Gute Noten für Schulstraße

Keine Elterntaxis, kein Durchfahrtsverkehr, dafür Kinder, die sogar alleine zu Fuß in die Schule kommen: Positiv wird bisher der Probelauf Schulstraße Vereinsgasse in der Leopoldstadt bewertet, der aber auch Schwächen offenlegt.

In zweiter Spur parkende Autos, hektisches Aussteigen, dahinter Autos, die nur durchfahren wollen, aber im Stau stecken geblieben sind - und mitten drin Volksschulkinder. Das zu vermeiden ist Ziel der Maßnahme, die aus der Vereinsgasse in der Leopoldstadt im Bereich der Ganztages-Volksschule (GTVS) täglich 30 Minuten lang, von 7.45 bis 8.15 Uhr, eine Schulstraße macht. Die Durchfahrt ist untersagt, Kinder müssen bzw. können die letzten Meter auf dem Weg zur Schule ungehindert vom Verkehr zu Fuß gehen.

Seit 10. September wird die Schulstraße getestet und die bisher gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse werden von den betroffenen Stellen zunächst einmal sehr positiv bewertet. Laut Bezirksvorsteherin Ursula Lichtenegger von den Grünen hat es insgesamt, also bei Mobilitätsagentur, Bezirk und Stadt, nur vier Beschwerden gegeben. Gegenstand einer dieser Beschwerden war demnach der Umstand, nicht schriftlich über den Probelauf informiert worden zu sein.

Schulstraße Vereinsgasse

Mobilitätsagentur Wien/Christian Fürthner

Vereinsgasse wird zur Schulstraße, an Schultagen von 7.45 bis 8.15 Uhr

Eltern wollen Schulstraße auch nachmittags

„Unsere Erfahrung ist, dass die Kinder sich deutlich sicherer fühlen, wenn sie in die Schule kommen, was für die Eltern sehr beruhigend ist. Es gibt einige Eltern, die ihre Kinder seit neuestem auch alleine in die Schule gehen lassen, weil sie den Schulweg für bewältigbar halten“, sagte die Leiterin der GTVS, Gabriele Lener. Allerdings wird die Vereinsgasse nur in der Früh zur Schulstraße. Hier wünschen sich jetzt laut Lener viele Eltern, dass es auch am Nachmittag eine Sperre der Straße gibt, wenn die Schule für die Kinder endet, also etwa in der Zeit von 16.00 bis 17.30 Uhr.

Denn viele Kinder würden von der Früh her gewöhnt sein, dass auf der Straße keine Autos fahren und dann am Nachmittag das gleiche erwarten bzw. sich gleich verhalten wie in der Früh, obwohl dann aber Autos durch die Straße fahren dürfen. Das sei eine Situation, die für Eltern nicht so zufriedenstellend sei, sagte Lener. Das bestätigt auch die Mobilitätsagentur.

Im Probeverlauf zeigte es sich auch, dass die Zufahrt für Lenker mit Behindertenausweis extra geregelt werden müsse. Und noch ein Schwachpunkt zeigte sich: In den ersten Wochen des Probelaufs war die Vereinsgasse mit Scherengittern abgesperrt. Als diese vor wenigen Tagen weggebracht wurden und nur noch Verkehrszeichen auf das Fahrverbot aufmerksam machten, fuhren viele Autofahrer wieder durch die Vereinsgasse - trotz bestehenden und angezeigten Verbots. Für Lichtenegger ein klarer Fall für die Grätzelpolizei.

Bezirk will Schulstraße umsetzen

Alle diese und wohl noch weitere Beobachtungen und Erfahrungen aus dem Probelauf werden in den Herbstferien beurteilt und bewertet. Danach wird entschieden, wie es mit der Schulstraße weitergeht. Wunsch des Bezirks wäre es laut Lichtenegger, dass die Schulstraße bestehen bleibt. Das Fahrverbot soll den Schulweg für Kinder sicherer machen und verhindern, dass Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, den Verkehr noch zusätzlich verstärken.

Erfolgreiches Modell seit 20 Jahren in Bozen

Positive Erfahrungen mit Schulstraßen gibt es in Südtirol schon seit Jahren. Petra Jens, Beauftragte für Fußverkehr der Stadt Wien: "In Bozen gibt es Schulstraßen seit mehr als 20 Jahren. Die Anzahl der auf dem Schulweg verletzten Kinder ist seitdem um mehr als die Hälfte gesunken.“ Salzburg war im Vorjahr das erste österreichische Bundesland, in dem vor sechs Volksschulen eine Schulstraße eingerichtet wurde. Der erste Probelauf in Wien startete mit dem heurigen Schuljahr eben in der Leopoldstadt.

Der Versuch in der Vereinsgasse läuft noch bis November weiter. Dann sollen die im Probelauf gewonnenen Erkenntnisse und der Nutzen einer solchen Maßnahme bewertet werden. Auch wenn das Bild vor einzelnen Schulen ein anderes sein mag: Wien ist jenes Bundesland, in dem es am wenigsten Elterntaxis gibt. Laut dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) werden in Wien 14 Prozent der Kinder von ihren Eltern per Auto zur Schule geführt. Am häufigsten passiert dies in Kärnten, wo 35 Prozent mit Elterntaxis zur Schule kommen.

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