Wien: Maßnahmen wegen „Overtourism“

Weltweit werden die Touristenströme in Städten größer, die Einheimischen fühlen sich vom „Overtourism“ gestört. Auch in der Wiener Innenstadt steigt die Zahl der Touristen, erste Gegenmaßnahmen wurden gesetzt.

„Wenn wir uns anschauen, dass wir auf der einen Seite nicht einmal 17.000 Bewohner haben, auf der anderen Seite aber 250.000 Menschen, die im Schnitt in die Innere Stadt kommen - da wird natürlich irgendwann ein Plafonds erreicht sein. Ich glaube, dass wir jetzt schon die richtigen Maßnahmen setzen müssen - nicht auf den Massentourismus setzen sondern auf die Qualität“, meinte Markus Figl (ÖVP), Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, gegenüber „Wien heute“.

Auch in Wien nimmt die Zahl der Besucher seit Jahren stetig zu. Im Vorjahr kamen erstmals mehr als sieben Millionen Gäste in die Hauptstadt. Trotzdem gibt es in Wien noch keinen „Overtourism“, so Norbert Kettner, Leiter von Wien Tourismus, im Ö1-Morgenjournal: „Wien hat im europäischen Vergleich immer eine kontinuierliche, positive Entwicklung gehabt, niemals ein hysterisches Wachstum wie andere Städte.“ 96 Prozent der Wienerinnen und Wiener sind laut Kettner zufrieden mit dem Tourismus in der Stadt.

Mozart Kartenverkäufer am Stephansplatz

ORF

Tourismus konzentriert sich auf die bekannten Sehenswürdigkeiten

Wiener zufrieden mit Tourismus

Ein Grund, warum der Tourismus in Wien noch kein Problem ist, sei, dass Wien keinen direkten Zugang zum Meer und damit keinen Kreuzfahrttourismus habe. Außerdem werden in Wien vergleichsweise wenige Wohnungen über private Plattformen wie Airbnb vermietet. Verbesserungsmöglichkeiten sieht Kettner etwa bei Ticketverkäufern oder Rikscha-Fahrern im öffentlichen Raum, zudem arbeite man einen einem Buskonzept, „um den Busverkehr in und um Wien erträglicher zu machen für die Bevölkerung.“

Gegenüber „Wien heute“ betonte Kettner auch, dass Wien Tourismus auf Sehenswürdigkeiten abseits von Innenstadt und Schönbrunn hinweisen würde - etwa den Prater oder das Hundertwasserhaus: „Wir gehen auch ganz bewußt in die Außenbezirke, da gibt es auch Anlässe, da entwickeln sich auch neue Zentren, das dauert natürlich seine Zeit.“

Kettner gibt aber auch zu: Die meisten Erstbesucher entscheiden sich trotzdem für die traditionellen und stark frequentierten Sehenswürdigkeiten.

Wien: Maßnahmen wegen „Overtourism“

Auch in der Wiener Innenstadt steigt die Zahl der Touristen, erste Gegenmaßnahmen wurden gesetzt.

Drehkreuze in Venedig

Für den Freizeitforscher Peter Zellmann vom Wiener Institut für Freizeit- und Tourismusforschung ist Wien vorbereitet: „Es gilt jetzt, Verkehrsströme zu lenken, alternative Angebote zu finden und schlimmstenfalls mit Zugangsbeschränkungen die Zutritte zu mindern.“ Noch gehe es sich aus in der Wiener Innenstadt mit tausenden Touristen pro Tag. Wichtig sei, so der Tourismusforscher, dass Tourismus und Bewohner gemeinsam ein Auge darauf haben, dass das so bleibt.

In anderen Städten wie Venedig wird versucht, den Andrang vor den Touristenattraktionen zu regulieren, etwa mit Drehkreuzen. „Wenn die Einheimischen als Gastgeber irgendwann nicht mehr da sind, wird in weiterer Folge der wirtschaftliche Effekt ausbleiben“, so Zellmann im Ö1-Morgenjournal. In Wahrheit würden die Touristen die Authentizität mit den Einheimischen gemeinsam erleben wollen, so Zellmann. Wenn die Einheimischen nicht mehr da sind, würde der Grund, die Stadt kennenzulernen, wegfallen.

Touristen mit Handy

Helmut Fohringer

Zum Tourismuserlebnis gehören auch Einheimische

So viele Juli-Nächtigungen wie noch nie

Dass immer mehr Touristinnen und Touristen nach Wien kommen, belegen die aktuellen Zahlen von WienTourismus: Mit 1,56 Mio. Nächtigungen wurde der bisherige Rekordwert aus dem Vergleichsmonat 2017 um 1,9 Prozent übertroffen. Von den zehn wichtigsten Herkunftsmärkten sorgten lediglich Russland (minus elf Prozent), Frankreich (minus fünf) und Spanien (minus acht) für Rückgänge. Die Bettenauslastung ging marginal zurück - von 66,1 auf nunmehr 65,9 Prozent.

Die Beherbergungskapazität stieg zugleich um rund 40 Betten oder 0,1 Prozent. Insgesamt ist das bisherige Jahr für die Hauptstadt erfreulich verlaufen. Seit Beginn 2018 stiegen die Nächtigungen um 3,7 Prozent und hielten zuletzt bei 8,78 Mio. - mehr dazu in Tourismus wirbt um reiche Gäste

Positives gibt es auch für die Hotellerie zu berichten. Ihr Nettonächtigungsumsatz lag bis einschließlich Juni bei rund 376 Mio. Euro und damit um fünf Prozent über dem Halbjahreswert von 2017. Für Juli gibt es hier noch keine Zahlen.

Links: