Polizei rät bei Unfällen zu Handyfotos

Rund 3.500 Unfälle nimmt das Verkehrsunfallkommando der Wiener Polizei im Jahr auf. Betroffenen rät dessen Leiter, wenn niemand Erste Hilfe benötigt, sicherheitshalber gleich selbst Handyfotos von der Unglücksstelle zu machen.

Fotos seien „das Um und Auf“ bei der Dokumentation eines Unfalls, erklärte Martin Kramser, Leiter des Verkehrsunfallkommandos, „damit man sieht, wie war die Situation“. Er rät daher dazu, als Beteiligter gleich nach dem Aussteigen aus dem Fahrzeug selbst mit dem Handy einige Bilder zu machen - „so unangenehm das in manchen Situationen ist“. Er appellierte jedoch, dabei die Intimsphäre von Beteiligten nicht zu verletzen.

Auch das Verkehrsunfallkommando macht Fotos von Unfallstellen, allerdings nur bei Personenschaden. An diese Fotos komme man als Betroffener jedoch schwer heran, so Kramser, weil diese für ein gerichtliches Verfahren gedacht seien. Auf eigene Fotos habe man hingegen unkompliziert Zugriff. Und man sei auch als erster an Ort und Stelle - an der Unfallstelle wurde also noch nichts verändert.

„Ein Unfallort ist ein Tatort“

Das Verkehrsunfallkommando gab am Dienstag bei einem Medientermin Einblick in seine Arbeit. „Ein Unfallort ist ein Tatort“, erläuterte Kramser die Herangehensweise bei der Arbeit. Bei den rund 3.500 Unfällen, die im Jahr aufgenommen werden, handelt es sich vor allem um Unglücke mit verletzten oder getöteten Personen auf der Straße, aber auch solche mit U-Bahnen, Bahnunfälle oder Schiffsunglücke auf der Donau.

Bei Unfällen mit Personenschaden sollte zuerst die Rettung gerufen werden, empfahl Kramser bei dem Pressegespräch am Stützpunkt in der Roßauer Kaserne. Dann wird zusätzlich eine Polizeistreife zum Ort des Geschehens beordert, erst danach wird das Unfallkommando verständigt. Wenn keiner der insgesamt neun speziellen Kastenwagen samt zweiköpfiger Besatzung verfügbar ist, muss die anwesende Streifenwagenbesatzung den Vorfall selbst dokumentieren.

Stundenlange Aufnahmen bei schweren Unglücken

„Circa 80 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Personenschaden werden in Wien vom Verkehrsunfallkommando bearbeitet“, sagte Kramser. 58 Beamte und Beamtinnen arbeiten in Zwölfstundenschichten. „Es sind jedoch viele Überstunden erforderlich, und es kann vorkommen, dass ein Team 24 Stunden im Dienst ist.“ Die Aufnahme eines gewöhnlichen Unfalls dauert dabei etwa zweieinhalb bis drei Stunden, bei einem schweren Unglück sind es durchaus auch sechs bis acht Stunden.

Die Szenerie des jeweiligen Unfalls wird von den beiden Beamten - ein Wagenkommandant und ein Sachbearbeiter - akribisch dokumentiert. Die Standorte der beteiligten Fahrzeuge, Bremsspuren, Splitter und Stellen, an denen Personen zu liegen gekommen sind, werden mit Sprühfarbe markiert. Außerdem machen die Polizisten Fotos, vermessen den Unfallort und fertigen anschließend Skizzen an. „Wir sind keine Vermessungstechniker, müssen das aber entsprechend für die Sachverständigen dokumentieren“, sagte Kramser mit Blick auf mögliche Gerichtsverhandlungen.

Achtmeterstativ zur Unterstützung

Den Mitarbeitern stehen Hilfsmittel wie ein Kamerastativ zur Verfügung, das auf bis zu acht Meter Höhe ausfahrbar ist. Der Fotoapparat wird dann via Tablet vom Boden aus ausgelöst. Im Rüstteil im Heck des Fahrzeugs befinden sich etwa auch Scheinwerfer, Absperrmaterial, Maßband und ein Besen sowie eine Sanitäreinheit mit einem Kanister Wasser, Flüssigseife und Desinfektionsmittel für die Beamten.

Zwischen Fahrerkabine und Rüstteil ist der Büroteil mit Sitzen, Laptop und Alkomat angesiedelt. „Wir machen 4.500 ‚richtige‘ Alkomattests im Jahr - keine Vortests“, sagte Kramser. Drogenvortestgeräte sind keine an Bord. „Beteiligte und Zeugen werden gleich an der Unfallstelle schriftlich einvernommen“, sagte Kramser und hob damit eine Besonderheit des Unfallkommandos hervor.

Fahrzeuge durch modernere ersetzt

Die Arbeit werde selten von Schaulustigen behindert, jene von den zuerst eintreffenden Einsatzkräften allerdings schon, sagte Kramser. Da jeder Unfallort ein Tatort sei, könne er diesen nach dem Sicherheitspolizeigesetz auch räumen lassen.

Neben Wien gibt es etwa auch in Graz, Linz und Salzburg Unfallkommandos, sagte Kramser. Das Verkehrsunfallkommando Wien besteht bereits seit dem Jahr 1952. Sieben der insgesamt neun Spezialfahrzeuge wurden in den vergangenen beiden Jahren durch modernere Modelle ersetzt, die beiden anderen sollen bis zum kommenden Jahr ausgetauscht werden, so der Wunsch von Kramser.

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