Chorherr kündigt Rückzug an

Nach 27 Jahren in der Kommunalpolitik hat der Grünen-Gemeinderat Christoph Chorherr seinen Abgang rund um den Jahreswechsel verkündet. Er wolle nicht als Politiker in Pension gehen, sagte er in einem Video auf seiner Website.

Die Wiener Grünen sind im Umbruch: Nach dem angekündigten Rückzug von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou gab Montagfrüh auch der langjährige Gemeinderat Christoph Chorherr seinen Abgang rund um den Jahreswechsel bekannt. Er habe sich entschieden, „meine lange Zeit als Berufspolitiker zu beenden“, sagte er in einem Video, das auf seiner Website veröffentlicht wurde.

Christoph Chorherr

ORF

Christoph Chorherr ist Planungssprecher der Grünen in Wien

Pläne für eigene Holzofenbäckerei

„Ich werde ein Grüner bleiben, wenn es gewünscht wird, ehrenamtlich“, versprach Chorherr. Er werde helfen, wenn er gerufen werde: „Ich glaube, dass die Wahl 2020 eine extrem wichtige ist, die wir gewinnen können.“ Bevor er gehe, wolle er noch ein großes Projekt fertigmachen: die neue Wiener Bauordnung, deren Beschluss im Landtag demnächst ansteht. Danach werde er ein „politisch motivierter Unternehmer“.

Chorherr kündigt Rückzug an

Nach 27 Jahren in der Kommunalpolitik hat der Grünen-Gemeinderat Christoph Chorherr seinen Abgang rund um den Jahreswechsel verkündet.

Angedacht ist laut Chorherr eine Tätigkeit unter anderem im Bereich Bauen bzw. Städtebau. Fix ist außerdem bereits, dass er gemeinsam mit Partner Heli Gragger eine Holzofen-Biobäckerei eröffnen wird - in der etwa Menschen aus dem zweiten Arbeitsmarkt und auch Flüchtlinge Beschäftigung finden werden.

Für Wiener Grüne beginnt „neue Phase“

„Für uns Wiener Grüne beginnt jetzt eine neue Phase“, sagte ‏Chorherr, der in den 1990er Jahren auch kurzzeitig Chef der Bundesgrünen war, gleich zu Beginn des Videos. Im November wisse man, wer nächster Spitzenkandidat sei. Vassilakou habe angekündigt, sich auf Sicht zurückzuziehen, und auch er denke schon „sehr, sehr lange“ nach, wann für ihn der Punkt erreicht sei, seine Phase nach 27 Jahren in der Wiener Kommunalpolitik zu beenden, so Chorherr. Rund um den Jahreswechsel wolle er sein Mandat zurücklegen, er wolle nicht als Politiker in Pension gehen.

Chorherr gehört zu den Urgesteinen der Grünen. Mehr als sein halbes Leben hat der 57-Jährige der Parteiarbeit gewidmet. Seit 2010 zeichnete er in der rot-grünen Rathausregierung maßgeblich für die Stadtplanung verantwortlich.

Kritik um Spenden aus Tojner-Umfeld

Als solcher geriet er vor einem Jahr auch wegen Spenden von Immobilienunternehmen an seinen karitativen Verein s2arch in die Kritik. Unter anderem hatte es aus dem Umfeld von Heumarkt-Investor Michael Tojner Spenden für zwei Schulprojekte, die Chorherr in Afrika ins Leben gerufen hatte, gegeben.

Chorherr bestritt daraufhin vehement, dass irgendwelche Gelder seine politischen Tätigkeiten beeinflusst hätten. Anfang des Jahres legte er seine Funktionen als Obmann des Vereins zurück - mehr dazu in Spenden-Causa: Chorherr tritt aus Verein zurück.

Chorherr, Sohn des inzwischen verstorbenen Ex-„Presse“-Chefredakteurs Thomas Chorherr, kann durchaus als Mitbegründer der österreichischen Grünen bezeichnet werden. Mit deren Einzug in den Nationalrat begann der studierte Volkswirt, der im Zuge der Zwentendorf-Debatte politisiert worden war, für die frischgebackene Parlamentsfraktion als Referent für Wirtschafts-, Verkehrs- und Energiepolitik zu arbeiten.

Chorherr: Lieber Projekte mit Abstrichen durchziehen

Als die Grünen 1991 auch in der Bundeshauptstadt den Sprung in den Landtag und Gemeinderat geschafft hatten, besetzte Chorherr eines der sieben errungenen Mandate. Danach ging es die Karriereleiter nach oben.

Nach einem Jahr an der Spitze der Bundespartei, von der er wegen andauernder Streitigkeiten schnell wieder abließ, führte der gebürtige Wiener ab 1997 schließlich als Klubobmann die Geschicke der Wiener Grünen und diese bei der Wien-Wahl 2001 als Spitzenkandidat in den zweistelligen Ergebnisbereich. 2004 wurde er von Vassilakou, nunmehrige Vizebürgermeisterin sowie Verkehrs- und Planungsstadträtin, abgelöst.

Ähnlich wie Vassilakou legte der Langzeitpolitiker seine Rolle nie als „Fundi“ an. Gemäß seinem Credo „Schärfer als die schärfste Kritik ist die konkrete, erlebbare Alternative“ strebte er stets danach, Projekte lieber mit Abstrichen durchzusetzen, als sich ideologisch einzuzementieren.

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