Lunge für Lauda hatte „höchste Dringlichkeit“

Die Ärzte am AKH sind nach der Lungentransplantation beim ehemaligen Rennfahrer und Luftfahrtunternehmer Niki Lauda „sehr zufrieden“. Die Spenderorganzuteilung sei nach klaren Dringlichkeitskriterien erfolgt, heißt es aus dem AKH.

Rund 120 Lungentransplantationen werden pro Jahr im Wiener AKH an der Klinischen Abteilung für Thoraxchirurgie der Universitätsklinik für Chirurgie durchgeführt. Dem 69-jährigen Ex-Formel-1-Star Lauda geht es nach der Lungentransplantation den Umständen entsprechend. „Wir sind sehr zufrieden“, sagte der Chef der Klinischen Abteilung für Thoraxchirurgie, Walter Klepetko, am Freitag - mehr dazu in Nach OP: Lauda wohl Wochen im Spital.

Eine Woche lang hatte Lauda laut AKH auf eine Spenderlunge gewartet. In dieser Zeit wurde er durch maschinelle Sauerstoffanreicherung am Leben erhalten. Die Spenderorganzuteilung erfolgte durch die unabhängige Eurotransplant (europäische Schalt- und Organisationszentrale zum Thema Organtransplantationen, Anm.) mit Sitz im niederländischen Leiden nach klaren Dringlichkeitskriterien.

Der ehemalige Rennfahrer Niki Lauda

APA/DAVID EBENER/DPA

Ärzte nach erfolgter Lungentransplantation „sehr zufrieden“

„Kam sofort in die höchste Dringlichkeitskategorie“

„Da der Patient zum Zeitpunkt der Aufnahme in die Warteliste für die Transplantation durch die extrakorporale Membran-Oxygenierung (ECMO - maschinelle Sauerstoffanreicherung außerhalb des Körpers, Anm.) am Leben erhalten wurde, bei vollem Bewusstsein war und es keine andere Therapiemöglichkeit gab, kam er sofort in die höchste Dringlichkeitskategorie für ein Spenderorgan“, sagte der Chirurg.

Generell müsse man für den weiteren Verlauf immer auch die vor einem solchen Eingriff gegebenen Umstände beim einzelnen Patienten einrechnen, so Klepetko. Man sei jedenfalls vorerst mit dem Verlauf sehr zufrieden. „Das selbstständige Atmen beginnt dann am nächsten Tag oder auch nach einigen Tagen, es ist keine Eile. Wichtig ist, dass es ein ruhiger Verlauf ist und dass man den Patienten dann eben ruhig aus dieser schwierigen Situation herausbringt“, so Klepetko in der ZIB.

Klepetko über den Zustand von Niki Lauda

Walter Klepetko, Leiter der Thorax-Chirurgie am AKH, berichtet aus erster Hand über den aktuellen Zustand von Lauda.

Fünfjahresüberlebensrate bei rund 70 Prozent

Es gibt für alle an Eurotransplant teilnehmenden Länder klare Dringlichkeitskriterien. Bei Lungentransplantationen sind die wichtigsten Kriterien die Blutgase, also die Qualität des Gasaustauschs (Sauerstoffsättigung im Blut etc.) bzw. die Notwendigkeit, maschinell einzugreifen.

„Wenn jemand plötzlich in die oberste Dringlichkeitsstufe für eine Lungentransplantation kommt, erfolgt die Organzuteilung mit höchster Dringlichkeit“, sagte der Transplantationschirurg. Auch der Gesamtzustand des jeweiligen Patienten spielt eine gewisse Rolle. Hier ist die Situation bei Lungenpatienten, die über viele Jahre an chronisch sich verschlechternden Leiden erkrankt sind, anders als bei prinzipiell fitten Personen, die akut in ein nicht reversibles Lungenversagen rutschen.

Spenderorgane für Lungentransplantationen werden nicht auf Gewebeverträglichkeit zwischen Spender und Empfänger ausgewählt, wie das bei anderen Organen geschieht. „Wir haben aber mittlerweile die Möglichkeit, Spenderorgane, die wir sonst nicht verwenden würden, so vorzubereiten und zu verbessern, dass wir sie transplantieren können“, sagte Klepetko. Die Fünfjahresüberlebensrate bei Lungentransplantationen beträgt im Durchschnitt rund 70 Prozent.

Weitere Angaben zum Gesundheitszustand von Lauda machte Klepetko nicht. Hier gibt es eine Vereinbarung mit den engsten Familienangehörigen.

Erste Lungentransplantation in Wien 1989

Klepetko und seine Mitarbeiter schafften es über viele Jahre hinweg, auch durch die Zusammenarbeit mit Ländern wie der Slowakei, Ungarn, Kroatien, Slowenien, Griechenland, Zypern, Rumänien und Estland, die selbst in ihren medizinischen Zentren keine Lungentransplantationen durchführten, eine Stellung als Exzellenzzentrum zu erwerben. Gleichzeitig bedeutete das auch einen großen „Spenderpool“, was die Versorgung mit Spenderorganen erleichterte.

Erste Versuche, eine Lunge zu transplantieren, erfolgten bereits in den 1960er Jahren. Dem US-Chirurgen James Hardy gelang 1964 die erste Transplantation einer Lunge (LuTX). Der Patient überlebte damals nur wenige Tage. Weitere 30 Versuche weltweit führten in den darauffolgenden 20 Jahren überwiegend zu Misserfolgen. Erst ab 1983 gelang Joel Cooper am Toronto General Hospital in Kanada die erste Serie von einseitigen Lungentransplantationen mit länger anhaltendem Erfolg.

Der erste Wiener Patient, der 1989 operiert wurde, überlebte immerhin schon vier Jahre. Klepetko baute schließlich ein eigenes Programm für Lungentransplantationen auf. 1990 verpflanzte er erstmals beidseitig und 1995 Lungenteile (Lappen). Chirurgisch sind diese Eingriffe schwieriger als beispielsweise Herzverpflanzungen, auch die immunologischen Fragen sind diffiziler. Die Lungentransplantation kommt für Patienten infrage, die infolge unheilbarer fortschreitender Lungenerkrankungen (nicht Tumorerkrankungen, Anm.) zunehmend ihre Atemfunktion verlieren.

Österreich hat höchste Lungentransplantationsrate

Heute sind COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und Emphysem (irreversible Überblähung der Lungenbläschen) mit 35 Prozent die häufigsten Grunderkrankungen, die zu einem solchen Eingriff führen. 20 Prozent der Patienten leiden an einer Lungenfibrose, einer Erkrankung des Lungengewebes, 15 Prozent an Cystischer Fibrose, einer angeborenen Stoffwechselerkrankung, etwa acht Prozent an Lungenhochdruck.

Die rund 120 Lungentransplantationen pro Jahr im Wiener AKH machen Wien gemeinsam mit Toronto (Kanada), Cleveland (US-Bundesstaat Ohio) und der Universitätsklinik von Hannover in Deutschland zu einem der vier größten Zentren für solche Eingriffe.

Das wirkt sich im Ländervergleich aus. „Österreich weist mit 15 Lungentransplantationen pro Million Menschen die höchste Lungentransplantationsrate der Welt auf. (...) Die Möglichkeit, in einem Zentrum mit höchster Erfahrung transplantiert zu werden, bedeutet für die Patienten (...) eine wesentlich bessere Überlebenswahrscheinlichkeit“, stellte das Team um Klepetko aus Anlass seines 25-Jahr-Jubiläums 2015 fest.

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