Vertical Farming: Gemüse aus der Parkgarage

Landwirtschaft braucht Platz, doch daran mangelt es in Städten. Deshalb setzt man auf neue Technologien, wie vertikalen Anbau. In Wien-Spittelau wird etwa in einer Parkgarage angepflanzt - in einem eigenen Raum.

Etagenweise schlichten sich im Parkhaus Spittelau nicht nur die Autos, sondern auch das Gemüse. Allerdings wachsen die Pflanzen entfernt von parkenden Autos, in einem Teil des Parkhauses, in dem Geschäftsräume untergebracht sind. In einem Raum befinden sich Regale, in denen die Pflanzen im Abstand von rund 50 Zentimetern übereinander gelagert und großgezogen werden. Das Vertical Farming bietet so eine platzsparende Möglichkeit, Gemüse in der Stadt anzubauen. Der weltweite Trend hat damit auch Wien erreicht.

Herbeus Greens pflanzt Kresse, Babysalate und Kräuter an. Auf einem Quadratmeter Grundfläche baut das Start-Up bis zu sechs Quadratmeter dieser „Micro Greens“ an, erklärt Clemens Jahn, einer der Gründer von Herbeus Greens.

Wasserverbrauch stark gesenkt

Die Keimlinge brauchen weder Tageslicht noch Erde. Unter kontrollierten Temperaturen und speziellen LEDs wachsen die Pflanzen in einem nährstoffreichen Holzfasersubstrat. Der Wasserverbrauch kann so, verglichen zur kommerziellen Landwirtschaft, bis zu 95 Prozent gesenkt werden. „Wir haben eine Kreislaufwirtschaft. Das Wasser wird aufgebracht, geht in die Pflanzentürme und wird anschließend aufbereitet und wiederverwendet“, erklärt Jahn.

Ursprung in den 50ern

Schon in den 50er Jahren hat es Bestrebungen gegeben flächensparend zu produzieren. Othmar Ruthner hat den 41 Meter hohen Turm 1964 bei der Wiener Gartenschau erstmals aufgebaut.

Der Anbau ohne Erde und Tageslicht bringt aber auch Nachteile. Damit zu jeder Jahreszeit angebaut werden kann, braucht es eben, wie in Glashäusern, ein geregeltes Klima. „Die Energieintensität der Vertical Farms darf nicht unterschätzt werden“, meint Ruth Pammer von Global 2000. Sie sieht viel Potential in den vertikalen Farmen, denn die Methode ist wassersparend und meist herbizid- und pestizidfrei.

Perfekter Kreislauf

Trotzdem müsse man die Effizienz dahinter beachten, so Pammer. Sie meint: „Wir brauchen multifunktionale Lösungen. Das heißt: Kühlung der Stadt, Reinigung der Luft, Nahversorgung und kleinräumige Kreisläufe schließen. All das kann Vertical Farming, wenn es richtig gemacht wird. Was wir nicht brauchen sind Lösungen, die wieder andere Problemfelder aufmachen.“

Beinahe perfekt funktioniert das bei sogenannten Aquaponik-Anlagen. Dabei werden Fischzucht und Gemüseanbau kombiniert. Die Pflanzen bekommen alle nötigen Nährstoffe aus dem Abwasser der Fische und reinigen gleichzeitig das Wasser, erklärt Michael Berlin, einer der Gründer der Firma Blün. Das Start-Up in der Donaustadt, produziert neben Barschen und Welsen auch Fruchtgemüse. Das aufbereitete Wasser wird zu den Pflanzen im Glashaus daneben geleitet. Sowohl der Wasserverbrauch als auch die CO2-Emissionen sind gering - mehr dazu in Fischzucht liefert Gemüsedünger.

„Schau, wo dein Essen herkommt“

Des diesjährige „Mutter Erde“-Schwerpunkt findet vom 23. Mai bis 1. Juni statt. Mehr Informationen dazu finden Sie unter muttererde.ORF.at.

Die Zukunft des Vertical Farming

Das private Vertical Farm Institute (VFI) in Wien forscht an effizienten vertikalen Anbaumethoden und will unter anderem verlassene Gebäude für Gewächshäuser nutzen. Dabei entwickeln sie Gebäudetypologien, die das Maximale aus den zur Verfügung stehenden Ressourcen herausholt. Würde man die falschen Gebäudetypologien mit ungeeigneten Pflanzen kombinieren, würde der Energieverbrauch explodieren, erklärt Daniel Podmirseg, Gründer des VFI.

Das Institut versucht den Landverbrauch in der Landwirtschaft zu reduzieren. „Wir begehen seit viel zu langer Zeit einen Raubmord an der Natur. Das heißt, wir müssen uns darum kümmern, dass Lebensmittel zukünftig wieder dort angebaut werden, wo sie konsumiert werden und die Restflächen der Natur erhalten“, sagt Podmirseg.

Madeleine Gromann, wien.ORF.at

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