Jede dritte Frau Opfer von Gewalt im Netz

Das Thema sexuelle Belästigung im Netz wird nicht zuletzt seit der Verurteilung der grünen Ex-Nationalrätin Sigrid Maurer heftig diskutiert. Eine aktuelle Studie zeigt jetzt, dass jede dritte Frau von Gewalt im Internet betroffen ist.

Ein Drittel der befragten 1.018 Mädchen und Frauen gab an, innerhalb des letzten Jahres zumindest einmal Gewalt im Internet erlebt zu haben. Vor allem mit Beschimpfungen und Beleidigungen (23 Prozent) und sexuell anzüglichen Mitteilungen (elf Prozent) waren die Frauen und Mädchen konfrontiert. Die Liste der Erfahrungen geht bis hin zu gefährlichen Drohungen oder Identitätsraub. Die meisten Opfer kennen die Täter nicht, fast 60 Prozent von ihnen sind aber Männer.

Frau schreibt Textnachricht

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Jede dritte Frau wird im Netz belästigt.

Die Studie zeigt auch, dass sich Opfer von Gewalt im Internet nicht wirklich wehren. Mehr als die Hälfte der Befragten blockiert die Täter, nur 21 Prozent dokumentieren die Taten. Will eine Betroffene doch zur Polizei gehen, sei das aber ein wichtiger erster Schritt, hieß es vom Weißen Ring. Die Nachverfolgung mutmaßlicher Täter ist ohnehin nicht leicht: „Es ist eine technische und eine rechtliche Frage, was man alles herausfinden kann“, meinte Dina Nachbaur, Bundesgeschäftsführerin der Opferhilfe-Organisation Weißer Ring.

Anhand der IP-Adresse werde versucht, festzustellen, wer etwa hinter Nachrichten steckt. „Das ist mit großem technischen Aufwand verbunden. Man kann das auch nicht bei allen Delikten gleichermaßen ermitteln, also nicht bei jeder Art von Beschimpfung. Erst ab einer bestimmten Dringlichkeit und Gefährlichkeit, etwa bei Fällen von Grooming, wenn Männer zu Minderjährigen sexuelle Kontakte anbahnen, funktioniert das sehr schnell, dass der Name und die Adresse von demjenigen herausgefunden wird, der das war.“

Prävention ist am wichtigsten

„Das Allerwichtigste ist die Prävention - und zwar früh, spätestens in der Volksschule“, betonte Nachbaur. Betroffene sollten sich an Beratungsstellen wenden. Was strafrechtlich verfolgt werden könne, sei „eine politische Entscheidung“. „Es geht auch darum, was man im Netz von sich zeigen möchte. Das Thema ist aktueller denn je, weil man so schnell eine so große Öffentlichkeit hat. Diese Themen muss man mit den jungen Leuten besprechen“, sagte Nachbauer.

Laptop Internet Computer

ORF.at/Zita Klimek

Täter, die sich im Internet abfällig über bestimmte Personengruppen äußern und damit den Strafbestand der Verhetzung erfüllen, „denken sich einfach nicht viel dabei“, sagte Nachbaur. Die glauben, es ist sozusagen ihr freies Recht, sehen dabei aber nicht, dass sie sich strafbar machen. „Wenn man aber individuell einer Frau solche Nachrichten schickt, dann ist das nicht Gedankenlosigkeit, sondern ein Frauenbild, das dahintersteckt, eine Respektlosigkeit und eine Missachtung sondergleichen.“

Gesetzliche Lage nicht genau geklärt

Beim aktuellen Fall der Ex-Grünen-Abgeordneten Sigrid Mauer, die an sie gerichtete obszöne Nachrichten öffentlich gemacht hatte, sei es „grundsätzlich das Problem gewesen, dass es - so schlimm es auch war - eine Nachricht von einem Sender an eine Empfängerin war. Im österreichischen Strafrecht handelt es sich erst um eine Beleidigung, wenn es ein Mindestpublikum gibt, wenn andere Leute das wahrnehmen können“, sagte Nachbaur. In Deutschland sei der Strafbestand der Beleidigung beispielsweise anders ausgeformt. „Da reicht eine Nachricht von einer Person an eine andere, wenn sie die Würde des Menschen verletzt“, erklärte Nachbaur.

Sigrid Maurer, ehemalige Nationalratsabgeordnete der Grünen, ist am Dienstag wegen übler Nachrede verurteilt worden. Maurer hatte an sie gerichtete obszöne Nachrichten öffentlich gemacht und einen Biergeschäftsbesitzer als Verfasser genannt - mehr dazu in Üble Nachrede: Maurer verurteilt. Ihre Verurteilung sorgte für viel Wirbel. Sie selbst reagierte erschüttert und geht in die Berufung - mehr dazu in Aufregung über Maurer-Urteil.

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