Debatte um Hitler-Balkon am Rathaus

Adolf Hitler hat am 9. April 1938 vom Rathaus zu den Wienern gesprochen. Am Hauptturm wurde für den Diktator ein Holzbalkon errichtet. Dieser wurde wenig später in Stein nachgebaut. Die Initiative „Memory Gaps“ fordert nun den Abriss.

Der Hitler-Balkon existiert bis heute und verstoße, so hieß es in einer Aussendung der Initiative, auch gegen die architektonische Linie des Hauptturms. „Alternativ dazu könnte dieser historisch belastete Balkon im positiven Sinn ein letztes Mal ‚in Betrieb‘ genommen werden: Am 12. Nov. 2018, dem 100. Jahrestag der Gründung der Republik Österreich, könnte eine aktuelle oder historische Friedensrede als versöhnende Proklamation von diesem belasteten Balkon aus erfolgen“, lautet der Vorschlag.

Hitler auf dem Balkon des Wiener Rathauses, 1938

ÖNB/OEGZ S410/35

Hitler 1938 am Balkon des Wiener Rathauses

Rathaus selbst denkt über Kontextualisierung nach

Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) begrüße die offene Diskussion um das Bauwerk, wie ein Sprecher auf APA-Anfrage betonte. Damit rücke ein vergessenes Detail der Rathausgeschichte wieder ins Bewusstsein. Die Ressortchefin spricht sich dafür aus, künftig direkt am Objekt auf dessen Geschichte hinzuweisen - wie dies auch bei anderen belasteten Relikten oder etwa Straßenschildern geschieht.

Sollte tatsächlich eine Entscheidung über eine Entfernung getroffen werden, dürfe der Balkon nicht einfach spurlos verschwinden, betonte man im Büro der Kulturstadträtin. Auch in diesem Fall müsse erklärt werden, was sich dort befunden habe.

In welcher Form eine mögliche Kontextualisierung umgesetzt werden könnte, ist noch völlig offen. Der Zeitpunkt dafür wäre demnächst jedoch günstig. Denn der Hauptturm inklusive Hitler-Balkon wird im kommenden Jahr ohnehin verhüllt und renoviert.

Das Wiener Rathaus

APA/Schlager

Der halbrunde Balkon in der Mitte des Rathauses

Eva Blimlinger plädierte für den Erhalt

Die Rektorin der Akademie der bildenden Künste und Leiterin der Kommission für Provenienzforschung, Eva Blimlinger, plädierte im „Kurier“ am Mittwoch für den Erhalt - und sprach sich ebenfalls für eine Kontextualisierung aus: „Auch dieser Balkon ist wie so vieles, das im Nationalsozialismus entstanden ist, Bestandteil unserer Geschichte.“

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