KH Nord: Regressforderungen an Statiker

Herwig Wetzlinger, Direktor des Krankenanstaltenverbunds (KAV), hat vor der U-Kommission zum KH Nord auch zu Regressforderungen ausgesagt. Es gibt Verfahren wegen der Projektsteuerung und gegen einen Statiker.

Ab 9.00 Uhr stellte sich Wetzlinger im Rathaus den Fragen des Gremiums, er war als erster Zeuge der Untersuchungskommission geladen. „Ich bin als Auskunftsperson geladen, werde alles nach bestem Wissen und Gewissen beantworten, aber klar ist, dass die Vergangenheit nicht durch meine Erkenntnis berührt wird, und ich nur was zu Gegenwart und Zukunft sagen kann“, erklärte Wetzlinger, der seit Ende 2017 als KAV-Direktor im Amt ist, vor der Sitzung.

Wetzlinger erläuterte im Zeugenstand auch das Forderungsmanagement in der Causa, wobei er Einblick in aktuelle Regressverfahren gab. Er berichtete konkret von zwei Verfahren. In einem Fall habe die Projektsteuerung gewechselt, worauf der einstige Leiter auf Verdienstentgang klagte. Der KAV wiederum machte Schadenersatz geltend. Auch mit einem Statiker wird um sieben Millionen Euro wegen angeblich „mangelnder Leistung“ gestritten.

Herwig Wetzlinger vor Kommission zum Krankenhaus Nord

ORF

Herwig Wetzlinger geht davon aus, dass im Juni 2019 die ersten Patienten im Krankenhaus Nord behandelt werden

Fehler bei Angaben zu Brunnen

Zudem soll ein Gutachter, der den Bau eines Brunnens zur Nutzung von vorhandenem Heißwasser als möglich erachtete, belangt werden. Die Angaben sollen sich nämlich als fehlerhaft herausgestellt haben - mehr dazu in KH Nord: 610.000 Euro für Brunnen versenkt.

Hier gebe es seines Wissens nach Gespräche mit der betreffenden Versicherung, berichtete Wetzlinger. Dass man die Nutzung neuer Energiequellen zumindest geprüft habe, sei jedoch ein Gebot der Stunde gewesen, verteidigte er das Vorgehen.

Kein Verständnis zeigte Wetzlinger allerdings vor der U-Kommission für die Beauftragung eines Energetikers. Wobei kein Fall von mangelnder Kontrolle vorliege, da vorschriftsmäßig zwei Personen den Auftrag abgezeichnet hätten. „Dass das nicht wirtschaftlich und zweckmäßig war, ist eine andere Sache.“ Es seien jedenfalls gleich nach Bekanntwerden Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Und Wetzliger stellte klar: „Ich hätte damals die Auszahlung verweigert.“

Erster Zeuge in U-Kommission zum KH Nord

Vor der Untersuchungskommission zum KH Nord musste KAV-Direktor Herwig Wetzlinger viereinhalb Stunden Rede und Antwort stehen.

Mehrkosten bis zu 388 Millionen Euro?

Die Mehrkosten beim Spitalsbau könnten laut Rechnungshof bis zu 388 Millionen Euro betragen. Zuletzt war kolportiert worden, dass der KAV hofft, rund 200 Millionen wieder zurückzubekommen. Diesen Betrag bestätigte Wetzlinger jedoch nicht.

Ihm seien keine Unterlagen bekannt, die darauf schließen ließen, dass man sich diese Summe zurückholen könne, gab er zu Protokoll. Prinzipiell setze man in strittigen Fällen auf ein Clearingverfahren, erst dann werde der teure Weg eines Zivilprozesses beschritten: „Es ist nicht unser Ziel, die Gerichtsbarkeit vorrangig anzusprechen.“

Auch wenn Regressverfahren zum Nachteil des KAV enden sollten, dürfte das die Gesamtprojektkosten nicht erhöhen. Denn: Der errechnete Mehraufwand ist nämlich schon in der Kostenschätzung von 1,341 Milliarden Euro enthalten, wie Wetzlinger erläuterte.

