Ehemaliges Zollamtsgebäude nun Uni-Standort

Einst Finanzgebäude, dann Notquartier für Flüchtlinge, jetzt sollen tausend Studierende dort Platz finden: Die Universität für angewandte Kunst hat das ehemalige Zollamtsgebäude in Wien-Landstraße bezogen.

2015 hat das Gebäude in der Vorderen Zollamtsstraße 7 noch als Notquartier für Flüchtlinge gedient: In der Zwischenzeit wurden 15.000 Quadratmeter Nettoraumfläche komplett neu errichtet. Nur die Außenwände sind erhalten geblieben.

„Die Aula im Erdgeschoss gibt uns die Möglichkeit, das was wir auch schon begonnen haben weiterzutreiben: Die Universität nach außen zu öffnen. Mit der Gesellschaft in Kontakt zu treten über Vorträge zu aktuellen Themen im Schnittfeld Kunst, Wissenschaft, Gesellschaft“, freut sich Rektor Gerald Bast gegenüber „Wien heute“.

„Mehr Platz - wenn auch nicht rasend viel“

Auf sieben Etagen bietet der neue Bau Platz für gut tausend Studenten, Lehrende und Mitarbeiter der Bereiche Bildende Kunst, Kunstpädagogik und der wissenschaftlich-theoretischen Abteilungen. Damit bekommen alle Institute „mehr Platz - wenn auch nicht rasend viel“, so Bast. Aus seiner Sicht war es höchste Zeit für eine Erweiterung, immerhin sei die Zahl der Studenten seit den Sechzigern von rund 500 auf 1.900 angewachsen. Dazu komme, dass die Uni sich seither geöffnet habe, pro Jahr gebe es mehrere 100 öffentliche Veranstaltungen.

U-Bahn verläuft direkt unter neuer Aula

Neben der großen Bibliothek im obersten Stock wurden von der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) in zwei Jahren Bauzeit eine Cafeteria, Studios, Arbeitsräume und sogenannte „Fluxräume“ geschaffen, die flexibel genutzt und deren Glaswände komplett geöffnet werden können. 39 Mio. Euro wurden dafür in die Hand genommen. Eine besondere Herausforderung für das Architekturbüro Riepl Kaufmann Bammer war dabei die durch den Keller verlaufende Strecke der U-Bahnlinie U4.

„Daher war es notwendig, den Saal so zu lagern, sodass der Saal unabhängig vom gesamten restlichen Gebäude liegt um hier die Veranstaltungen nicht durch Erschütterungen der U-Bahn oder ihre hohe Frequenz zu stören“, sagt Hans-Peter Weiss, der Geschäftsführer der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG).

Auch Haupthaus saniert und umgebaut

Neben dem Erweiterungsbau wurde auch der an den historischen Ferstltrakt anschließende, in den 1960ern errichtete Schwanzertrakt des Angewandten-Hauptgebäudes am Oskar-Kokoschka-Platz um 27 Mio. Euro generalsaniert und etwa in Sachen Brandschutz, Sanitäranlagen, Heizungs- und Lüftungsanlagen auf den letzten Stand gebracht. Der Bau wurde ebenfalls bis auf die statische Grundstruktur rückgebaut.

In Absprache mit Studenten und Lehrenden wurden danach neue Raumstrukturen geschaffen, Gänge geöffnet und so zusätzlicher Raum nutzbar gemacht. Bei den Architekturstudenten entstand dadurch etwa ein Geschoß, das nur durch verschiebbare Glaswände unterteilt werden kann. Außerdem wurden Ferstl- und Schwanzertrakt besser als bisher miteinander verbunden und der Ursprungscharakter des Baus deutlicher herausgearbeitet.

„Man sieht das sehr viel entfernt worden ist, was vorher verkleidet war und das gefällt mir natürlich. Wir haben die Fachbereiche viel enger beisammen als es vorher war“, sagt Professor Stefan Dietz.

„Angewandte“ mit neuem Quartier

Die Universität für angewandte Kunst breitet sich aus: Wo früher das Finanzministerium und dann Flüchtlinge untergebracht waren, studieren nun junge Künstler.

Erweiterung hat eine längere Geschichte

Rektor Bast will den Schwung gleich mitnehmen. Die Bedeutung der Angewandten werde angesichts digitaler Revolution und gesellschaftlicher Umbrüche weiter wachsen, betonte er. Er werde deshalb den Weg einer „Erneuerung des universitären Bildungsverständnisses weitergehen“. „Und gerade weil wir versprechen hier weiterzutun, kann ich nicht versprechen, dass wir in den kommenden Jahren den Vertretern der MINT-Fächer und monodisziplinären Massenfächer das Feld überlassen werden“.

Der Erweiterungsbau der Angewandten hat übrigens bereit eine längere Geschichte, zuletzt war Bast mit seinen Plänen im Jänner 2014 gescheitert: Wegen Platzmangels und des desolaten Zustands hatte das Gebäude der Angewandten eigentlich ab Mitte 2013 saniert und um 10.000 Quadratmeter erweitert werden sollen.

Für das Projekt war ein Architekturwettbewerb abgehalten worden, im Februar 2012 wurde das Siegerprojekt des Architekten Wolfgang Tschapeller präsentiert. Schließlich zog das Wissenschaftsministerium zurück, nachdem die Kosten für das Projekt sich innerhalb eines Jahres auf 105 Mio. Euro verdoppelt hätten und das Finanzministerium das nicht finanzieren wollte.

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