Hausärztemangel immer größer

Kassenpraxen für Hausärzte können immer schwerer besetzt werden. Das zeigen die neuesten Zahlen der Ärztekammer. Von November 2017 bis Juli 2018 ist die Zahl unbesetzter Praxen nur in drei Bundesländern kleiner geworden.

Pensionierungswelle, Medizinabsolventen, die lieber ins Ausland gehen, und die wachsende Konkurrenz durch Wahlärzte: Kassenpraxen für Hausärzte können immer schwerer besetzt werden. Österreichweit gab es laut jüngster Zahlen der Ärztekammer Mitte November 56 leere Kassenstellen für Allgemeinmediziner. Mit 1. Juli 2018 sind es österreichweit 70. Hauptbetroffen vom Anstieg sind Ober- und Niederösterreich.

20 Kassenstellen stehen in Oberösterreich frei, im vorigen Quartal waren es 14. In Niederösterreich sind es inzwischen 15, elf leere Hausärztestellen waren es im April. Auf Platz drei folgt Wien mit elf leeren Stellen, wobei aber zuletzt wieder mehrere Kassenpraxen besetzt werden konnten.

Unbesetzte Kassenstellen Allgemeinmedizin

15.11.2017 8.1.2018 April 2018 Juli 2018
Oberösterreich 11 17 14 20
Niederösterreich 6 7 11 15
Wien 15 17 15 11
Steiermark 12 10 8 10
Tirol 7 6 5 4
Kärnten 2 2 1 3
Salzburg 1 3 3 3
Vorarlberg 2 2 2 2
Burgenland 0 1 1 2
Österreich 56 65 60 70
Quellen: Österreichische Ärztekammer/Landeskammern

Ärzte warnen: „Es brennt jetzt“

Wolfgang Ziegler, selbst Allgemeinmediziner mit Kassenpraxis und stellvertretender Kurienobmann in der oberösterreichischen Ärztekammer, zeichnete im Ö1-Mittagsjournal ein düsteres Bild: „Es brennt jetzt. Es gibt auch bei uns Grenzen. Und da reden wir nicht von Zwölfstundentag oder einer 60-Stunden-Woche, da reden wir von mehr. Das heißt, es wird weniger betreute Patienten geben.“ Patientinnen und Patienten ohne Hausarzt müssten dann wählen, ob sie in ein Krankenhaus oder zu einem Wahlarzt gehen.

Hausarzt

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Nicht überall, wo sie gebraucht werden, gibt es Hausärzte

Unnötige Hürden schrecken ab

Diese Konkurrenz durch Wahlärzte sei oft ebenso ein Grund, nicht Kassenarzt zu werden, heißt es auch in Niederösterreich. Dort wurden die beiden Praxen in Gresten und in Aspangberg-St. Peter seit 2016 laut Ärztekammer jeweils bereits 33-mal ausgeschrieben. Jene in Aspangberg-St. Peter auch deshalb, weil es dort noch eine andere Praxis gibt - aber nur noch kurz und nur mit Verträgen mit kleineren Krankenkassen, ein neuer Hausarzt würde dennoch einen zu geringen Verdienst befürchten, sagt Bürgermeister Josef Bauer.

Eines der größten Hindernisse sei aber, dass wegen einer Apotheke im benachbarten Aspang Markt vom Hausarzt in Aspangberg-St. Peter zusätzlich keine eigene Hausapotheke betrieben werden darf. „Wenn hier die Hausapotheke genehmigt würde, wäre der Posten schon besetzt und gäbe es hier auch einen Arzt“, so Bauer zum Ö1-Mittagsjournal.

Es jungen Ärzten leichter machen

Auch der oberösterreichische Ärztevertreter Ziegler verlangt Erleichterungen für Hausärzte, damit auch junge Allgemeinmediziner Kassenstellen übernehmen. Er kritisiert vor allem, dass je nach Bundesland und Kasse unterschiedlich abgerechnet wird und dass es bei manchen Behandlungen ab einer gewissen Anzahl weniger oder gar kein Geld mehr gibt: „Es darf keine Deckelung mehr geben.“

Die Honorare müssten angehoben werden, und Ärzte sollen Ärzte anstellen dürfen, fordert Ziegler. Dann könnten Junge ohne hohe wirtschaftliche Risken in einer Hausarztpraxis arbeiten und lernen. Die neuen Primärversorgungszentren, in denen Allgemeinmediziner mit Pflegern und Therapeuten zusammenarbeiten, seien nur eine Form der flexiblen Zusammenarbeit - aber das sei längst nicht genug, so Ziegler.

Regina Pöll, Ö1

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