Zwangsheirat: „Nicht nur kulturelles Problem“

Im Prozess gegen einen jungen Mann nach dem Mord an seiner Schwester ist auch die Zwangsheirat thematisiert worden. Die Beratungsstelle „Orient Express“ warnt, das das oft als kulturelles Problem abgetan wird.

Das Opfer begab sich vier Tage vor ihrem Tod in ein Krisenzentrum, weil sie Angst hatte, ihr Vater wolle mit ihr nach Afghanistan fliegen, um sie „gegen ihren Willen zu verheiraten". Der Bruder gestand im Prozess am Mittwoch die Tat und wurde für den Mord an seiner Schwester zu lebenslanger Haft verurteilt - mehr dazu in Lebenslang nach Mord an Schwester.

„Das Mädchen hat auch um Hilfe gerufen, hat aber nicht die geeignete Hilfe bekommen. Sie hat genug getan, mehr Hilfeschreie konnte sie nicht geben. Da haben die Strukturen versagt“, meinte Meltem Weiland von Orient Express, der Koordinationsstelle gegen Zwangsheirat, in „Wien heute“, „man muss aufhören, das Thema kulturell zu begründen, sondern als Gewaltthema anerkennen. Speziell für junge Mädchen, die nach Hause zurückkehren ist es umso schwieriger - weil sie dadurch, dass sie einmal die Familie verlassen haben mehr oder weniger die Familie verraten haben.“

Plakat der Frauenberatungsstelle Orient Express

ORF

Die Koordinationsstelle Orient Express hilft betroffenen Frauen

Mehr Ressourcen gefordert

Frauen, die sich gegen die Zwangsheirat wehren, haben es laut Weiland schwer: „Nach der Rückkehr werden sie mehr unter Kontrolle gehalten, von der Familie gedemütigt und beschimpft, weil sie die Familie verraten hat, die Familiengeheimnisse einer dritten Person anvertraut hat. Also die Rückkehr ist umso schwieriger, deshalb müssen wir immer schauen, ob wir Kontakt bekommen und den Kontakt halten um schauen, dass es nicht eskaliert oder zu einer Eskalation kommen wird.“

„Was wir in Österreich brauchen sind einfach Ressourcen, um die Arbeit nachhaltig machen und vorantreiben zu können. Jede Institution müsste genau wissen, wie sie handeln soll und nicht mehr fragen müssen, ist das Mädchen bei mir richtig oder nicht richtig. Wir brauchen einen Handlungsleitfaden für jeden Bereich und das muss ernst genommen werden. Wenn Gewaltthemen einfach zwischendurch behandelt werden, passieren solche Morde“, so Weiland gegenüber „Wien heute“.

Hintergründe Zwangsheirat

Wie soll man mit dem Problem der Zwangsheirat in Wien umgehen? „Wien heute“ hat mit einer Expertin in einer Beratungsstelle gesprochen.

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