Ludwig zum Bürgermeister gewählt

Wien hat einen neuen Bürgermeister: Michael Ludwig (SPÖ) ist am Nachmittag vom Gemeinderat gewählt worden. Er erhielt 56 von 100 abgegebenen Stimmen. In seiner Rede davor versprach er den Grünen Koalitionstreue.

Die Wahl fand in geheimer Abstimmung statt. Um Bürgermeister zu werden, brauchte Ludwig eine einfache Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen. Nachdem eine der 100 Stimmen ungültig war, hätten 50 Ja-Stimmen gereicht. Die Regierungsparteien SPÖ und Grüne verfügen in Summe über 54 Mandate, demnach stimmten auch Gemeinderäte aus der Opposition für Ludwig als Bürgermeister. 43 Gemeinderäte stimmten gegen ihn. Ludwig wurde unmittelbar nach der Wahl formell angelobt.

Ludwig am 24. Mai im Gemeinderat

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Ludwig erhielt auch Stimmen aus der Opposition

Ludwig zu Grünen: „Bin ein sehr treuer Mensch“

In seiner Rede vor der Wahl versicherte Ludwig den Grünen, die Koalition weiterführen zu wollen: „Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich ein sehr treuer Mensch bin, im Privaten wie im Politischen.“ Es gebe noch zahlreiche Punkte im Koalitionsübereinkommen zu erledigen: „Ich freue mich sehr auf diese Zusammenarbeit.“

Davor bedankte er sich bei den scheidenden roten Regierungsmitgliedern Sandra Frauenberger (Gesundheit und Soziales), Renate Brauner (Wirtschaft und Finanzen) und Andreas Mailath-Pokorny (Kultur), bei seiner Lebensgefährtin („Das Einzige, was uns von der Hochzeit abhält, ist der Termin“) sowie bei Häupl. „Ich freue mich sehr, dass du angekündigt hast, deine Kompetenzen auch weiter der Stadt zur Verfügung zu stellen“, so Ludwig zu Häupls Angebot, bei Bedarf Aufgaben etwa im Wissenschaftsbereich zu übernehmen.

Rede von Michael Ludwig (SPÖ)

Michael Ludwig (SPÖ) stellt sich als Nachfolger von Michael Häupl (SPÖ) und neuer Bürgermeister den Mandataren vor.

Er wolle den Wiener Flair erhalten, trotzdem seien „Akzente für die Zukunft“ zu setzen, skizzierte Ludwig. Ziel sei weiters, die stadtverträgliche Mobilität zu fördern, also etwa den öffentlichen Verkehr auszubauen. Für Autos sollten aber gleichzeitig keine „Hürden“ errichtet werden. Nötig sei es auch, den Schwerverkehr aus der Stadt abzulenken. Von daher möchte er auch seiner „persönlichen Genugtuung“ Ausdruck verleihen, dass nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts der Lobautunnel nun gebaut werden könne: „Ich weiß, dass das nicht ein ganz unumstrittenes Thema ist, auch nicht in der Regierungskoalition.“

Der neue Bürgermeister im Interview

Michael Ludwig im ersten Interview als neuer Wiener Bürgermeister mit ORF Wien-Chefredakteur Paul Tesarek.

Verteidigung von Praterstern-Alkoholverbot

Auch auf die Bedeutung des sozialen Zusammenhalts verwies Ludwig wiederholt, wobei er hervorhob: „Die Sozialpartnerschaft ist ein ganz wichtiger Punkt.“ Arbeiterkammer und Gewerkschaft seien wichtig - auch in Verbindung mit der Wiener Wirtschaft.

