Kritik an Umschichtung von Schulbudgets

Nach einem runden Tisch stehen seit Dienstag die ersten Maßnahmen gegen Gewalt an Schulen fest. Die geplante Umschichtung von Schulbudgets zu Brennpunktschulen sorgt für Kritik.

Mit Kritik haben die Wiener ÖVP, NEOS und Wiener AHS-Lehrervertreter auf die Ankündigung von Bildungsdirektor Heinrich Himmer reagiert, Geld und Personal künftig zu Brennpunktschulen zu verlagern und - sollte es nicht mehr Geld dafür vom Bund geben - umgekehrt Schulen mit weniger sozialen Problemen Ressourcen wegzunehmen.

Lehrervertreterin Ursula Hafner, Vorsitzende der ÖPU Wien, kritisierte in einer Aussendung „die unverhohlene Attacke des Wiener Bildungsdirektors auf die Wiener Gymnasien“. Besonders belastete Schulen bräuchten zweifellos mehr Mittel, das dürfe aber nicht auf Kosten der Gymnasien geschehen. Viele AHS könnten schon jetzt kaum noch die gesetzlich vorgeschriebenen Unterrichtsangebote bedecken. „Freifächer, unverbindliche Übungen und Begabtenförderung sind ohnehin schon auf ein Minimum reduziert bzw. gar nicht mehr vorhanden.“

ÖVP: Schulen werden „in den Abgrund gerissen“

Auch die Wiener ÖVP sieht in der angekündigten Finanzierung auf Basis eines Sozialindex eine Bestrafung jener Schulen, „die sich bislang dem Abwärtsstrudel entzogen haben“. Diese würden „mit in den Abgrund gerissen“, so Bildungssprecherin Sabine Schwarz in einer Aussendung. Wiens Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) solle außerdem dafür sorgen, „dass Wien endlich die 100 Schulsozialarbeiter bekommt, die seit Jahren versprochen werden und die eindeutig in die Landeszuständigkeit fallen“.

Die Wiener NEOS fordern zwar selbst schon lange eine Verteilung der Gelder auf Basis eines Sozialindex. Eine bloße Umschichtung werde die Probleme in Wiens Bildungssystem aber nicht dauerhaft lösen können, betonte NEOS Wien Bildungssprecherin Bettina Emmerling in einer Aussendung. „Das Geld soll nicht den einen Schulen weggenommen werden - was wir brauchen ist eine massive Aufstockung des Budgets!“ Es gebe gerade in Wien genug Einsparungsmöglichkeiten im aufgeblähten Politsystem.

Polizei will Anti-Gewalt-Workshops bieten

Lob an der geplanten Umschichtung kommt von Christian Klar. Er ist Direktor der Franz-Jonas-Europaschule in Floridsdorf, einer sogenannten Brennpunktschule. „Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Schritt. Dort, wo Kinder Schwierigkeiten haben, braucht man kleinere Gruppen, braucht man mehr Zeit, auch mehr Unterstützungspersonal“, sagte Klar im „Wien heute“-Interview.

245 Schüler suspendiert

Er spricht sich für Suspendierungen von gewalttätigen Schülerinnen und Schülern - die im Bundesgesetz geregelt sind - aus. „Ich glaube, dass es Maßnahmen und Rechte braucht, dass Lehrer durchgreifen können. Es braucht die Möglichkeit, als Schule direkt zu suspendieren“, sagte Klar. Es gehe ja auch darum, die anderen Schüler und Schülerinnen sowie Lehrerinnen und Lehrer zu schützen.

Im Schuljahr 2017/2018 sind 245 von insgesamt 230.000 Schülerinnen und Schülern in Wien wegen Gewalt suspendiert gewesen, im Schnitt zwölf Tage lang. Der Großteil von ihnen war zwischen zwölf und 15 Jahre alt. Neben Infobroschüren für Schüler, Eltern und Lehrer wird es künftig weitere Maßnahmen für suspendierte Schüler geben.

258 Anzeigen wegen Gewalt an Schulen

138 Anzeigen wegen Gewalt kamen von Neuen Mittelschulen (NMS). Auf Platz zwei mit 37 Anzeigen weist die Statistik die AHS aus.

„Wir werden eine Vereinbarung mit dem Schüler treffen zur Erbringung des Lehrstoffes, in der Zeit, die er versäumt. Es gibt in der Zukunft einen verpflichtenden Termin mit der Schulpsychologie“, kündigte Bildungsdirektor Heinrich Himmer an. Schüler sollen auch nach Ende der Suspendierung begleitet werden. Die Polizei will etwa neben Anti-Gewalt-Workshops auch Einzelgespräche mit wegen Gewalt suspendierter Schüler durchführen - mehr dazu in 258 Anzeigen wegen Gewalt an Schulen.

Elternvertreter hoffen auf „mehr Supportpersonal“

Betroffene kommen oft aus sozial schwachen Familien, für Elternvertreter ist der Ausschluss daher keine Lösung. „Die Suspendierung scheint für uns nicht der geeignete Weg“, sagte der Elternvertreter der Wiener Pflichtschulen, Karl Dwulit. Weil die Kinder dann nicht wirklich erreichbar wären.

Studiogespräch mit Christian Klar

Zu den Ergebnissen des runden Tisches hat Christian Klar, Direktor einer Brennpunktschule in Floridsdorf, im „Wien heute“-Studio Stellung genommen.

Die Elternvertreter begrüßen die ersten angekündigten Schritte der Stadt. Derzeit gibt es 27 fixe Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter in Wien für rund 700 Schulen. Die Stadt hat eine Aufstockung versprochen, die auch dringend benötigt wird, sagte Elternvertreter Dwulit.

„Es gibt hoffentlich mehr Supportpersonal, das war auch klar eine Forderung, die wir aus dem Pflichtschulbereich eingebracht haben. Weil Lehrerinnen und Lehrer werden das alleine nicht lösen können, es geht da viel um Beziehungsarbeit“, so Dwulit.

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