Praterstraße: Tempo 30 bei Nacht?

Bei der Verkehrsberuhigung in der Praterstraße in Wien-Leopoldstadt bringt Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger (Grüne) Tempo 30 in der Nacht in die Diskussion. ARBÖ und ÖAMTC kritisieren den möglichen Ausbau des Radwegs.

Für die Verkehrsberuhigung kann sich Lichtenegger in einem APA-Interview auch Geschwindigkeitsbeschränkungen vorstellen: „Außerhalb der Stauzeiten wird auf der Praterstraße sehr schnell gefahren. Da könnten wir auch an Tempo 30 denken - eventuell in der Nacht als Kompromiss. Aber wenn mehr Querungen für Fußgänger da sind, wenn mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer geschaffen wird, glaube ich, dass es automatisch zu einer Verkehrsberuhigung kommt.“

Radfahrer in der Praterstraße

ORF

Noch ist unklar, wie der Platz zwischen Rad- und Autofahrern auf der Praterstraße in Zukunft verteilt wird

Radweg „zu schmal“

Dass auf der Achse zwischen Donaukanal und Praterstern mehr Platz für Radfahrer geschaffen werden soll, ist für die Bezirksvorsteherin fix: „Der Radweg ist zu schmal - auch wegen der zunehmenden Lastenräder, der Botendienste - es geht sich einfach nicht mehr aus. Da sind wir gefordert, etwas zu tun. Wir brauchen mehr Platz. Und wo werden wir den wegnehmen? Von den Fußgängern sicher nicht.“

„Parkplätze gibt es jetzt schon wenige, sondern nur Ladezonen, und die braucht es. Bleibt also nur die Fahrbahn“, so Lichtenegger. Nähere Details gibt es aber noch nicht.

„Im Frühjahr wurde eine Verkehrszählung durchgeführt. Auf deren Basis ist gerade eine Studie am Laufen, welche Auswirkungen es haben würde, wenn man eine Fahrspur wegnimmt. Ich hoffe, dass Ergebnisse im Frühherbst vorliegen. Diese werden wir analysieren und in Gespräche sowie Budgetverhandlungen mitnehmen“, skizzierte Lichtenegger das weitere Vorgehen.

Neugestaltung bei Generalsanierung

Wann mit dem Vorhaben tatsächlich begonnen wird, lasse sich noch nicht sagen. Die gesamte Straße samt Gehsteigen müsse nach 40 Jahren generalsaniert werden. Insofern sei es naheliegend, dass man hier gleich eine Neugestaltung vornimmt.

Im Vorjahr hatte Lichtenegger angekündigt, dass die Umgestaltung der Praterstraße wegen der Baustellensperre aufgrund der EU-Ratspräsidentschaft frühestens im Sommer 2019 beginnen wird - mehr dazu in Lichtenegger: Praterstraße als Schwerpunkt.

Bei einer Veranstaltung waren insgesamt 500 Ideen der Bürger für die Umgestaltung von Nestroyplatz und Praterstraße präsentiert worden. Vorgeschlagen wurden etwa Beschattung durch mehr Bäume, mehr Sitzmöglichkeiten und eine Begrünung des Platzes - mehr dazu in Start für neuen Nestroyplatz und Radwege auf Praterstraße: Grüne rudern zurück.

Start für Pilotprojekt „Schulstraße“

Den Autoverkehr vermindern will Lichtenegger auch vor Schulen. Deshalb startet nach den Sommerferien vor der Ganztagsvolksschule in der Vereinsgasse das Pilotprojekt „Schulstraße“, das erste dieser Art in Wien - mehr dazu in Schulstraße statt „Elterntaxis“.

„Wir wollen, dass Eltern darüber nachdenken, ob die Kinder wirklich täglich mit dem Auto zur Schule gebracht werden müssen. Dafür sperren wir eine halbe Stunde vor Schulbeginn die Straße ab“, erklärte Lichtenegger. Am betreffenden Schulstandort gebe es derzeit viele Elterntaxis, obwohl die Schüler aus der Umgebung kämen. Nach zwei Monaten wird evaluiert, wobei Lichtenegger hofft, dass die Schulstraße weiterhin bleiben kann.

Ärger wegen PVA-Hochgarage

Verärgert zeigte sich Lichtenegger im APA-Interview über ein Projekt der Pensionsversicherungsanstalt. Die PVA plane eine 445 Stellplätze fassende Hochparkgarage mit einer Länge von 100 Metern und einer Höhe von 17 Metern auf Kosten von Grünflächen. Und das, obwohl im PVA-Gebäude schon 800 Parkplätze untergebracht seien und der Standort auch öffentlich gut angebunden sei.

„Ich glaube, die Zeiten sind vorbei, wo man Mitarbeiter mit Gratisparkplätzen lockt. Viele Firmen denken um und bieten Jahreskarten oder E-Fahrräder an“, so Lichtenegger. Die Bezirksvertretung sei einstimmig dagegen, insofern hat Lichtenegger kürzlich einen offenen Brief an die PVA-Führung geschrieben. Denn rechtlich habe man gegen das Vorhaben keine Handhabe, betonte sie. Die Flächenwidmung lasse einen derartigen Bau dort zu.

ARBÖ: „Lächerliches Argument“

Für Fritz Beidler, Präsident des ARBÖ Wien, ist das Argument, „dass es mehr Platz für Lastenräder geben sollte, angesichts der Zahl der Lastenräder in Wien nahezu lächerlich“. Es sei laut Beidler nicht einzusehen, dass „für politische Träumereien Straßenflächen verengt und Parkplätze verloren gehen“, hieß es in einer Aussendung.

„Wir haben sowohl stadteinwärts als auch stadtauswärts eine hohe Verkehrsdichte auf der Praterstraße. Das würde nur dazu führen, dass sich das Stauproblem noch weiter vergrößert“, meinte ÖAMTC-Sprecher Nikolaus Authried gegenüber Radio Wien zu möglichen Einschränkungen für die Autofahrer.

Ablehnung von FPÖ und ÖVP

Ablehnung kommt auch von FPÖ und ÖVP. „Die Einsparung von Fahrspuren in der Praterstraße wird niemandem helfen“, so Wolfgang Seidl, Obmann der FPÖ Leopoldstadt. Toni Mahdalik, Verkehrssprecher der FPÖ Wien, befürchtet „ein absolutes Chaos“: „Vor allem für Pendler aus dem 22. Bezirk würde dies erneut eine enorme Einschränkung darstellen.“

ÖVP-Verkehrssprecher Manfred Juraczka sah ein Projekt als „eines von vielen in der Reihe Verkehrspolitik ohne Hausverstand“: Dass für einen breiteren Radweg nun einfach eine Fahrspur weggenommen werden soll und über eine 30er Beschränkung nachgedacht wird, sei an Skurrilität nicht zu überbieten. Sabine Schwarz, Obfrau der ÖVP Leopoldstadt, erinnerte an das Bürgerbeteiligungsverfahren: „Hier gab es von Seiten der Leopoldstädterinnen und Leopoldstädter viele Bedenken betreffend einer Fahrspurverengung auf der Praterstraße.“

Gemeinderat Gerhard Kubik (SPÖ) sieht „in dieser Form“ die Diskussion um die Spurverengung nur als „Aufwärmen eines Wahlkampfthemas“. Kubik will die Ergebnisse der Verkehrsstudie abwarten: „Wir wollen keine Resultate der Erhebung vorwegnehmen. Wenn wir über Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung diskutieren, dann nur, wenn wir alle Fakten kennen.