecken des Platzes: Die Plattform „philomena+“ kündigte am Montag mehrere künstlerische Interventionen an, die das negative Bild des Verkehrsknotenpunkts zumindest kurzfristig verbessern sollen.

Kuratorin des Projekts „Prater Stern Stunden“ ist die Kunsthistorikerin Christine Bruckbauer. Vom Alkoholverbot hält Bruckbauer nichts. „Das ist sicherlich der falsche Ansatz“, sagte sie. „Ich glaube, dass man sehr viel mit architektonischer Gestaltung und mit Beleuchtung machen kann.“ Es werde immer Leute geben, die sich am Bahnhof treffen und verweilen. Anstatt sie zu vertreiben, müsse man überlegen, wie man das Leben der Menschen verbessern und sie auffangen könne.

Alkoholverbot laut Experte „durchaus sinnvoll“

Es gebe einen „direkten Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit des Alkohols und dem Konsum“, sagte Michael Musalek, Ärztlicher Leiter am Anton-Proksch-Institut in Wien, am Montag im Ö1-„Mittagsjournal“. Er hält das Verbot für „durchaus sinnvoll“. Denn je schlechter Alkohol verfügbar ist, desto geringer sei der Konsum.

„Verfügbarkeit heißt nicht nur, kann ich es kaufen oder kann ich es nicht kaufen, sondern wie sehr ist es akzeptiert, dass ich auch diesen Alkohol konsumiere“, betonte Musalek. „Wir wissen, dass heute Alkoholkonsum bei Frauen wesentlich besser akzeptiert ist als noch vor 20, 30 Jahren, was leider dazu geführt hat, dass auch die Zahl der Alkoholkranken bei den Frauen gestiegen ist“, erläuterte er.

„Ich denke, es wird am Anfang einige Schwierigkeiten machen, so wie es ja auch einige Schwierigkeiten gemacht hat wie man nicht mehr in U-Bahn-Stationen rauchen durfte“, gab Musalek eine Einschätzung für die erste Phase des Alkoholverbots ab. Für die Polizei sei die neue Aufgabe „sicher nicht ganz einfach, aber ich denke, wenn man hier mit Augenmaß vorgeht, dann geht man den richtigen Weg“, betonte der Experte. „Denn es ist einfach nicht das Normale, auf der Straße Alkohol zu trinken.“

Bahnhöfe generell Ziel für Alkoholverbote

Mit einem Verschieben des Problems von einem Ort zum anderen rechnet Musalek nicht. Es gehe nicht nur darum, wo man Alkohol ersteht und ihn auch gleich zu trinken, „sondern sich auch zu treffen und Treffpunkte zu schaffen. Und da ist der Praterstern derzeit halt ein ganz besonderer Treffpunkt und wenn es den nicht mehr gibt, dann bin ich überzeugt davon, dass er sich nicht zum Schweizerhaus verlagern wird.“

Laut Musalek könnten Bahnhöfe generell ein besonderes Ziel für Alkoholverbote sein. Denn dort seien auch sehr viele junge Menschen und es mache „schon etwas aus, ob Alkohol einfach überall vorhanden ist und getrunken wird und es gesehen wird, dass er getrunken wird“. Auf solche Orte sollte „besonderes Augenmerk“ gelegt werden, empfahl der Suchtexperte.

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