Diskussion um Abteilungen

Diskutiert wurde auch, ob das Krankenhaus nicht überhaupt zu teuer geraten ist. Gegenüberstellungen mit anderen Häusern etwa in Deutschland, wo die Errichtungskosten pro Spitalsbett zum Teil niedriger seien, wies Wetzlinger zurück: „Die Kosten pro Bett sind kein zulässiger Vergleich.“ Denn im KH Nord gebe es auch eine große Fläche im ambulanten Bereich. Sinnvoll sei hingegen ein Vergleich bei den Kosten für die Nettogrundrissfläche. Der KAV-Chef verwies in Sachen Kosten aber auch auf den „hohen Technikstand“ und den hohen Digitalisierungsgrad, der keinem Standardkrankenhaus entspreche.

Auch Details zu geplanten Abteilungen wurden erörtert. Warum etwa keine Neurologie errichtet worden sei, entziehe sich seiner Detailkenntnis, versicherte der Zeuge. Allerdings bestehe in der betreffenden Versorgungsregion (laut bundesweitem Gesundheitsstrukturplan, Anm.) eine „flächendeckende neurologische Versorgung“, da das SMZ Ost in der Donaustadt über eine solche Abteilung verfüge.

Eröffnung für Sommer 2019 geplant

Wetzlinger zeigte sich am Dienstag überzeugt, dass am Eröffnungstermin nicht mehr gerüttelt wird. Das Krankenhaus Nord soll im Sommer 2019 in Betrieb gehen: Schon im Juni sollen erste Patienten behandelt werden, die Aufnahme des Vollbetriebs ist für September geplant. Er bestätigte damit vor der Kommission die Aussagen bei einem Pressetermin im Juni 2018 - mehr dazu in KH Nord: Laut Stadt keine neuen Verzögerungen.

Vor der Eröffnung des Spitals werde noch ein „kritischer Pfad“ beschritten, wie Wetzlinger sagte. Dabei handle es sich um die behördliche Betriebsbewilligung: „Die soll im Jänner (2019, Anm.) abgeschlossen werden.“

Opposition kritisiert fehlende Protokolle

Vertreter der Opposition kritisierten Wetzlingers Schilderung seiner mündlichen Berichte an die ehemalige Gesundheits-Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ)."Es gibt keine Protokolle. Jeder Bienenzüchterverein macht ein Protokoll, wenn eine Besprechung ist", meinte Ingrid Korosec (ÖVP). „Es waren doch recht wichtige Sitzungen. Das wird noch weiter zu hinterfragen sein, auch bei der ehemalingen Stadträtin Frauenberger“, kündigte Wolfgang Seidl (FPÖ) an.

Christoph Wiederkehr (NEOS) bilanzierte die Befragung gegenüber „Wien heute“ mit „eher mäßig - es ist nicht viel Neues für uns dabei, auch die Frage, warum es so viel kostet, ist offen.“ „Wäre die Untersuchungskommission heute fertig gewesen, wäre es keine schlaue Reihenfolge gewesen. Jetzt haben wir einmal eine gute Basis“, meinte dagegen David Ellensohn (Grüne). „Die Befragung war erhellend, der Zeuge sehr informativ“, so Peter Florianschütz (SPÖ).

Weitere Zeugen stehen noch nicht fest, die Kommission läßt sich jetzt Gutachten und andere Akten kommmen. Nächster Sitzungstermin ist in 14 Tagen. Die gemeinderätliche Untersuchungskommission ist für ein Jahr eingesetzt - wobei der Start bereits mit dem Beschluss im Frühjahr erfolgte. Die erste Sitzung fand jedoch erst am 20. Juni statt. Das nächste Treffen ist für den 31. Juli angesetzt - mehr dazu in Startschuss für KH-Nord-Kommission.

Maximaler Kostenrahmen: 1,341 Milliarden Euro

Ein Vollbetrieb im Herbst 2019 ist auch das fixe Ziel des zuständigen Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ). Auch zu den Kosten - ebenfalls Thema der Kommission - hat er sich schon geäußert. „Der maximale Kostenrahmen beträgt eine Milliarde und 341 Millionen Euro“, so Hacker. Außerdem hofft die Stadt, einige Ausgaben durch Regressforderungen an Unternehmen und Gutachter zurückzubekommen. Rechnungshof und Opposition sehen die Erfolgschancen dieser Klagen skeptisch - die Opposition rechnet mit weit höheren Kosten.

600.000 Euro auf Pump für KH Nord

Für das Krankenhaus Nord ist ein Brunnen teils schon errichtet worden, obwohl er nichts bringt. Die Kosten dafür liegen bei 600.000 Euro.

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