Gemischte Bilanz für Alkoholverbot Praterstern

Rund vier Monate ist das Alkoholverbot auf dem Wiener Praterstern nun schon in Kraft. Die Polizei registriert weniger Delikte seit Beginn. Der Bezirk beklagt Verdrängungseffekte und hat erste Maßnahmen ergriffen.

Laut Sucht- und Drogenkoordination ist die Sozialarbeit verstärkt, der Job der Streetworker aber herausfordernder geworden. Was die Arbeit der Polizei anbelangt, gab es bisher 430 Anzeigen, 752 Abmahnungen und 59 Organmandate im Zusammenhang mit dem Alkoholverbot. Zudem wurden 1.140 promillehältige Getränke entweder beschlagnahmt oder entsorgt. Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum zwischen 27. April - dem Start des Verbots - bis inklusive 2. August.

Polizei sieht keine Verdrängungseffekte

Die Exekutive sieht durchaus positive Effekte: „Die Zahl der marginalisierten Personen ist zurückgegangen, somit auch die Zahl der alkoholbedingten Anzeigen, Delikte und in Folge auch der Angriffe auf die Beamten“, resümiert die Polizei. Auch die Einsätze wegen reglos aufgefundener Menschen sei drastisch gesunken, wodurch Polizeikräfte für andere Einsätze bzw. Bestreifungen freigespielt würden.

Die Verdrängungseffekte seien „marginal“, versichert die Polizei: „Der Bereich Kaiserwiese wurde beispielsweise immer schon von einzelnen Gruppen von Alkoholkranken und Obdachlosen genützt. Das hat wenig bis nichts mit dem Alkoholverbot am Praterstern zu tun.“

Praterstern

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Polizei zieht positive Bilanz

Sitzbänke versetzt

Im betroffenen Bezirk sieht man das freilich ganz anders. Die Leopoldstädter Vorsteherin Uschi Lichtenegger (Grüne) beklagte wiederholt die Vertreibung Betroffener in umliegende Straßenzüge und Grätzel. Sie sieht Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) in der Pflicht. Dieser sei „der Verlockung der jährlich wiederkommenden, populistischen Forderung erlegen“, hielt sie kürzlich in ihrem Blog fest. Dieser trage Schuld an der „nicht tragbaren Situation“ und entziehe sich seither jeglicher Verantwortung: „Die von ihm versprochenen (...) sozialen Begleitmaßnahmen sind von ihm nie geliefert worden.“

Die Leopoldstadt hat insofern bereits erste Maßnahmen gesetzt. So werden einige Sitzbänke auf der Praterstraße versetzt. Denn es habe Beschwerden von Hotels und Geschäftsinhabern gegeben, weil Menschen vor Eingängen oder neben Schanigärten aufhältig seien, Leute anpöbelten oder urinierten. Eine Entfernung von Sitzgelegenheiten komme aber nicht infrage, versichert man seitens der Bezirksvorstehung.

Drogenkoordinator: Sozialarbeit wurde verstärkt

Bei der städtischen Sucht- und Drogenkoordination will man das so nicht stehen lassen. Die Sozialarbeit sei am Praterstern und in der Umgebung seit dem Alkoholverbot verstärkt worden, sagt Koordinator Ewald Lochner: „Wir haben Ressourcen dorthin verlagert.“ Natürlich sei die Arbeit der Streetworker „nicht leichter geworden“, räumte er ein.

Von Verdrängungseffekten zu sprechen, sei aber zu verfrüht. Denn in den Sommermonaten hielten sich stets mehr Personen im öffentlichen Raum auf. Deshalb müsse man die Sache über einen längeren Zeitraum und unter Einbeziehung aller Jahreszeiten betrachten. Er verstehe zwar den Ruf von Anrainern und Bezirk nach schnellen Aktionen. Aber im Sinne effektiver und finanziell effizienter Maßnahmen sei eben eine längere Betrachtung nötig.

Schwierig für Streetworker

Von schwierigeren Bedingungen für die Streetworker berichtet auch das Rote Kreuz, das am Praterstern das Tageszentrum „Stern“ betreibt. „Unsere Klienten ziehen größere Kreise“, berichtet Sprecher Alexander Tröbinger: „Früher wussten wir, wo sie sind. Das ist jetzt schwieriger.“ Im Mai und Juni habe man außerdem bemerkt, dass das „Stern“ auch vermehrt zum Trinken frequentiert wurde. Denn in den Räumlichkeiten dürfen Bier und Wein in Maßen konsumiert werden - im Gegensatz zu harten Getränken wie Schnaps.

Im Sommer sei dies weniger geworden, weil sich hier üblicherweise mehr Menschen im Freien aufhalten würden. Insofern meint auch Tröbinger, dass für eine stichhaltige Bilanz noch der Herbst und Winter abgewartet werden müsse.

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