Ludwig und Vassilakou am 24. Mai im Gemeinderat

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„Ich freue mich sehr auf diese Zusammenarbeit“, so Ludwig zu den Grünen

Ludwig widmete sich weiters dem - ihm besonders wichtigen, wie er beteuerte - Thema Sicherheit. Wien sei nach wie vor eine der sichersten Städte, hob er hervor. Zugleich verteidigter er den umstrittenen Alkoholbann auf dem Praterstern: „Ich sage es ganz deutlich, das Alkoholverbot am Praterstern ist nicht als alleinige Maßnahme zu sehen.“ Denn auch die Sozial- und Hilfseinrichtungen seien eingebunden und dort tätig.

Ludwig für Opposition kein „Verbinder“

Die Opposition begrüßte Ludwig wenig freundlich. Sowohl NEOS als auch ÖVP beklagten im Anschluss an dessen Antrittsrede im Gemeinderat, dass weder er noch die neuen Stadträte im Vorfeld das Gespräch mit ihnen gesucht hätten. „Daher sind Sie aus unserer Sicht kein Verbinder“, kritisierte der nicht amtsführende Stadtrat Markus Wölbitsch (ÖVP). NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger forderte zudem ein neues Politikverständnis: „Eine Politik, die so stark auf Freunderlwirtschaft und Machterhalt ausgerichtet ist, wird abgewählt werden.“

Der freiheitliche Vizebürgermeister Dominik Nepp bezeichnete die neue Stadtregierung als „Kabinett von Bonzen und SPÖ-Apparatschiks“. „Sie sind keine Erneuerung, auch ihr Team ist keine Erneuerung. Im Gegenteil, das, was Sie heute präsentiert haben, ist die Verfestigung eines alten roten Filzes“, meinte er.

Neues Stadtratsteam

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Auch die neuen Stadträte wurden am Donnerstag gewählt

Mindestsicherung für Vassilakou nicht antastbar

Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) hieß Ludwig und ihre neuen Stadtratskollegen dagegen willkommen. Sie bedankte sich bei Häupl für die gute Zusammenarbeit und appellierte an Ludwig, diese fortzusetzen. Inhaltlich stellte sie klar, was für sie nicht verhandelbar ist. „Die Wiener Mindestsicherung wird nicht angetastet, weil Wien niemanden im Stich lässt.“

Häupl sagte „Auf Wiedersehen“

Ludwig übernimmt das Amt von Langzeitbürgermeister Häupl, der fast 24 Jahre lang den Chefsessel im Rathaus innehatte. Häupl verabschiedete sich am Donnerstagvormittag mit einer Rede im Gemeinderat. Bevor er mit einem „Auf Wiedersehen“ schloss, mahnte er auch einen respektvolleren Umgang in der Politik ein - mehr dazu in Häupl sagte „Auf Wiedersehen“.

Im Anschluss an die Wahl von Michael Ludwig (SPÖ) zum Wiener Bürgermeister ist am Donnerstagnachmittag auch sein neues Team gewählt und angelobt worden. Das Finanzressort wird ab nun von Peter Hanke geführt, Kathrin Gaal übernahm das Wohnbauressort, Peter Hacker das Sozial- und Gesundheitsressort und Veronica Kaup-Hasler die Kulturagenden - mehr dazu in Vier Neue im SPÖ-Regierungsteam.

Die meisten Stimmen bei der Wahl zum Ressortverantwortlichen - nämlich 65 von 100 abgegebenen gültigen Stimmen - erhielt Kaup-Hasler, Hanke wurde mit 59 Stimmen gewählt, Gaal erhielt 58 und Hacker wurde mit 57 Stimmen gewählt. Angesichts der Tatsache, dass Rot-Grün über 54 Mandate verfügt, haben alle frisch gebackenen Stadträte also auch Stimmen der Opposition bekommen. Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky und Umweltstadträtin Ulli Sima, die bereits unter Häupl der Stadtregierung angehörten, mussten nicht erneut gewählt werden.

Im Brennpunkt: Michael Häupl

ORF III widmet dem „letzten Landesfürsten“ ein filmisches Portrait und zeichnet seine Amtszeit mit ihren Erfolgen und Niederlagen nach.

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