Klimawandel bringt Sommerfrische wieder

Einst gehörte es für jene, die es sich leisten konnten, zum guten Ton, der Sommerhitze in der Stadt in die Sommerfrische auf dem Land zu entfliehen. Der Klimawandel könnte der Sommerfrische neues Leben einhauchen.

„In den vergangenen 60 Jahren hat sich die Zahl der Hitzetage und Tropennächte in Wien nahezu verdoppelt“, sagte Wiebke Unbehaun vom Institut für Verkehrswesen an der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien. Gemeinsam mit dem Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung der BOKU, dem Umweltbundesamt und der Hochschule Luzern widmete sie sich der Frage, ob die Sommerfrische als Adaption an den Klimawandel Chancen für stadtnahe Regionen bietet.

Frau in Brunnen

APA/Pfarrhofer

Jede Möglichkeit zur Abkühlung wird genützt

Und die scheinen wirklich gut: „In der Zeit zwischen 1997 bis 2016 hatten wir im Mittel 19,5 Hitzetage. In den kommenden zwanzig Jahren wird sich das noch einmal steigern“, so die Raumplanerin. 2040 soll jeder vierte Sommertag in Wien ein Hitzetag sein.

Zwei von drei Wienern durch Hitze belastet

Gerade für voralpine Gebiete in der Nähe der Hauptstadt ist das eine Chance, die alte Sommerfrische wiederzubeleben und Touristen anzuziehen. Ein Großteil der Wiener hat sogar die Absicht, derartige Angebote anzunehmen, ergab eine Studie, die am derzeit laufenden Österreichischen Klimatag in Salzburg präsentiert wird.

Das alte Konzept der Sommerfrische - zu Beginn des 20. Jahrhunderts fuhren zahlreiche Wiener in die nahen ländlichen Gebiete, um meist für mehrere Wochen der Hitze der Großstadt zu entfliehen - finden 70 bis 80 Prozent der im Rahmen der Studie befragten Wiener attraktiv. 65 Prozent der Wiener fühlen sich schon heute durch diese Hitze belastet, sei es nachts beim Schlafen oder auch ganz generell tagsüber.

Sommerfrische „deutlich spontaner“

Über 50-Jährige spricht vor allem der Aspekt der Erfrischung an. „Jüngere Menschen assoziieren mit Sommerfrische Outdoor-Aktivitäten oder ganz grob gesagt, aktiv sein in der Natur“, so Unbehaun. 66 Prozent der Befragten hatten die klare Absicht, im Sommer 2017 einen Sommerfrische-Urlaub zu machen. Unter der Voraussetzung, dass die nächsten Sommer heißer werden, können sich 41 Prozent der Hitzegeplagten und 36 Prozent aller Befragten vorstellen, noch häufiger als heute stadtnahe voralpine Regionen aufzusuchen.

Anders als vor dem Ersten Weltkrieg verstehen Urlauber heute die Sommerfrische aber zunehmend als Tages- und Wochenendausflüge und sind dabei auch deutlich spontaner. Gebucht wird im Schnitt zwei bis vier Tage, maximal aber ein Monat im Vorhinein. „Was natürlich für die Planungssicherheit der Destinationen eine ziemliche Herausforderung ist“, so die Raumplanerin.

Ergebnisse der Studie als Herausforderung

Dennoch bedeuten die Ergebnisse des als REFRESH bezeichneten Projekts deutliche Chancen für die betroffenen Tourismusregionen in Stadtnähe. „Es betrifft ja vor allem Gebiete, denen der Wintertourismus weg bricht, weil sie wegen des Klimawandels keine Schneesicherheit mehr bieten können“, sagte Unbehaun.

In Zukunftswerkstätten haben die Forscher Ende 2017 den Verantwortlichen der in der Studie untersuchten Regionen, dem Mürzer Oberland und dem Naturpark Ötscher Tormäuer, die Ergebnisse präsentiert. Aufbauend darauf beschäftigen sich derzeit mehrere Gruppen mit für sie relevanten Themen und entwickeln dabei Angebote für ihre Tourismusdestination.

Links: